04 The Vampire Diaries - Stefan's Diaries - Nebel der Vergangenheit
und vertrieb einige dicke Wolken. Die Tür öffnete sich knarrend und brachte meinen endlos kreisenden Gedanken eine willkommene Abwechslung.
»S tefan?«, fragte Violet schüchtern und trat ein. Sie hatte ihr langes kastanienbraunes Haar zu einem Knoten zurückgebunden und ihre am Abend zuvor noch schmutzig weiße Schürze sah heller aus. Ich vermutete, dass sie sie in dem luxuriösen Badezimmer gewaschen hatte. Ihre blauen Augen funkelten und ihr Haar war, wie ich jetzt im Licht bemerkte, von goldenen Strähnen durchsetzt.
»G uten Morgen, Violet«, erwiderte ich und erhob mich unsicher. Ich versuchte, meinen vor Hunger schmerzenden Magen zu ignorieren.
»K onnten Sie schlafen?«, fragte Violet, während sie sich auf das Sofa setzte und die Beine unter sich zog. Ich durchquerte den Raum und hockte mich auf den hölzernen Schreibtischstuhl ihr gegenüber.
Ich schüttelte den Kopf. »M ich haben eine Menge Dinge beschäftigt«, antwortete ich und dehnte meinen Kiefer. Jeder Teil meines Körpers schmerzte, auch wenn ich nicht genau sagen konnte, ob es an dem Grauen der vergangenen Nacht lag oder an unserer hastigen Flucht durch London.
»M ir ging es genauso«, gestand Violet und seufzte traurig, während sie den Kopf in ihren Händen barg. »M eine Schwester… ich mache mir solche Sorgen um sie«, fügte sie schließlich hinzu.
»W as genau ist denn passiert?«, fragte ich. Noch vor wenigen Stunden hatte ich gehofft, dass Damon nichts mit alledem zu tun hatte. Jetzt klammerte ich mich an die unwirkliche Hoffnung, dass dem doch so war. Ich wusste, dass Damon Vergnügen daran fand, Frauen mit einem Bann zu belegen. Wenn er auch Cora gebannt hatte, nun, dann bestand immerhin die Möglichkeit, dass sie noch lebte. Aber wenn Klaus oder Lucius sie gefunden hatten… ich schauderte.
»A ber das ist es ja. Ich weiß es einfach nicht. Vor zwei Abenden ist sie zur Arbeit in den Pub gegangen und dann einfach spurlos verschwunden. Und dann ist dieser Mord geschehen… und alle sagten…« Violets Lippen zitterten, aber sie sprach weiter. »S ie sagten, dass sie vielleicht nicht nach Hause gekommen sei, weil sie mit jemand anderem mitgegangen wäre. Sie sagten, dass sie mit einem Mann nach Hause gegangen wäre, genauso wie die anderen Mädchen im Pub«, fuhr Violet fort, und eine heftige Röte überzog ihr Gesicht. »A ber Cora ist nicht so eine. Und ich auch nicht. Ich habe versucht, Alfred und einem Polizisten, der da war, zu erklären, dass Cora niemals so einfach mit irgendjemandem mitgegangen wäre, sondern dass sie verschwunden ist. Aber sie haben nichts unternommen.« Den Blick zu Boden gesenkt, knetete sie verstört ihre Finger.
»A ber warum denn nicht?«, fragte ich wütend. Wie konnte man ein unschuldiges junges Mädchen, das Angst um seine Schwester hatte, nur so behandeln?
Violet schüttelte den Kopf. »D er Polizist sagte, er könne nichts tun, bis man eine Leiche fände. Eine erwachsene Frau könne hingehen, wo es ihr gefiel.« Erneut stieß Violet einen bekümmerten Seufzer aus. »A ber ich mache mir solche Sorgen.«
»W enn Cora getötet worden wäre, dann wäre ihre Leiche gewiss schon längst aufgetaucht«, versuchte ich Violet mit jener Schlussfolgerung zu beruhigen, zu der ich letzte Nacht gelangt war.
»O h,sprechenSie es nicht aus!«, rief Violet scharf. »E s tut mir leid«, fügte sie sofort hinzu. »A ber es ist so furchtbar, zu hören, dass Cora… Natürlich haben Sie recht. Wenn sie getötet worden wäre, hätte man… irgendetwas gefunden.« Sie schauderte. »A ndererseits habe ich nichts mehr von ihr gehört. Niemand hat etwas gehört. Und sie wäre nie fortgegangen, ohne mir Bescheid zu geben. Das ist nicht ihre Art.«
»M anchmal tun Menschen überraschende Dinge, verändern sich«, murmelte ich in einem weiteren hilflosen Versuch, Violet zu trösten.
»A ber Cora ist meine Schwester «, beharrte Violet. »W ir sind vor sechs Monaten zusammen hierher gekommen. Wir würden einander niemals verlassen. Wir sind einander alles, was wir auf der Welt haben. Wir sind vom selben Blut.«
»W oher sind Sie denn gekommen?«, fragte ich und versuchte, bei dem Wort Blut nicht zusammenzuzucken.
»A us Irland«, antwortete Violet mit einem verträumten Ausdruck in den Augen. »A us einer winzigen Stadt in der Nähe von Donegal. Alles, was es dort gibt, sind eine Kirche und ein Pub, und wir wussten beide, dass wir nicht dort bleiben konnten. Unsere Eltern haben das genauso gesehen. Unser Vater hat
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