04 Verhaengnisvolles Schweigen
Ist irgendwas Interessantes passiert, als ich weg war?«
Sandra legte die Stirn in Falten und zögerte. »Ich wollte eigentlich nicht gleich damit rausrücken«, sagte sie und lud den kleinen Koffer und die Duty-free-Tüte in den Kofferraum des weißen Cortina, »auf jeden Fall nicht, bevor wir zu Hause sind. Kurz bevor ich heute Morgen losgefahren bin, hat Superintendent Gristhorpe angerufen.«
»Am Sonntagmorgen? Was wollte er?«
»Er will dich sehen, sobald du zurück bist. Ich hab ihm gesagt, dass du wahrscheinlich k. o. sein wirst. Er hat sich entschuldigt und so weiter, aber du sollst trotzdem gleich kommen.«
»Worum geht's?« Banks zündete für sich und Sandra Zigaretten an, während sie von der vierten Etage des Parkhauses über die spiralförmige Rampe hinaus in den sonnenerleuchteten Tag fuhren.
»Schlechte Neuigkeiten«, sagte sie. »In Swainshead hat es schon wieder einen Toten gegeben.«
** Dritter Teil Der Traum vom Himmel
* 12
»Ein Unfall? Meinen Sie nicht, das ist ein bisschen zu einfach?«
Sergeant Hatchley zuckte mit den Achseln, als wollte er andeuten, dass solche Dinge vielleicht nicht passiert wären, wenn sich Banks nicht in der Neuen Welt herumgetrieben hätte. »Der Doc meint, es könnte auch Selbstmord gewesen sein«, sagte er.
Banks fuhr sich mit der Hand durch die kurzen, schwarzen Haare. Es war halb eins. Nur eine Stunde, nachdem er zu Hause angekommen war, befand er sich mit Jetlag und ohne Orientierung in seinem Büro. Bisher hatte er noch nicht einmal die Möglichkeit gehabt, seinen Lieblingsausblick auf den gepflasterten Marktplatz zu genießen. Das Büro war verraucht, auf dem Schreibtisch dampfte ein Becher schwarzer Kaffee. Superintendent Gristhorpe hatte eine Besprechung mit dem stellvertretenden Polizeichef, dessen persönliches Interesse an den Ereignissen zeigte, wie groß in Swainsdale der Einfluss der Colliers war.
»Und wo zum Teufel steckte Richmond?«, wollte Banks wissen. »Sollte er nicht den ganzen Haufen im Auge behalten, während ich weg war?«
»Ja, Sir.«
»Und, wo war er dann?«
»Ich nehme an, er hat bei den Greenocks geschlafen. Er konnte sich für die Nacht kaum selbst bei den Colliers einladen, oder?«
»Darum geht es nicht. Er hätte wissen müssen, dass irgendwas nicht stimmt. Schicken Sie ihn her.«
»Er hat gerade Feierabend gemacht, Sir.«
»Dann holen Sie ihn zurück, verdammt noch mal!«
»Ja, Sir.«
Hatchley marschierte aus dem Büro. Banks seufzte, drückte seine Zigarette aus und stellte sich vors Fenster. Der gepflasterte Marktplatz war noch da, etwas nass vom Regen, aber er war noch da. Vor dem abgewetzten Sockel des historischen Marktkreuzes posierten Touristen für Fotos. Die Kirchentür stand offen, und Banks konnte aus der Entfernung hören, wie die Gemeinde Jerusalem sang.
Da war er also wieder zu Hause. Dabei hatte er gerade noch Zeit gehabt, Brian und Tracy zu begrüßen, bevor er schon wieder ins Präsidium hetzen musste. Nicht einmal ihre Geschenke hatte er ihnen geben können: ein Trikot der Blue Jays für Brian, die Illustrierte Geschichte Kanadas für die angehende Historikerin, seine Tochter Tracy, sowie für Sandra eine Studie über die Gruppe der Sieben mit vielen schönen Reproduktionen. Sie waren noch im Koffer verpackt, der neben der Duty-free-Tüte in der Diele stand.
Toronto war bereits eine Erinnerung, die einem Traum gleichkam - Baseball, das Community College, Kleinburg, die Niagarafälle, der CN Tower und die schwarzen, weißen und goldenen Hochhäuser in Downtown. Doch Gregson, die Leute im Feathers und Anne Ralston/Julie Culver waren kein Traum. Wegen ihnen war er dort gewesen. Und nun war er zurückgekommen und musste hören, dass Stephen Collier nicht mehr lebte.
Es gab keinen Abschiedsbrief, auf jeden Fall war bisher noch keiner gefunden worden. Laut Nicholas Collier, John Fletcher und Sam Greenock, die alle in der Nacht vor seinem Tod mit Stephen im White Rose gewesen waren, war Stephen noch nervöser und unruhiger gewesen, als er es ohnehin von Natur aus sei. Er habe viel mehr getrunken als sonst. Weit nach Kneipenschluss hätten sie ihm nach Hause helfen müssen. Sie hatten Stephen angeblich voll bekleidet in seinem Bett abgeladen und waren dann auf einen Absacker gemeinsam in Nicholas' Haushälfte gegangen. Anschließend seien John und Sam verschwunden, und Nicholas sei zu Bett gegangen.
Als
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