04 Verhaengnisvolles Schweigen
leid«, sagte Banks. »Ich hatte gehofft, nach meiner Rückkehr mit Stephen sprechen zu können.«
Nicholas sah nach draußen zum Springbrunnen und schwieg. Banks meinte, eine abklingende Schwellung am Rande seines Mundes sehen zu können.
»Ich hoffe, Sie werden mich nicht noch mal alles erzählen lassen«, sagte Nicholas schließlich und nahm sich eine Zigarette aus einem Porzellankästchen von dem Couchtisch neben ihm. »Polizisten wollen von den Menschen anscheinend immer, dass sie ihre Geschichten wiederholen.«
»Dafür gibt es einen guten Grund«, sagte Banks. »Manchmal erinnern sich die Menschen an Dinge erst später. Kleinigkeiten, die sie anfänglich für unwichtig hielten.«
»Ganz gleich, ich bezweifele sehr, dass ich Ihnen helfen kann.«
»Ich habe mich gefragt, ob Sie von den Problemen Ihres Bruders wussten?«
»Stephens Probleme? Nein, die kannte ich nicht. Obwohl er mir in den letzten ein oder zwei Wochen ein bisschen nervös vorkam, als plagte er sich in Gedanken mit irgendwas rum.«
»Haben Sie ihn danach gefragt?«
»Nein. Überrascht Sie das? Sollte es eigentlich nicht. Stephen war nicht gerade der mitteilsamste Mensch. Wenn er hätte reden wollen, hätte er es getan, und zwar mit irgendwem, der es ihm gerade angetan hat. Aber wenn man ihn gefragt hat, bekam man nichts aus ihm heraus. Also habe ich ihn nie gefragt.«
»Verstehe. Sie haben also keine Ahnung, was ihn bedrückt hat?«
»Nicht im Geringsten. Das Geschäftliche interessiert mich nicht, deshalb weiß ich von diesen Dingen nichts. Hatte er geschäftliche Probleme? Ärger in der Firma?«
»Nicht, soweit wir wissen, nein. Sein Problem waren wir. Weil wir glauben, dass er vor über fünf Jahren wegen eines Ereignisses in Oxford einen Mann ermordet hat. Außerdem glauben wir, dass er für den Mord an Bernard Allen kürzlich verantwortlich gewesen sein könnte.«
»Stephen? Sie machen wohl Witze, Chief Inspector!«
Banks schüttelte den Kopf. »Wann war Stephen in Oxford?«
»Vor neun Jahren. Aber soweit ich weiß, ist ihm dort nichts Schlimmes passiert.« Er hielt inne, sein Blick wurde hart. »Sie machen Witze, oder?«
»Ich befürchte nein.«
»Tja, was soll ich sagen? Ihre Formulierung scheint darauf hinzudeuten, dass dies reine Spekulation ist, dass Sie keine Beweise haben.«
»Nur die Aussage von Anne Ralston.«
»Diese Frau, mit der Stephen vor all den Jahren zusammen war?«
»Ja. Ich habe sie in Toronto getroffen.«
»Und Sie glauben einer Schlampe, wenn sie sagt, Stephen war ein Mörder?«
»Sie hatte keinen Grund zu lügen. Und ich halte sie nicht für eine Schlampe.«
Nicholas zuckte abweisend mit den Schultern. »Wie Sie meinen. Sie war bestimmt nicht der Typ Frau, den ich als Schwägerin haben wollte. Aber haben Sie mal in Erwägung gezogen, dass sie vielleicht die Schuldige ist? Wie ich mich erinnere, ist sie an dem Morgen verschwunden, nachdem der Mann getötet worden war.«
»Ja, stimmt.«
»Also würde sie davon profitieren, wenn sie die Schuld auf Stephen schiebt.«
»Möglich, ja. Aber vergessen wir den Mord an Bernard Allen nicht. Zu der Zeit war sie gar nicht in Swainshead. Sie war in Toronto.«
»Und?
»Sie konnte Allen nicht ermordet haben.«
»Tut mir leid, aber ich verstehe nicht, was das eine mit dem anderen zu tun hat. Sie geben zu, dass sie den anderen Mann getötet haben könnte, aber nicht Bernard Allen. Was ich nicht verstehe, ist, warum man auch nur daran denken sollte, dass irgendjemand beide getötet hat. Was hatten Allen und dieser Privatschnüffler miteinander zu tun?«
»Nichts, soweit ich das beurteilen kann. Außer, dass beide in Swainshead ermordet wurden.« Banks zündete sich eine Zigarette an. »Das sind mir zu viele Zufälle, Mr Collier. Einer der interessantesten Zufälle ist, dass Bernard Allen in Toronto mit Anne Ralston befreundet war. Damit war er der einzige Mensch aus Swainshead, der sie seit ihrem Verschwinden gesehen hatte. Und dank Sam Greenock wusste das ganze Dorf davon. Außerdem ist es Zufall, dass Stephen in der Zeit mit Anne Ralston zusammen war, als sie Swainshead verließ, und dass sie mir erzählt hat, er hätte ihr gestanden, Addison getötet zu haben. Und jetzt der nächste Zufall, dass Stephen tot ist, als ich zurückkomme.«
»Ich kann Ihrer Logik nicht ganz folgen, Chief Inspector. Sicherlich sind das eine Menge Zufälle. Aber
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