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04 Verhaengnisvolles Schweigen

Titel: 04 Verhaengnisvolles Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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Sonntagvormittag, wenn sie die Zimmer säuberte, beobachtete Katie die Dorfbevölkerung, und jede Woche wusste sie, dass sie mit dabei sein und auch Sam mitschleifen sollte, beispielsweise mit dem Versprechen, dass er hinterher eine Stunde in den Pub konnte, solange sie das Mittagessen zubereitete. Aber er ging ja so oder so in den Pub, und sie bereitete so oder so das Mittagessen zu. Übergangen wurde also nur die Stunde in der Kirche. Und die Tatsache, dass sie es nicht über sich brachte, in die Kirche zu gehen.
      Während ihrer gesamten Kindheit hatte ihre Großmutter Katie dazu gezwungen, mit zum Gottesdienst zu kommen, und die eisige Ergebenheit der Gemeinde hatte sie fast zu Tode erschreckt. Obwohl sie Gott anbeteten, wagten sie kaum laut zu singen, aus Angst, Er könnte denken, sie fänden Gefallen an den Lobgesängen. Die Gebete und die Predigten hatte Katie als Kind nie verstanden, aber sie verstand die leidenschaftliche Drohung in den Stimmen derer, die sprachen; sie verstand die Bedeutung des Speichels, der manchmal über ihre Lippen tropfte, und sie verstand, warum ihre Augen glasig wurden. Als sie älter wurde, stützte sich ihre Angst auf den Anblick, die Geräusche und Gerüche einer Kirche. Die kalte Muffigkeit der verwitterten Steinplatten; die knarzenden Bänke, wenn ein Kind gelangweilt darauf herumrutschte; das unheimliche Echo der Pastorenstimme; das Holzbrett, auf dem die Nummern der Lieder angeschlagen waren; die bemalten Fenster, die Farben wie zerbrochene Seelen zerteilten. Nur dreißig Sekunden in einer Kirche bedeuteten für Katie Panik: Sie bekam keine Luft mehr, sie begann zu zittern, und ihr Blut hörte auf zu fließen.
      Aber sie wusste, dass sie gehen sollte. Schließlich war eine Kirche Gottes Haus auf Erden, und sie würde niemals ihrem Tal der Tränen entkommen, wenn sie sich Ihm nicht vollständig hingab. Stattdessen schaute sie zu, wie der Rest des Dorfes im Sonntagsstaat in die Kirche ging, und lauschte, während sie Staub wischte, aufräumte, fegte und still und leise vor sich hin summte, den Lobgesängen im Radio. Würde Er das gutheißen? Immerhin arbeitete sie, sie tat ihre Pflicht. Es war zwar Sabbat, aber man musste sich trotzdem um die Gäste kümmern. Tief in ihrem Herzen hegte sie ohnehin den Verdacht, dass der Sabbat nur für Männer bestimmt war. Also würde Er ihren Fleiß ganz bestimmt gutheißen. Würde all die Arbeit zu ihren Gunsten auslegen. Aber sie erinnerte sich dunkel, dass es Sünde war, Seine Gunst herauszufordern, zu sagen: »Sieh, was ich getan habe, Herr.« Es war die Sünde des Stolzes. Auf jeden Fall behaupteten das manche. Sie konnte sich nicht erinnern, wer, auch nicht, ob ihre Großmutter gewollt hatte, dass sie denen glaubte. Es lauerten so viele Ketzer, so viele Fallen, die einem Seele und Körper verunreinigten. Doch Worte wie Glaube, Pflicht und Bestimmung kreisten durch ihre Gedanken.
      Jedenfalls, schloss Katie trübsinnig, konnte ihre Arbeit am Sonntag nur die Last der Sünde vergrößern, die sie bereits trug. Sie hob den schwarzen Plastiksack hoch. Sie musste noch drei Zimmer fertig machen und sich dann um das Mittagessen kümmern. Wann, fragte sie sich, wann wird das alles enden?
      Sie ging hinunter, um den Braten in den Ofen zu schieben, und sah sofort den neuen Gast über dem Gästebuch in der Diele stehen. Er hatte sich selbst als Philip Richmond aus Bolton in Lancashire eingetragen und Sam, der sich um die Einzelheiten gekümmert hatte, erzählt, dass er sich einfach ein paar Tage auf dem Land entspannen wollte. Doch Katie erinnerte sich an den Schnurbart und den athletischen, federnden Schritt. Diesen Mann hatte sie zusammen mit Chief Inspector Banks und Sergeant Hatchley an dem Tag gesehen, als sie nach Eastvale geflüchtet war.
      Ihn hier zu sehen, brachte ihr den ganzen Tag wieder ins Bewusstsein. Außer einer geringfügigen Erkältung hatte der Tag eigentlich keine Folgen gehabt. Die Hausarbeit hatte sie trotz allem erledigt. Nicht pünktlich, aber ordentlich. Sam hatte es nie herausgefunden, also war sie einer Strafe entgangen. Auch hatte es keine Seuchenausbrüche, Blitze vom Himmel, Heuschreckenplagen oder andere Horrorszenarien gegeben, mit denen ihre Großmutter für den Fall gedroht hatte, dass sie vom rechten Weg abkommen sollte. Mittlerweile hatte sie das Gefühl, ihren Weg völlig aus den Augen verloren zu haben. Das war alles, was sie über ihre Situation sagen konnte. Die widersprüchlichen Stimmen in

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