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04 Verhaengnisvolles Schweigen

Titel: 04 Verhaengnisvolles Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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es Sam erzählen und ihn warnen? Er würde es weitererzählen, so wie immer, und vielleicht wäre er ihr dankbar. Aber sie konnte sich nicht erinnern, ob Sam jemals dankbar gewesen wäre. In ihrer Erinnerung drängten sich immer andere Dinge in den Vordergrund. Brauchte sie seine Dankbarkeit? Andererseits, wenn Sam etwas Schlimmes getan hatte - und sie hatte keine Ahnung, ob es so war oder nicht -, dann findet es der Polizist, Richmond, wenn das sein wahrer Name war, vielleicht heraus und nimmt ihn mit. Dann wäre sie frei. Ein böser Gedanke, der ihr Herz zum Rasen brachte, aber ...
      Katie hielt inne und schaute durch das hintere Fenster auf die Nebelbänke, die sich wie Atem von den leuchtend grünen Hängen des Swainshead-Berges erhoben. Sie würde ein bisschen über dieses Dilemma, in dem sie sich befand, nachdenken müssen. Eine vorschnelle Entscheidung, das wusste sie, durfte sie nicht treffen.
     
    »Ich fürchte, im Moment ist kaum jemand hier, mit dem Sie sprechen können, Mr ... äh ... ?«
      »Banks. Alan Banks. Ich war ein Freund von Bernard Allen.«
      »Ja, die einzige Person, von der ich mir vorstellen kann, dass sie Ihnen helfen könnte, ist Marylin Rosenberg.« Tom Jordan, Leiter der Kommunikationsabteilung am Toronto Community College, schaute auf seine Uhr. »Sie hat jetzt ein Seminar, aber in gut zwanzig Minuten müsste sie fertig sein. Wollen Sie solange warten?«
      »Auf jeden Fall.«
      Jordan führte ihn aus dem Büro in ein Lehrerzimmer, das gerade groß genug für ein paar Stühle und einen mit Zeitungen und Fachmagazinen übersäten Couchtisch war. An einer Wand stand ein Kühlschrank und auf einem Tisch daneben eine Mikrowelle. Die Kaffeemaschine befand sich auf einem Tisch unterhalb eines Verbindungsfensters zum Büro des Sekretariats. Daneben stand ein Regal mit Fächern für Mitteilungen an die einzelnen Mitarbeiter. Banks schenkte sich einen Kaffee ein, während sich Jordan langsam zurückzog und etwas von Arbeit murmelte, die zu erledigen sei.
      Der Kaffee war stark und bitter und kaum das richtige Getränk für dreiunddreißig Grad Hitze. Ein kaltes Bier oder ein Gin Tonic wäre jetzt das Richtige gewesen. Er dachte an seinen zollfrei erworbenen Scotch. Er könnte ihn ja Gerry Webb als Geschenk dalassen. Im Winter würde er ihn bestimmt gut gebrauchen können.
      Es war Montagmorgen. Am Sonntag hatte Banks ausgeschlafen und war dann die Danforth Avenue entlangspaziert. Er hatte die Anzeichen der Veränderungen gesehen, die Gerry erwähnt hatte, die Yuppiefizierung. Doch er hatte auch ein angenehmes griechisches Restaurant entdeckt, wo er zum Mittag eine herzhafte Moussaka aß. Anders als Gerry mochte Banks griechisches Essen.
      Danach war er weiter bis zum Quinn's gelaufen. Bei einem Pint hatte er die Leute nach Bernie Allen gefragt sowie dem Barpersonal und den Kellnerinnen das Foto von Anne Ralston gezeigt. Ohne Glück. Einen Pub hatte er abgehakt, zwei Dutzend lagen noch vor ihm. Zurück war er durch die Wohngebiete südlich der Danforth Avenue gewandert, wobei ihm aufgefallen war, dass die kleinen Backsteinhäuser mit den grünweißen Vorbauten aus Zäunen und Säulen eine Art Markenzeichen Torontos waren.
      Am Abend war er zu müde gewesen, um noch einmal auszugehen, und hatte ferngesehen. Der nichtprivate Sender zeigte ironischerweise eine alte Geschichtsserie der BBC, die er schon zu Hause beim ersten Mal langweilig gefunden hatte, und - noch schlimmer - eine von Jeremy Bretts Sherlock Holmes-Episoden. Die einzige Alternative waren die gleichen amerikanischen Krimiserien, die auch das britische Fernsehen verseuchten.
      An diesem Montagmorgen war er um neun Uhr aufgewacht. Von Jetlag und Kulturschock immer noch schlapp, hatte er ausführlich geduscht und anschließend Orangensaft und Toast gefrühstückt. Dann war es Zeit gewesen aufzubrechen. Er schob eine Sixties-Kassette mit Cream, Traffic und den Rolling Stones in den Walkman und steckte ihn in die rechte Tasche seiner leichten Baumwolljacke. In die linke packte er Zigaretten und Hardys Tess von D'Urbervilles, das einzige Buch, das er mit auf die Reise genommen hatte.
      Mit der Jacke über der Schulter ging er los und folgte Gerrys Wegbeschreibung. Ein schlingerndes und ratterndes Streetcar brachte ihn an zahllosen Joggern vorbei die Talkante entlang. Die Hochhäuser Downtowns lagen im Dunst der morgendlichen, flimmernden Hitze. In der U-Bahn-Station Broadway den Bahnsteig in Richtung Westen

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