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04 Verhaengnisvolles Schweigen

Titel: 04 Verhaengnisvolles Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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einem riesigen Tisch mit verschiedenen Käsesorten, Pasteten, geräuchertem Lachs und frischem Obst bedienen. Von Stephens Stereoanlage strömte Musik heraus. Jetzt hörte man Mozart, vorher war es Motown Soul und moderne Popmusik gewesen. Außer ein oder zwei älteren Grundbesitzern und Freunden der Familie waren die meisten Gäste zwischen Anfang und Mitte dreißig. Ein paar gescheite Lehrer aus Braughtmore waren da, einige Mitglieder aus Stephens Managementabteilung sowie eine große Auswahl Unternehmer aus der ganzen Gegend, manche mit politischen Ambitionen. Die Partys waren ziemlich regelmäßige Ereignisse, die halfen, den gesellschaftlichen Status der Colliers zu erhalten, und jene, die etwas besaßen, mit denjenigen bekannt machten, die gewillt und in der Lage waren, dafür zu zahlen.
      Katie stand mit einem Glas Weißwein in der Hand allein am Brunnen. Sie hielt es schon so lange, dass der Wein ganz warm war. Gelegentlich machte ihr ein gut gekleideter junger Mann seine Aufwartung und begann eine Unterhaltung, doch nach ein paar Minuten mit ihrem abgewendeten Blick, ihrem Erröten und ihren einsilbigen Antworten entschuldigte er sich und ging davon.
      Wie immer hatte Sam darauf bestanden, dass auch sie sich unter dieses Volk mischte.
      »Ich kaufe dir diese verdammt teuren Kleider schließlich nicht umsonst«, hatte er sie angefahren, als sie ihm im letzten Augenblick sagte, dass sie nicht mitkommen wollte.
      »Ich bitte dich nicht darum, mir diese Kleider zu kaufen«, sagte Katie leise. »Ich möchte sie nicht einmal haben.« Und das stimmte. So herausgeputzt fühlte sie sich unwohl. Stolz und eitel.
      »Du wirst verdammt noch mal tun, was ich dir sage. Ein paar wichtige Leute werden da sein, und ich möchte, dass du einen guten Eindruck machst.«
      »Oh, Sam«, flehte sie ihn an, »du weißt, dass ich das nie schaffe. Ich kann mich auf Partys nicht unterhalten. Ich kriege keinen Ton heraus.«
      »Dann gönne dir zur Abwechslung mal wie jeder andere ein paar Drinks. Das wird dich auflockern. Um Himmels willen, kannst du dein Haar nicht einmal offen tragen?«
      Katie wendete sich ab.
      Sam packte ihren Arm. »Hör zu«, sagte er, »du kommst mit mir, basta. Wenn du dich nicht traust, mit den Leuten zu reden, dann steh halt einfach rum und sieh dekorativ aus. Das wirst du wohl noch schaffen. Aber du kommst mit. Kapiert?«
      Katie nickte, und Sam ließ sie los. Ihren Arm reibend ging sie hoch in ihr Zimmer und suchte ein bedrucktes Baumwollkleid aus, das mit der gerafften Taille und dem tiefen Rückenausschnitt genau richtig für die Gelegenheit war. Wenn sie ihr Haar hochsteckte, sah es besonders gut aus. Sie entschied sich auch noch für einen Wollschal mit Fransen, denn manchmal konnten die Abende selbst im Juli kühl werden. Nachdem Sam ihre Aufmachung gebilligt und etwas mehr Augen-Make-up vorgeschlagen hatte, waren sie losgegangen.
      Sie konnte Sam in seinem weißen Anzug mit ein paar hiesigen Geschäftsleuten reden und lachen sehen. Auch er hielt ein Glas Wein, dabei wusste sie, dass er das Zeug hasste. Er trank es nur, weil man das auf den Partys der Colliers zu tun pflegte.
      Katie schaute sich nach John Fletcher um, konnte ihn aber nirgends sehen. John war immer freundlich. Von ihnen allen konnte sie mit ihm am besten reden oder sogar schweigen. Sie mochte Stephen Collier, doch sie fühlte sich wohler in John Fletchers Gegenwart. Seit seine Frau weggelaufen war, war er ein trauriger und ruheloser Mann geworden. Immerhin hatte sie ihn nicht verlassen, weil er sie schlecht behandelt hatte. Maureen Fletcher, so erinnerte sich Katie, war schön, eingebildet, überheblich und dummdreist gewesen. Das kleine Swainshead war ihr zu provinziell. In Katies Augen sollte John froh sein, dass er sie los war, aber das sagte sie ihm nicht. Sie sprachen nie über persönliche Dinge, doch er schien hinter seiner tiefen Traurigkeit ein guter Mann zu sein.
      Katie fröstelte. Der Sonnenuntergang war verblasst und hatte den Himmel über dem Adamsberg in tiefer, dunkelvioletter Farbe zurückgelassen. Selbst über den klirrenden Gläsern und der Motownmusik, die wieder aufgelegt worden war, weil einige Leute tanzen wollten, konnte sie den unheimlichen, klagenden Schrei einer Waldschnepfe hoch oben vom Berg hören. Sie machte sich auf den Weg in Nicholas' Teil des Hauses, um ihren Schal von dort zu holen, wo Sam ihn abgelegt hatte. Außerdem wollte sie zur Toilette gehen. Auf ihrem

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