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04 Verhaengnisvolles Schweigen

Titel: 04 Verhaengnisvolles Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Robinson
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die Fotos aus seiner Jackentasche. Sie hatten bereits Eselsohren. Er war schon so an die Enttäuschung gewöhnt, dass kaum noch Enthusiasmus in seiner Frage lag: »Ich schätze, Sie hatten keinen Stammgast mit dem Namen Bernard Allen, oder?«
      »Bernie?«, sagte sie. »Der Bernie, der in England ermordet wurde?«
      Banks traute seinen Ohren nicht. »Ja«, sagte er. »Kannten Sie ihn?«
      Der Blick der Bardame wurde ernst, als sie sprach. »Er war Stammgast hier«, sagte sie. »Ich würde nicht sagen, dass ich ihn richtig kannte, aber ich habe ab und zu mit ihm gesprochen. Wie man das so macht beim Kellnern. Er war ein netter Kerl. Hat nie Ärger gemacht. Schrecklich, was passiert ist.«
      »Trank er allein?«
      »Nein. Er gehörte zu einer Gruppe. Bernie, Glen, Barry und Ian. Sie saßen immer in der Ecke da.« Sie zeigte auf einen runden Tisch gegenüber des anderen Thekenendes.
      »War auch mal eine Frau dabei?«
      »Manchmal. Aber ich habe nie mit ihr gesprochen. Warum wollen Sie das alles wissen? Sind Sie ein Bulle oder so was?«
      Banks entschied sich für Ehrlichkeit. »Ja«, sagte er. »Aber ich bin inoffiziell hier. Wir glauben, dass Bernie hier drüben eine alte Freundin getroffen hat, die möglicherweise Informationen für uns hat. Die könnten uns helfen, seinen Mörder zu finden.«
      Die Bardame legte ihre Ellbogen auf die Theke und beugte sich vor.
      Banks zeigte ihr die Fotos. »Ist sie das?«
      Sie sah sich die Fotos genau an und runzelte die Stirn. »Könnte sein. Die Gesichtsform ist gleich, aber sonst ist alles anders. Das müssen alte Fotos sein.«
      »Stimmt«, sagte Banks. »Aber sie könnte es sein?«
      »Ja. Hören Sie, es tut mir leid. Ich kann hier nicht rumstehen und plaudern. Ich weiß wirklich nicht mehr. Jack da drüben hat manchmal mit Bernie gesprochen. Vielleicht kann er Ihnen helfen.«
      Sie zeigte auf einen Mann, der am Rande der Gruppe neben der Tür saß. Er war ein kräftig gebauter Mann mit Schnauzbart und gepflegtem, angegrautem Haar. Banks schätzte ihn auf Mitte bis Ende dreißig. Im Moment schien er über einem Kreuzworträtsel zu brüten.
      »Danke.« Banks nahm sein halb ausgetrunkenes Glas und ging rüber zu dem Tisch. Er stellte sich vor, und Jack forderte ihn auf, sich einen Stuhl zu nehmen. Der Mann aus Lancashire am Nachbartisch zündete sich eine Zigarette an und sagte: »Ich nehme noch einen Gin Tonic, dann gehe ich.«
      »Wir waren nicht wirklich eng befreundet«, sagte Jack, nachdem ihn Banks nach Bernie gefragt hatte, »aber wir hatten ein paar anständige Gespräche.« Er redete mit kanadischem Akzent, was Banks überraschte. Er hatte angenommen, dass außer dem Barpersonal alle Stammgäste Briten waren.
      »Worüber haben Sie gesprochen?«
      »Hauptsächlich über Bücher. Literatur. Bernie war so ungefähr der einzige andere Kerl, den ich kannte, der Proust gelesen hatte.«
      »Proust?«
      Jack sah ihn herausfordernd an. »Der größte Schriftsteller aller Zeiten. Er hat Auf der Suche nach der verlorenen Zeit geschrieben.«
      »Vielleicht versuche ich es mal«, antwortete Banks, ohne zu wissen, auf was er sich da einließ. Er neigte dazu, die meisten seiner selbstgemachten Versprechen, etwas zu lesen oder zu hören, was ihm andere Leute empfahlen, einzuhalten, obwohl die mangelnde Zeit immer dafür sorgte, dass er im Rückstand war.
      »Tun Sie das«, sagte Jack. »Dann habe ich wieder jemanden, mit dem ich darüber sprechen kann. Entschuldigen Sie mich.« Er stand auf und ging zur Toilette.
      Der Mann aus Lancashire rülpste und sagte zur Kellnerin: »Gin Tonic, bitte, Liebes. Ohne Zitrone.«
      Banks musterte die anderen Leute am Tisch: ein kleiner, schlanker Jugendlicher mit Creole und Diamantenknopf im linken Ohr; ein größerer Schmalgesichtiger mit Bürstenschnitt und Brille; ein leise sprechender Mann mit einem Hauch von irischem Akzent. Alle hörten einem Waliser zu, der Witze erzählte.
      Jack setzte sich wieder hin und bestellte ein weiteres Pint Black Label. Die Kellnerin, eine hübsch gebräunte Blondine mit schönem Lächeln, nahm auch Banks' Bestellung für ein weiteres Creemore auf und servierte beide Getränke innerhalb kürzester Zeit. Banks zahlte und gab ihr ein reichliches Trinkgeld, das hatte er bei seinem Kneipenbummel durch Toronto schnell gelernt.
      »Kennen Sie Bernies Freunde?«, fragte er.
      Jack schüttelte den Kopf. »Größtenteils aufgeblasene Briten.

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