04 Verhaengnisvolles Schweigen
Kanadisch und Dialekten aus Yorkshire, London und Schottland. Julie schien nicht einmal mehr zu merken, dass er noch da war. Sie starrte auf die Wand links von ihm. Er drehte sich halb um und sah ein Foto eines bewaldeten Tals. Die Blätter waren rostfarben, gelb und orange.
Er zündete sich eine Zigarette an. Julie trank ihren Cognac aus und bekam wieder etwas Farbe im Gesicht. Die Kellnerin kam vorbei, und sie bestellten noch eine Runde.
Als sie ihre Getränke hatten, schüttelte Julie den Kopf und betrachtete Banks beinahe hasserfüllt. »Na dann, für Bernie«, sagte sie und begann zu erzählen. »Am Abend, bevor ich das Land verließ, war ich mit Stephen verabredet. Wir hatten vor, im Box Tree in Ilkley essen zu gehen. Er holte mich ungefähr eine halbe Stunde zu spät ab und war total aufgeregt. So aufgeregt, dass er auf einem Rastplatz anhielt, nachdem wir erst sechs, sieben Kilometer gefahren waren. Und dann erzählte er es mir. Er sagte, es hätte Ärger gegeben und jemand wäre verletzt worden. Zu dem Zeitpunkt sagte er noch nicht getötet, nur verletzt. Er war in einem furchtbaren Zustand. Dann meinte er, er wäre in eine schlimme Sache geraten und die hätte mit etwas zu tun, was in Oxford passiert war.«
»Als er dort zur Uni ging?«
»Nehme ich an. Er war in Oxford. Wie auch immer, dieser Mann, ein Privatdetektiv, war aus heiterem Himmel aufgetaucht und fest entschlossen, Ärger zu machen. Stephen erzählte mir, Sam Greenock hätte angerufen und ihm gesagt, dass jemand nach einem Mr Collier suchte. Sam hatten die Fragen dieses neuen Gastes misstrauisch gemacht, also hatte er ihm keine Auskünfte gegeben. Als der Mann dann ankündigte, einen kurzen Abendspaziergang den Berg hinauf zu machen, ist Stephen ihm gefolgt, um mit ihm zu reden. Der Mann wollte seine Familie erpressen.«
»Wegen diesem Ereignis in Oxford?«
»Ja. Laut Stephen haben sie heftig gestritten, sind dann aufeinander los, und der Mann wurde verletzt - schwer verletzt. Ich hab Stephen gesagt, er muss den Notarzt rufen. Da ist er ausgerastet und hat mich beschimpft, ich würde ihn nicht verstehen. Und erst jetzt rückte er damit raus, dass der Mann tot war. Aber niemand würde ihn mit dem Mann in Verbindung bringen können, meinte er. Sam würde seinen Mund halten, wenn sie ihn seine gewünschte Rolle als Dorfpatron spielen ließen. Stephen musste es einfach jemandem erzählen, um es sich von der Seele zu reden, und er wusste niemand anderen, mit dem er reden konnte, als mich.«
»Wie haben Sie reagiert?«
Julie zündete sich am Stummel der alten eine neue Zigarette an. »Man muss wissen, was Stephen für ein Mensch ist«, sagte sie. »Einerseits ist er ein freundlicher, rücksichtsvoller, sanfter Mann. Andererseits ist er Geschäftsmann und kann, wenn es für ihn darauf ankommt, gnadenlos sein. Und dann ist er vor allem ein Collier. Kaum etwas ist ihm wichtiger als das Erbe und der gute Ruf seiner Familie. Ich würde nicht sagen, dass ich ihn geliebt habe, aber ich habe eine Menge von ihm gehalten und wollte ihn nicht leiden sehen. Natürlich sind wir an diesem Abend nicht mehr essen gegangen. Stattdessen gingen wir in den nächstbesten Pub und tranken ein paar Gläser zu viel, dann sind wir -« Julie hielt inne. »Der Rest ist uninteressant. Nach dieser Nacht habe ich ihn nie wiedergesehen.«
»Warum sind Sie am nächsten Tag abgehauen? Hat er das von Ihnen verlangt?«
»Nein. Ich glaube, er hat mir vertraut. Er wusste, dass ich zu ihm hielt.«
»Warum gingen Sie dann?«
»Ich hatte meine Gründe. Erstens, und vielleicht gab das den geringsten Ausschlag, hatte ich schon seit einer Weile darüber nachgedacht, alles hinter mir zu lassen. Ich habe keine Familie mehr. Meine Eltern starben vor zehn Jahren, und ich lebte allein in unserem Haus. Ich hatte keine echten Ambitionen und wusste nicht, was ich mit meinem Leben anstellen sollte. Mein Job langweilte mich immer mehr, außerdem war ich realistisch genug, um mich nicht als die zukünftige Mrs Stephen Collier zu sehen. Stephen hätte mir nie einen Heiratsantrag gemacht, und er hatte mir gegenüber angedeutet, dass Nicholas der Meinung war, ich gehöre nicht der richtigen Schicht an. Als hätte ich das nicht selbst gewusst. Dieser Vorfall gab mir einfach nur einen Ruck. Zweitens traute ich mir selbst nicht. Ich dachte, wenn die Polizei auftaucht und erst mal anfängt, mir Fragen zu stellen, merken sie sofort, dass irgendwas faul
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