04 Verhaengnisvolles Schweigen
Mörderin gewesen sein. Bei unserem Informationsstand hätten Sie in einem stillgelegten Minenschacht vergraben sein können. Sie haben niemanden wissen lassen, was mit Ihnen passiert ist.«
»Gut, dann sage ich es Ihnen jetzt. Mit dem Mord hatte ich nichts zu tun.«
»Weshalb wissen Sie überhaupt davon? Sie schienen kein bisschen überrascht zu sein, als ich es erwähnte. Dabei wurde die Leiche erst gefunden, als Sie schon weg waren.«
Julie drückte ihre Zigarette im Aschenbecher aus. »Lassen Sie Ihre Tricks stecken«, sagte sie. »Ich lese die Zeitung. Ich weiß, was passiert ist.«
Die Kellnerin kam mit den Getränken zurück und fragte, ob sie bereits das Essen gewählt hatten. Als Banks um ein paar weitere Minuten Bedenkzeit bat, lächelte sie und ging davon. Julie widmete sich der Speisekarte.
»Was würden Sie empfehlen?«, fragte Banks.
Sie zuckte mit den Achseln. »Das Essen hier ist immer gut. Kommt drauf an, was Sie mögen. Der Nackenbraten mit Yorkshire-Pudding von der Tageskarte ist ausgezeichnet, vorausgesetzt, es macht Ihnen nichts aus, zu sehr an zu Hause erinnert zu werden.«
Banks betrachtete die Ausstattung des Pubs und die Fotos an den Wänden. »Überhaupt nicht«, sagte er lächelnd.
Diesmal kam eine andere Kellnerin, um ihre Bestellung aufzunehmen, eine attraktive, rotblonde Frau, die sehr herzlich wirkte. Banks hoffte, die andere nicht gekränkt zu haben.
»Wo sind Sie damals hingegangen?«, fragte er Julie, sobald sie ihr Essen bestellt hatten.
»Das geht Sie überhaupt nichts an.« Sie nippte an ihrem White Russian.
»Eine Woche nach Ihrem Verschwinden«, machte Banks weiter, »wurde in Swainshead die Leiche eines Londoner Privatdetektivs namens Raymond Addison gefunden. Er war ermordet worden. Wussten Sie etwas darüber?«
»Nein.«
»Wir haben gute Gründe zu der Annahme, dass Sie sehr wohl etwas wussten. Hören Sie zu, wenn Sie die Sache erschweren wollen, Miss Ralston -«
»Culver und Mrs, bitte. Mrs Julie Culver. Und zwar ganz legal. Julie ist mein zweiter Vorname, und Culver ist der Name meines Mannes. Oder Exmannes, besser gesagt.«
»Warum ändern Sie Ihren Namen, wenn Sie nichts zu verbergen haben?«
Sie zuckte mit den Achseln. »Es war ein Neuanfang. Warum nicht auch ein neuer Name?«
»Nicht sehr überzeugend. Aber gut, dann Mrs Culver. Wir kommen gut mit der kanadischen Regierung aus. Zwischen England und Kanada bestehen Auslieferungsvereinbarungen, es gibt eine Politik der gegenseitigen Hilfe. Wenn ich wollte, könnte ich genug Wirbel machen, damit Sie nach England geschickt werden, um meine Fragen zu beantworten. Dies hier ist der einfache Weg.«
Julie zündete sich eine weitere Zigarette an. »Ich glaube Ihnen nicht. Ich bin mittlerweile kanadische Staatsbürgerin. Sie können mir gar nichts.«
»Das spielt keine Rolle«, sagte Banks. »Sie haben etwas mit einem Mordfall in England zu tun. Erwarten Sie lieber nicht, dass Sie Ihre Regierung davor schützt.«
»Aber ich kann beweisen, dass ich nichts damit zu tun hatte. Es war reiner Zufall, dass ich damals weggegangen bin.«
»Wirklich? Was war mit Ihrer Beziehung zu Stephen Collier.«
Julie erblasste. »Was ist damit? Was hat er Ihnen erzählt?«
»Nichts. Was weiß er?«
»Wie soll ich das wissen?«
Banks seufzte. »Vor ein paar Wochen wurde ein Freund von Ihnen, Bernard Allen, in dem Seitental hinter dem Swainshead-Berg ermordet.«
»Ich kenne das Tal«, sagte Julie traurig. »Ich bin mit ihm dort gewesen. Es sah immer nach Herbst aus. Aber warum glauben Sie, sein Tod hätte irgendwas mit mir zu tun? Ich war nicht mal in England. Ich war hier. Es könnte ein Dieb oder ein Irrer gewesen sein ... oder ein ... ein ...«
Etwas in ihrer Stimme sagte Banks, dass sie nun angebissen hatte und ihre Feindseligkeit ablegte. »Erstens«, sagte er, »wissen wir, dass Sie ihn gebeten haben, niemandem zu erzählen, dass er Sie hier getroffen hat, was allein schon verdächtig ist. Und zweitens hat er es jemandem erzählt, einer Frau namens Katie Greenock. Sie scheint ihr Herz am rechten Fleck zu haben, aber sie erzählte es ihrem Mann Sam, und der hat es schnell der gesamten White-Rose-Clique berichtet. Drittens hatte Bernard davon gesprochen, zurück nach England zu gehen, aber es gibt keinen Hinweis darauf, dass er einen Job in Aussicht hatte. Dann wurde Bernard ermordet, bevor er die Gegend verlassen
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