04 - Wohin die Zeit uns treibt
könnten."
„Vielleicht, wenn du ..."
„Ich arbeite allein."
„Ich wollte nur sagen, wenn ..."
„Warum gehst du nicht hinunter in die Küche und kochst Kaffee, Sweetheart?"
Uber den Ton zog sie die Augen zusammen, und die Wut zitterte ihr auf der Zungenspitze. „Nein." Sie wirbelte herum und betrachtete die geschlossene Täfelung. „Ich weiß nicht, wie ich rauskomme."
„Der Knopf ist links. Einfach nur drücken."
Sie öffnete wieder den Mund. Da ihr aber bewusst war, was möglicherweise herauskommen könnte, hielt sie ihn lieber. Typischer Dickschädel, egozentrisch männlich, entschied Gillian, als sie die Treppe hinuntermarschierte. Hatte sie nicht mit einem fast ihr ganzes Leben zusammengelebt, hatte sie nicht versucht, ihn zufriedenzustellen? Warum hatte das Schicksal sie in dieser Angelegenheit auf Leben und Tod wieder an einen Mann gekettet, der sich nichts aus ihrer Meinung machte?
Kaffee kochen, dachte Gillian, als sie die Küche gefunden hatte. Und wenn er sie noch einmal Sweetheart nannte, gab sie ihm, was Männer von seinem Schlag verdienten. Die Handfläche einer Frau mitten ins Gesicht.
Sie kochte Kaffee, zu erbost, um sich unbehaglich dabei zu fühlen, im Schrank eines Toten herumzustöbern.
Er hatte kein Recht, sie einfach so abzuschieben.
Er hatte auch kein Recht, sie so zu küssen, wie er es getan hatte. Als wäre sie verschlungen worden, als wäre sie berauscht gewesen. Und doch war ihr Kopf klar gewesen, ihre Sinne scharf.
Wie es sich auch angefühlt hatte, wie es auch geendet hatte, nie würde sie wieder ganz dieselbe sein. Das konnte sie hier zugeben, allein, sich selbst gegenüber. Sie war eine zu praktische Frau, um sich zu betrügen. Ihre Gefühle waren vielleicht tiefer berührt, vielleicht empfänglicher, als sie es vorgezogen hätte, aber es waren ihre Gefühle, und sie würde sie nie verleugnen. Sie hatte den Kuss genossen. Und sie würde sich noch lange daran erinnern. Aber sie war auch
eine Expertin in Sachen Selbstbeherrschung.
Erfreulich oder nicht, sie würde es nicht noch einmal geschehen lassen.
Terence arbeitete immer noch, als sie zurückkam.
Ohne Feierlichkeit knallte sie den Kaffeebecher neben ihn. Er nahm es mit einem Brummen zur Kenntnis. Gillian drehte im Raum eine Runde, befahl sich, den Mund zu halten. Doch dann schob sie gereizt die Hände in die Taschen.
„Zugriff Nummer 38537/BAKER. Tabularischer Einstiegscode fünf. Serie ARSS28." Gillian platzte mit der Reihe fast wie mit einer Obszönität hervor.
„Und wenn du nicht zu dickköpfig bist, es zu versuchen, könnte es klappen. Wenn nicht, vertausche die Sequenzen."
Terence hob seinen Kaffee, froh darüber, dass sie ihn schwarz gelassen, überrascht, dass sie ihn so gut gemacht hatte. „Und wieso glaubst du, den Einstiegscode eines der kompliziertesten Computer-systeme der Welt zu kennen?"
„Weil ich dich in der letzten Stunde beobachtet habe, und als Hobby hacke ich etwas."
„Du hackst etwas." Er trank wieder. „Einbrechen in die Konten einer guten Schweizer Bank?"
Langsam durchquerte sie den Raum, fast, wie Terence nicht ohne Bewunderung dachte, wie ein cooler und zu allem bereiter Revolverheld sich der entscheidenden Auseinandersetzung näherte.
„Erinnerst du dich zufällig, dass es um meine Familie geht? Füge die Tatsache hinzu, dass ich dich bezahle. Und das wenigste, was du tun kannst, ist, meinen Vorschlag auszuprobieren."
Er gab die von ihr genannte Sequenz ein.
Kein Zugriff.
Mit nur der Andeutung eines selbstgefälligen Grinsens machte er eine Handbewegung zum Monitor.
„In Ordnung, dann stell die Zahlen um."
Ungeduldig griff sie an ihm vorbei und drückte die Tasten selbst. Das Einzige, was Terence für einen Moment bemerkte, war, dass sein Shampoo bei ihr ganz anders roch.
LADE DATEI.
„Da wären wir also." Zufrieden mit sich selbst, beugte sich Gillian näher. „Es ist ganz ähnlich, wie für Blackjack ein System auszuarbeiten. Ein Professor und ich haben im letzten Semester damit herumgespielt."
Wohin die Zeit uns treibt
„Erinnere mich, dass ich dich mitnehme, wenn ich nächstes Mal nach Monte Carlo fahre."
Sie waren einen Schritt weitergekommen.
Lächelnd sah sie ihn an. „Was nun?"
Es war keine Spur von Bernsteinfarben oder Grau in ihren Augen. Sie waren rein grün und glänzend.
Je länger sie sich ansahen, desto mehr veränderte sich ihr Ausdruck, füllte sich mit Bewusstsein, Erinnerung. „Sprichst du vom Computer?"
Sie schluckte.
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