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040 - Die Tochter der Hexe

040 - Die Tochter der Hexe

Titel: 040 - Die Tochter der Hexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hugh Walker
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Akt von Zauberei, wenn man gewillt war, an Zauberei zu glauben.
    Ich war jedenfalls bereit dazu, nach allem, was ich erlebt hatte. Aber ich wäre nicht bereit gewesen, das jemandem einzugestehen. So zaghaft ist der Glaube manchmal. Aber es gibt keinen größeren Zauberer.
    Geister entstehen dort, wo die Menschen an sie glauben! Konnten sie zum tödlichen Werkzeug werden, wenn diese Menschen haßten?
    Ich fragte mich, ob Fesch mit seiner Nüchternheit etwas herausfinden würde. Gab es noch eine realistische Lösung? Oder mußte auch er schließlich auf das Übernatürliche stoßen, ob er nun daran glaubte oder nicht.
    Ich brach meine Überlegungen ab und las weiter.
    Diese Elvira Tamil schien so etwas wie eine Oberpriesterin zu sein, der das ganze Dorf gehorchte. Bei ihr fanden die nächtlichen Zusammenkünfte statt, und es wäre interessant gewesen, zu erfahren, was dort geschah. Beteten sie dort? Und zu wem – etwa zum Teufel? Oder zu einem anderen alten heidnischen Gott?
    Frau Kurtz hatte keinen Zutritt zu diesen Versammlungen mehr. Sie erwähnte mehrmals, daß nun ein Fluch auf ihr laste, schrieb aber nie, welcher Art dieser Fluch war. Sie und Wilma mußten während dieses Sommers sehr gelitten haben. Einerseits wagte sie sich nicht fort, denn den Gesetzen nach war der Tod die einzige Entlassung, die, einzige Absonderung aus der Gemeinde, andererseits wurden sie von der Gemeinschaft vollkommen gemieden. Gisela war noch zu jung gewesen, um es voll zu erfassen. Aber sie waren sehr einsam.
    Dann im Herbst schickte sie Wilma und Gisela nach Rosenheim zur Schule. Das beruhigte sie ein wenig. Die Kinder hatten nun Kontakt mit der Außenwelt. Sie würden Bernheim mit anderen Augen sehen. Was immer auch mit ihnen geschah, selbst wenn sie später gezwungen werden sollten, dem alten Kult beizutreten, sie würden im Besitz eines kritischen Bewußtseins sein, das Gut und Schlecht unterscheiden konnte.
    Daß noch immer nichts geschah, ermutigte sie und erfüllte sie mit trügerischen Hoffnungen.
    Jahre vergingen voller Hoffnungen, Vorwürfe, Bitterkeit, Unsicherheit.
    Dann kam jener Augenblick, da sie das zweite Sakrileg begehen mußte, wollte sie nicht das erste umsonst begangen haben und all die Jahre umsonst gelitten haben. Sie mußte ein zweites Gesetz brechen.
    Wilma hatte in Rosenheim einen Freund gefunden und wollte heiraten. Aber die alten Gesetze erlaubten keine Heirat außerhalb der Gemeinschaft. Neues Blut, selbst wenn es gläubig war, bedeutete es eine Verwässerung der alten Kraft.
    Frau Kurtz ahnte wohl, was es bedeutete, erneut das Gesetz zu brechen. Aber ihre Kinder wären nie frei, immer einsam gewesen. Es gab nur zwei Möglichkeiten: entweder das Risiko auf sich zu nehmen und dafür wirklich frei zu sein, im Tod oder im Leben, oder zurückzukehren, wenn sie es noch gestatteten. Sie wußte nur eines – daß diese Isoliertheit nicht länger zu ertragen war.
    Und diesmal reagierte die Gemeinschaft – rasch und tödlich! Sie duldete nicht, daß jemand ihr entrann.
    Frau Kurtz schrieb am 17. August 1967 in ihr Buch:
     
    Wilma kam heute zum letztenmal vor der Hochzeit zu Besuch. Ich hatte es ihr verboten, aber sie ließ es sich nicht nehmen. Sie ist so ahnungslos. Und sie wissen es, daß Wilma heiraten wird. Die Tamil hat ihre Schnüffler überall. Ich fühle, daß sie etwas tun werden. Aber ich bin allein zu schwach, mich zu wehren. Ich bin aus der Übung und habe keinen Zugang zu den alten Büchern. Dietmanris, Beschwörende Worte, wenn ich hätte, könnte ich es wenigstens versuchen.
    Wilma hat berichtet, daß eine Frau sie kurz vor dem Ort aufhielt und bat, sie mitzunehmen. Sie hat die Frau beschrieben. Es muß Magda Peller gewesen sein, eine Oberpriesterin seit einem Jahr. Es sieht aus wie eine versöhnliche Geste, aber es bedeutet nur eines: sie hat Wilma etwas genommen! Wilma bestreitet es, aber ich weiß es. Sie sind sehr geschickt, wenn es darum geht. Das Opfer merkt nichts.
    Wilma ist das Opfer!
    Was kann ich nur tun?
     
    Und einen Tag später:
     
    Wilma ist tot. Sie haben sie ins Moor gelockt!
    Vielleicht sollte ich auch gehen. Dann hätte alle Pein ein Ende. Aber da ist Gisela. Sie braucht mich mehr denn je. Ich muß versuchen, sie zu schützen, damit sie nicht ein ähnliches Schicksal erleidet.
    Soll ich sie aufklären? Soll ich ihr sagen, welche Gefahren lauern? Würde sie mir glauben – frei und nüchtern wie sie ist? Eines hält mich aufrecht: Vielleicht kann ich eines Tages Rache nehmen! Nur

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