040 - Paris, Stadt der Sünde
Tod wünschen.“
Francis straffte die Schultern. Sein Arm war dick verbunden, und die Schmerzen waren trotz der Betäubung ausgesprochen lästig. Er wollte nach Hause und sich mit Cognac betäuben, bis er nichts mehr spürte. „Mag sein. Aber von denen ist keiner ein Meisterschütze.“
„Wer immer es war, er hat sein Ziel verfehlt“, betonte Etienne.
„Allerdings nur knapp, wenn man bedenkt, dass er in einer belebten Großstadtstraße durch die Seitenwand einer Kutsche auf mich zielte. Vermutlich sollten wir nach einem talentierten Schützen suchen. Vielleicht einer, der vor Kurzem aus der Armee entlassen wurde.“
„Solltest du seiner habhaft werden, kannst du ihm ja zu seiner Treffsicherheit gratulieren.“
Rohan bezähmte seinen aufsteigenden Ärger. „Wo ist mein Hemd? Und wo ist Reading?“
„Er erledigt Besorgungen für dich. Bevor das Laudanum Wirkung zeigte, hast du ihm eine lange Liste in Auftrag gegeben. Ein Diener sollte dir frische Kleider bringen. Ich musste Rock und Hemd aufschneiden, um die Wunde untersuchen zu können. Aber die Sachen waren sowieso blutgetränkt und nicht mehr zu retten.“
„ Tant pis . Ich brauche ohnehin neue Garderobe“, sagte Rohan absichtlich wegwerfend, nur um zu sehen, wie Etiennes mürrische Miene sich noch mehr verfinsterte.
„Und wer ist dein nächstes Opfer, das du ins Verderben führen willst?“
Francis lächelte sinnend. „Jeder, der sich in meine Nähe wagt, Etienne. Denkst du an jemand Bestimmtes?“
Etienne schnalzte missbilligend mit der Zunge. „Du hast Reading angewiesen, Brennholz und Lebensmittel an eine Adresse in der Rue du Pélican liefern zu lassen.
Ist dir eigentlich nicht klar, dass jede Frau in diesem Viertel die Röcke für ein paar Sous hebt?“
„Zugegeben, eine anrüchige Gegend, aber dort wohnen zufällig zwei ausgesprochen tugendhafte junge Damen zusammen mit ihrer kranken Mutter . Ich möchte, dass du den Damen einen Arztbesuch abstattest, um festzustellen, ob du etwas für die bedauernswerte Frau tun kannst“, sagte er mit treuherziger Miene.
„Wohltätigkeit passt schlecht zu dir.“
Rohan lachte. „Du meine Güte, unterstelle mir bloß keine redlichen Motive. Ich habe ausschließlich schmutzige Gedanken hinsichtlich einer der jungen Damen. Und mir ist daran gelegen, dass du für ein rasches und schmerzloses Ableben der Mutter sorgst und die ältere der beiden Schwestern heiratest. Sie wird dir eine vorbildliche Ehefrau sein – mit einem ausgeprägten Sinn fürs Praktische. Die Dame wird dir den Haushalt führen, in der Arztpraxis zur Hand gehen und dir einen Stall gesunder Kinder schenken.“
Nach einem ausgedehnten Schweigen äußerte Etienne sich endlich. „Du hast die Gabe, Francis, mich immer wieder in Erstaunen zu versetzen.“ Dann straffte er die Schultern. „Nur zu deiner Information: Ich weigere mich entschieden, eine alte Frau für dich um die Ecke zu bringen, und ich heirate nicht irgendeine Person, die ich nicht einmal kenne, nur damit du ihre Schwester verführen kannst.“
„Genau genommen ist die Mutter gar nicht so alt. Aber sie stirbt ohnehin an Syphilis, hat den Verstand verloren und ist nicht mehr zurechnungsfähig.“ Rohan betastete seinen Arm und verzog schmerzlich das Gesicht. „Sie hat nur noch ein paar Monate zu leben. Im Übrigen handelt es sich um deine zukünftige Braut, die ich verführen werde.“
Etienne starrte ihn überrascht an. „Allmählich frage ich mich, Francis, ob du es nicht bist, der den Verstand verloren hast.“
„Damit magst du recht haben ... in gewisser Weise. Wenn ich dich richtig verstehe, weigerst du dich, mir diesen Gefallen zu tun, hab ich recht?“
„Richtig.“
„Ich wäre dir sehr verbunden, wenn du dir die Sache noch einmal durch den Kopf gehen lässt“, fuhr Rohan ungerührt fort. „Wie du weißt, pflege ich mich in materieller Form erkenntlich zu zeigen.“ In den Augen seines Cousins flackerte ein kleiner, habgieriger Funke auf. „Jedenfalls braucht die Mutter dringend ärztlichen Beistand.
Ich könnte ihr auch einen anderen Arzt schicken, aber ich dachte, diese Chance sollte ich meinem lieben Cousin und künftigem Erben zuteilwerden lassen.“
Etienne richtete sich zu seiner vollen Größe auf, dann nickte er. „Einverstanden. Ich sehe nach der bedauernswerten Frau, weil ich einen Eid geschworen habe, kranken Menschen zu helfen. Allerdings befürchte ich zu meinem Leidwesen, nie in den Genuss des Titels zu gelangen, da du aus Bosheit
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