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040 - Paris, Stadt der Sünde

Titel: 040 - Paris, Stadt der Sünde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Stuart
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war, um seinen Lohn einzufordern.
    Stattdessen betrat ein stämmiger junger Mann das Haus und duckte sich unter dem niedrigen Türsturz. Er war sorgfältig gekleidet und trug eine Arzttasche in der Hand.
    „Miss Elinor Harriman?“, fragte er in akzentfreiem Französisch. „Mein Name ist Etienne de Giverney. Mein Cousin, der Comte de Giverney, schickt mich, um Ihnen ärztlichen Beistand zu leisten.“
    Sie starrte ihn verblüfft an, und dann kehrte die Erinnerung zurück an Rohans absurden Vorschlag, diesen jungen Mann zu heiraten. Wenn sie den mürrischen Blick des Besuchers richtig deutete, würde er freilich nichts davon wissen wollen.
    Fast war sie versucht, ihn seiner Wege zu schicken, doch war der Besuch eines Arztes zu wertvoll, um ihn auszuschlagen. „Sehr gütig von Ihnen, Monsieur. Meine Mutter ist sehr krank. Wenn Sie nach ihr sehen und uns sagen, was wir für sie tun können, wären wir Ihnen sehr verbunden. Das ist aber auch alles, worum wir Sie bitten.“
    Er bemühte sich nicht, seine Erleichterung zu verbergen. Bei seinem Eintreten hatte er wie ein zum Tode Verurteilter auf dem Weg zum Schafott ausgesehen, und Elinor wusste nicht recht, ob sie amüsiert oder gekränkt sein sollte. Wie auch immer – sie würde diesen Mann gewiss nicht heiraten, um Lord Rohan einen Gefallen zu tun. In diesem Punkt irrte der Comte gewaltig.
    „Ich werde tun, was in meiner Macht steht“, erklärte er förmlich. „Ich bin meinem Cousin in vielerlei Hinsicht zu Dank verpflichtet – er finanzierte mein Medizinstudium und schickt mir zahlungskräftige Patienten.“
    „Seine Lordschaft ist ein wohltätiger Mann“, behauptete Elinor.
    Der Arzt gab einen verächtlichen Laut von sich. „Mag sein, ob er allerdings tatsächlich eine Lordschaft ist, sei dahingestellt.“
    Elinor reagierte genau, wie er es erwartet hatte. „Wie das, Monsieur de Giverney?“
    „Ein Verwandter in England führt den Titel des Viscounts, und mir stünde nach französischem Recht der Titel des Comte de Giverney zu und nicht einem Verwandten der englischen Linie. Es handelt sich lediglich um einen Irrtum. Wäre er ein Mann von Ehre, hätte er den Anspruch auf den Titel zurückgewiesen.“
    Was für ein pedantischer verdrießlicher junger Mensch, dachte Elinor, die seinen tiefen Groll deutlich spürte. „Nun ja, ich kann mir denken, dass Lord Rohan nicht gerade für seine Ehrenhaftigkeit bekannt ist.“
    Diesmal drückte er seine Verachtung in einem wütenden Schnauben aus. „Ich kann Ihnen sagen, Madame, das alles ist für mich sehr schwer zu ertragen. Äußerst schwer. Dass ich, der rechtmäßige Comte de Giverney, gezwungen bin, mir meinen Lebensunterhalt mit schnöder Arbeit zu verdienen, während er in Saus und Braus im Schloss und im Stadthaus Giverney lebt und das Geld mit vollen Händen aus dem Fenster wirft.“
    Sie gab an passender Stelle Mitleidsbekundungen von sich, während sie im Stillen Gott für ihre Harriman-Nase dankte. Selbst wenn sie eine Ehe in Betracht zöge, würde sie lieber mutterseelenallein leben als an der Seite dieses aufgeblasenen Mannes.
    Sie führte ihn ins Schlafzimmer, wo Lady Caroline still und abgezehrt in ihren Kissen lag. „Syphilis, auch Spanische Krankheit genannt“, diagnostizierte er mit einem flüchtigen Blick. „Die Krankheit ist bereits weit fortgeschritten. Viel kann ich nicht mehr für sie tun, allenfalls ihre Schmerzen etwas lindern.“ Er beugte sich über seine Patientin und zog ihre Lider hoch. Ihre Augäpfel waren glasig, aber sie schaffte es, einen obszönen Fluch auszustoßen.
    Elinor spürte, wie ihr die Hitze in die Wangen schoss. „Verzeihen Sie ...“, murmelte sie.
    „Das hat nichts zu bedeuten. Im fortgeschrittenen Stadium der Geistesverwirrung bleibt kaum noch etwas vom ursprünglichen Persönlichkeitsbild übrig. Ihre Mutter war vermutlich eine liebenswerte heitere Frau, bevor die Krankheit ausbrach. Ich nehme an, ihr Vater hat sie infiziert. Lebt er noch?“ Nachdem Elinor sich als aufmerksame Zuhörerin erwiesen hatte, behandelte er sie etwas weniger hochnäsig.
    „Leider nein. Er verstarb vor wenigen Monaten, ohne uns einen Heller zu hinterlassen. Ohne die gütigen Zuwendungen Ihres Cousins wären wir völlig mittellos.“
    Seine momentane Sympathie schwand. „Ich verabreiche Ihrer Mutter Laudanum.
    Achten Sie bitte sorgfältig auf die Dosierung. Wenn die Schmerzen und Anfälle sich verschlimmern, erhöhen Sie die Dosis um einige Tropfen. Ich sehe in zwei Wochen noch

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