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0400 - Jenseits-Melodie

0400 - Jenseits-Melodie

Titel: 0400 - Jenseits-Melodie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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wollte mitgehen. Ich winkte ab. »Du kannst eingreifen, wenn es gefährlich wird.«
    »Rechnen Sie damit?« fragte Baric.
    »Bestimmt.«
    Um die zweite Hälfte des Raumes hinter der Scheibe zu erreichen, mußten wir den ersten Teil verlassen, über den Flur gehen und eine weitere Tür öffnen.
    Franz Rille stellte sich an wie ein störrischer Esel. Ich mußte ihn schieben, damit er die Schwelle überschritt. Er schaute sich so ängstlich um, als würde er dieses Studio zum erstenmal in seinem Leben betreten.
    »Sie behalten Ihren Kopf«, sagte ich sarkastisch und schloß hinter mir die Tür.
    Rille hob die Schultern. Eine Antwort gab er nicht.
    Das in der Mitte stehende Piano sah völlig normal aus. Auf den jungen Produzenten mußte es einen horrorhaften Eindruck machen, denn er betrachtete es mit einem Ausdruck in den Augen, als wollte er jeden Moment davor weglaufen.
    Der Stoß mit der Schädelplatte hatte mich zwar nicht voll erwischt, ich hatte trotzdem ein wenig Mühe mit der Atmung und ein gewisses Gefühl der Übelkeit.
    Ich warf einen Blick zurück.
    Suko und der Kommissar standen am Mischpult und schauten uns zu. Ich winkte ihnen, Suko hob die Hand zum Zeichen, daß er verstanden hatte, und Baric nickte nur.
    Wir gingen auf den Flügel zu.
    Rille sehr zögernd. Er wollte immer zwei Schritte vor und wieder drei zurück.
    »Reißen Sie sich mal zusammen!« fuhr ich ihn an. »Sie sind doch kein kleines Kind mehr.«
    »Verdammt, ich…«
    »Sie brauchen nicht zu spielen.« Ich entdeckte einen zweiten Drehhocker zwischen einigen Standmikros. »Nehmen Sie sich den und kommen Sie zu mir.«
    Er nickte. Mit zitternden Knien ging er los, während ich vor dem Flügel schon einmal Platz nahm. Für mich war es ein ungewohnter Fleck, auf dem ich saß. Mit einem Klavier oder einem Flügel konnte ich nichts anfangen. »Mutig« suchte ich mir eine Taste aus und schlug sie an.
    Sofort wehte ein sanfter Klang durch das Studio, der den Produzenten erschreckte.
    »Kommen Sie, Herr Rille.«
    »Ja, ja.« Er stolperte näher.
    Ich hatte inzwischen mein Kreuz über die Kleidung gehängt. Es war irgendwie auf Aibon fixiert, denn sobald es mit dieser Magie in Berührung kam, glühte es grünlich auf, wie wir schon in der Leichenhalle erlebt hatten.
    Franz Rille schob seinen Hocker neben den meinen und blieb zitternd sitzen.
    »Brauchen wir Noten?« fragte ich ihn.
    Er schüttelte den Kopf.
    Ich nickte ihm aufmunternd zu. »Dann mal los.«
    Noch tat er nichts. So locker, wie ich mich gab, war ich innerlich nicht. Auch in mir steckte eine beklemmende Spannung, die sich von Sekunde zu Sekunde ausdehnte, denn ich ahnte, daß etwas passieren würde.
    Mein Nebenmann knetete die Hände. Er war aufgeregt und leckte sich dauernd die Lippen. Er schaute mich von der Seite her an, darauf hoffend, daß ich noch nachgeben würde, aber ich dachte nicht daran.
    »Kommen Sie!« lockte ich ihn und hielt ihm meine Hände so hin, daß die Finger gekrümmt nach unten zeigten. »Führen Sie mich über die Klaviatur. Gemeinsam schaffen wir es.«
    »Und dann wird er kommen.«
    »Abwarten, Junge.«
    Er schüttelte den Kopf, schluckte, ich ließ nicht locker, und so nahm er dann meine rechte Hand, um sie noch tiefer zu drücken. Ich streckte den Zeigefinger aus und berührte die erste Taste, zu der mich mein Lehrmeister hinführte.
    Die zweite, die dritte…
    Es war nicht einfach, aber ich spielte, wenn auch abgehackt, die besagte Melodie. Und er hatte endlich verstanden, daß einiges auf dem Spiel stand und ich auf keinen Fall nachgeben würde.
    »Klappt doch«, sagte ich lässig.
    Rille gab keine Antwort. Er atmete so schwer, daß dieses Geräusch manchmal das Klavierspiel übertönte. Allmählich kamen wir weiter. Ich »spielte« mich auch langsam ein.
    Ich wollte natürlich mit dieser Melodie andere, im Unsichtbaren lauernde Kräfte hervorlocken und hoffte, daß mir dies auch bald gelingen würde.
    Und noch jemand meldete sich. Es war Suko, der über Lautsprecher Verbindung aufgenommen hatte. »Es tut sich noch nichts, John. Du kannst weiterspielen und wirst bald ein zweiter Clyderman.«
    Ich gab keine Antwort, konzentrierte mich auf meinen Nebenmann, der meine rechte Hand wieder führte und mir genau andeutete, auf welch eine Taste ich meinen Zeigefinger zu drücken hatte.
    Urplötzlich war es soweit.
    Ich sah nichts, aber mein Kreuz spürte das Andere, das unsichtbar irgendwo lauerte. Das Kreuz nahm eine matte grüne Farbe an, die auch sofort von mir

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