0402 - Der Feuerkult
sahen wir nicht.
»War das eine Ente?« fragte Bill brummig.
»Ich weiß nicht. Wäre Kamikaze sonst aufgetaucht?«
»Stimmt auch wieder.«
»Noch mal von vorn.«
Diesmal rissen wir einige Pakete auf, die so aussahen, als könnten sie die Spiele enthalten. Wir fanden nur Taschenrechner. Aber dann hatten wir Glück. Ungefähr in der Mitte des Raumes und dem Regal gegenüber entdeckten wir mehrere aufeinander gestapelte Pakete.
Mit dem Taschenmesser schnitt Bill die Schutzfolie auf. Darunter befand sich noch eine Lage braunes Packpapier. Als wir das zur Seite geräumt hatten, konnten wir die Spiele sehen.
Das große A auf dem Deckel stach uns ins Auge. Über Bills Gesicht glitt ein Lächeln. »Wer sagts denn? Glück muss der Mensch haben.« Er drehte sich halb herum, um mich ansehen zu können.
»Das sind doch die Spiele – oder?«
»Klar.«
Bill zog den ersten Kasten hervor. Er nahm den Deckel ab, während ich nach meinem Kreuz tastete.
Der Inhalt des Spiels sah so aus, wie wir ihn von der Schule her kannten. Nur eines fehlte.
Der Chip!
Auch Bill hatte das erkannt und deutete auf die freie Stelle. »Da hätte er liegen müssen.«
»Ja. Fragt sich nur, weshalb er nicht vorhanden ist.«
»Keine Ahnung.«
»Vielleicht hätte uns Kamikaze eine Antwort geben können.«
Der Reporter runzelte die Stirn. »Meinst du, dass er hier war, um die Chips zu bringen?«
»Daran denke ich.«
»Kann sein. Dann hätten wir ihn bei der Arbeit gestört. Das heißt, er hat noch gar nicht angefangen.« Bill führte seinen Monolog weiter. »Ob wir hier auf ihn warten?«
»Wäre nicht schlecht.«
»Und wie lange?«
Da war ich überfragt. Ich wollte einfach nicht glauben, dass ein Typ wie Kamikaze aufgab. Wenn der von seinem Boss Akim Samaran einen Befehl erhielt, führte er ihn auch aus. Ich dachte daran, dass der Chip in dem Spiel der Schule mit dem kristallinen Blut des Sternenvampirs Acron gefüllt gewesen war. Akim Samaran hatte es als Testobjekt benutzt. Er war informiert über die Existenz des Sternenvampirs, der vor langer Zeit der Erde einen Besuch abgestattet hatte. Auch Hesekiel, der Prophet, dem ich mein Kreuz verdankte, musste von ihm gewusst haben, ohne jedoch über ihn etwas hinterlassen zu haben.
Während ich mich den Spekulationen hingab, packte Bill weitere Spiele aus. Er holte vier davon hervor, öffnete die Deckel, und keines war mit diesem gefährlichen Chip gefüllt.
Uns fiel ein Stein vom Herzen. Allmählich kristallisierte sich hervor, dass das Spiel in der Schule wohl der Prototyp gewesen sein musste. Eine andere Lösung gab es nicht.
»Das wars dann wohl,« sagte Bill Conolly. »Soll ich noch mehr Kästen öffnen?«
»Das kannst du dir sparen.«
»Meine ich auch.«
Noch immer mussten wir uns auf die kleine Lampe verlassen. Wir hörten unsere eigenen Schritte, aber auch das leise Zischen.
Sofort blieben wir stehen.
Ich löschte die Lampe und ging ein Stück zur Seite. Hinter mir spürte ich einen hohen Karton im Rücken. Das Geräusch wiederholte sich nicht, dafür vernahmen wir ein anderes.
Es war ein leises Summen oder Rollen. Gleichzeitig ein abgehackt klingendes Brummen.
Unheimlich klangen die Laute. Wenn man in der Dunkelheit steht, können sich Geräusche ganz anders anhören als bei Tag.
Und das Geräusch verstärkte sich.
Auch Bill hatte es vernommen, trat zu mir und wisperte mir seine Vermutung ins Ohr.
»Das kann der Gabelstapler sein, John!«
Das konnte er nicht nur sein, das war er auch. Denn nicht weit von uns entfernt krachte es. Der hohe Karton hinter mir geriet ins Wanken, und diesmal riskierte ich es, schaltete die Lampe ein, drückte meinen Arm nach rechts und sah tatsächlich das Ungeheuer aus Stahl mit den beiden gefährlichen Zinken, die so hoch gefahren waren, dass sie uns in Brusthöhe hätten erwischen können.
Gesteuert wurde das Gefährt von Kamikaze, der auf dem Führerstand hockte und uns mit den Zinken des Staplers aufspießen wollte.
***
Zwei Kämpfer umarmten sich!
Auf der einen Seite der blonde Türke Yakup Yalcinkaya, dieser knochige Typ mit den blonden Haaren und den kantigen Gesichtszügen.
Auf der anderen Seite Suko, der Chinese. Auch jemand, der Kampfsportarten beherrschte, aber nicht, wie Yakup, zur sagenumwobenen Legion der Ninja gehörte.
Die beiden waren Freunde. Der eine stammte aus der Türkei, der andere aus China. Rassenhass gab es bei ihnen nicht. Da zählte nur der Freund und der Mensch. Beide wussten, dass sie sich stets
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