0402 - Der Feuerkult
schaffst.«
Mehr hörte ich von Bill nicht, denn seine nächsten Worte gingen bereits im Krachen des ersten Schusses unter. Zum Glück stand ich günstig. Ich konnte genau in die Richtung zielen, in der sich der Sicherungskasten befand.
Und es wurden Treffer, der erste, der zweite, auch der dritte. Ich jagte aus der schweren Waffe drei Kugeln in den Kasten. Der schwarze Kunststoff, der als Hülle gedient hatte, spritzte weg wie dunkler Schnee. Irgendwo funkte etwas, und eine lange Spur zuckte ins Freie, bevor sie verglühte.
Nach dem dritten Treffer legte ich eine Pause ein. Der Fahrstuhl fuhr noch immer.
Und Ziggy schrie.
Markerschütternd und gellend brüllte er los. Dazwischen hörte ich Bills Rufe, die den Hausmeister anfeuern sollten. Ob er sie allerdings hörte, war fraglich. Die Angst hielt ihn in ihren Klauen.
Ich sah ihn rutschen. Längst hatte er die Lappen nicht mehr richtig halten können. Sie waren von seinen Händen geglitten. Einer lag bereits neben Bills Füßen.
Mit der unbedeckten Hand glitt er über das Seil und riss sich die Haut auf, aber Ziggy hielt trotzdem fest, was ich ihm hoch anrechnete.
Ich schoss wieder.
Es war der vierte Schuss.
Bei den ersten dreien hatte ich wenigstens getroffen, aberdie vierte Kugel ratschte an der Wand entlang, wo sie einen langen Streifen hinterließ.
Für Ziggy wurde es höchste Zeit. Bill wollte, dass er alles auf eine Karte setzte. Auch ich war nicht dagegen, als mein Freund mit sich fast überschlagender Stimme schrie: »Los, jetzt, spring, Ziggy!«
Der ältere Mann traute sich nicht. Verängstigt hielt er das Seil umklammert und wusste nicht, ob er sich fallen lassen sollte oder nicht.
»Mach schon!«
Da ließ Ziggy los. Vielleicht hatte auch das Geräusch des jetzt sehr nahen Fahrstuhls dazu beigetragen, dass Ziggy seinen inneren Schweinehund überwand und losließ.
Die Entfernung zu Bill war noch ziemlich groß. Das konnte schief gehen. Und der Reporter stellte sich dorthin, wo Ziggy landen musste. Er hatte die Arme ausgebreitet und war bereit, den Fall zu bremsen.
Ziggy kam wie ein Fels.
Wuchtig schlug er ein. Dabei schrie er, bewegte Arme und Beine, erwischte Bill noch am Boden und drückte ihn durch die Aufprallwucht in den Schmutz.
Ich bekam dies alles sehr genau mit. Aus der Luke des Fahrstuhls fiel ein blasser Lichtschleier über die beiden regungslosen und ineinander verkeilten Körper.
»Bill!« rief ich.
»Okay, John, ich bin okay. Oder fast.« Er stöhnte und wollte Ziggy wegdrücken, der sich aber an ihm festklammerte, als wäre Bill der letzte Rettungsanker. Der Reporter musste Gewalt anwenden, stand auf und betastete seine Knochen.
Zum Glück hatte er sich nichts gebrochen oder verstaucht. Anschließend half der Reporter dem Hausmeister auf die Beine. Es wurde auch Zeit, denn der Fahrstuhl war nicht mehr weit entfernt.
Bill trieb Ziggy hoch, aber der konnte nicht. Ein Wehschrei drang über seine Lippen. »Mein Bein, ich, ich kann nicht mehr.«
Für die Dauer eines Atemzugs erstarrte der Reporter. Erwusste, was dies bedeutete, ich ebenfalls, und Bill warf mir einen raschen Blick zu, in dem eine Aufforderung und ein Flehen zugleich standen.
Der Fahrstuhl senkte sich inzwischen weiter. Sie hatten noch die Chance, sich so hinzustellen, dass sie durch die Luke passten, aber auch das war mit dem schwankenden Mann ein Risiko.
Ich versuchte es noch einmal.
Diesmal zielte ich genauer. Vor der Mündung entstand für einen Moment das fahle Licht, dann schlug die Kugel in den Sicherungskasten, und diesmal war es mir tatsächlich gelungen, einen Volltreffer zu landen.
Helle Lichtblitze schossen aus dem deformierten Sicherungskasten. Es stank nach verbranntem Kabelgummi, und das Sprühen sah aus, als hätte jemand eine Wunderkerze angezündet.
Geschafft!
Der Fahrstuhl stand.
Vielleicht in Kopfhöhe war er zur Ruhe gekommen, und ich wuchtete endlich die beiden Türhälften so weit auf, dass wir hindurchschlüpfen konnten.
Bill hatte Ziggy ins Schlepptau genommen, und erst im dunklen Gang lehnte er ihn gegen die Wand.
Wir hörten den Hausmeister schwer atmen. »Mich hat es erwischt. Das Bein will nicht mehr.«
»Wir kriegen es wieder hin!« versprach Bill und tastete nach mir.
»Schalt mal die Lampe ein.«
»Das hatte ich sowieso vorgehabt.« Im bleichen Kegel sah Ziggys Gesicht aus wie das einer Leiche. Er musste stark leiden, aber er biss die Zähne zusammen.
»Können Sie es noch aushalten?« fragte ich ihn.
»Ja,
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