0402 - Ein G-man starb in Halle 3
etwas. Erschrocken blickte ich zu Phil hinauf. Dicht hinter ihm züngelten Flammen empor. Sein verzerrtes Gesicht beugte sich übers Geländer. Ich sah ihn ächzend arbeiten, dann glitten beide Beine des Mannes langsam herab. Die beiden Decken fielen von ihm ab und ich blickte in ein hageres, unrasiertes Gesicht. Ich schlang beide Arme um seine Beine und ließ sie langsam hindurchgleiten.
»Jetzt! Aufpassen!«, rief Phil.
Wir waren höchstens anderthalb Yards voneinander entfernt, aber Phils Stimme klang meilenweit weg. Ich nickte ihm aufmunternd zu, denn mir war klar, dass es für ihn jede Sekunde schon zu spät sein konnte. Er ließ den Mann los.
Die ganze Last eines erwachsenen Mannes stürzte auf mich herab. Ich torkelte zurück, verlor das Gleichgewicht und stolperte zusammen mit dem Mann die restlichen Stufen hinab bis auf den Flur der dritten Etage. Ich schlug mit dem Hinterkopf an irgendeiner Wand auf, aber ich hielt den Mann fest, als hinge mein eigenes Leben untrennbar mit seinem zusammen.
Für ein paar Augenblicke war ich benommen. Schwarze Schleier drohten mein Bewusstsein zu überwältigen. Ich biss mir in die Unterlippe, bis ich den Schmerz spürte und etwas Warmes salzig und bitter in meinen Mund lief. Undeutlich sah ich Phil vor mir auftauchen. Er brüllte wieder etwas, aber ich verstand es nicht mehr.
Ich weiß nicht mehr, wie wir mit unserer Last die Treppen hinab kamen. Ich weiß nur noch, dass wir plötzlich mitten auf der Straße standen, dass der von uns geborgene Mann reglos zu unseren Füßen lag und dass wir beide wie gebannt hinauf zu dem Dach des Wohnhauses starrten, das gerade krachend in sich zusammenstürzte und mit der vierten Etage in einer gewaltigen Stichflamme verschwand.
Dann waren auf einmal vier, fünf Jungs von höchstens sechzehn Jahren um uns herum. Sie trugen weiße Helme, auf denen ein rotes Kreuz aufgemalt war. Zwei hatten eine Trage mitgebracht und betteten unseren Mann darauf. Jemand hielt mir eine silbrig glänzende Blechkanne hin. Ich griff zu, ohne zu begreifen, was geschah.
Klares, herrlich kaltes Wasser lief mir über die Zunge, durch den ausgedörrten Rachen und an den Mundwinkeln herab zum Hals. Ich trank und trank und trank, und als immer noch ein Rest war, schüttete ich ihn mir über den Kopf. Ich hätte in den eiskalten River springen können.
Unsere Anzüge waren zum Teufel. Löcher und Brandstellen, wohin man blickte. Unsere Gesichter waren übersät von kleinen Blasen und Hautsprüngen. Aber wir strahlten uns an, als hätten wir gerade die Vierzigtausend-Dollar-Frage beim Fernseh-Quiz richtig beantwortet.
»Alter Brandstifter!«, krächzte Phil und schlug mir auf die Schulter.
»Pensionierter Feuerwehrmann!«, stieß ich heiser hervor und schlug zurück.
Die jungen Burschen vom Roten Kreuz sahen uns mit großen Augen an. Vielleicht zweifelten sie an unserem Verstand. Wir grinsten vor uns hin.
Dann drehten wir uns um und gingen die Straße hinab.
Captain Hywood stand noch immer auf der Kreuzung.
»Wir haben einen rausgeholt«, krächzte Phil. »Einen Mann. Er lebt noch. Aber wir wissen nicht, ob er durchkommen wird.«
»Sonst ist niemand im Haus«, fügte ich ebenso krächzend hinzu. »Jedenfalls nicht in den Zimmern, wo wir noch rein konnten.«
»Ihr seid wirklich zwei Verrückte«, röhrte Hywood in seiner üblichen, das Trommelfell erschütternden Lautstärke. Und während sein Blick über unsere halbverbrannten Anzüge und unsere geschwollenen Gesichter dahinglitt, wiederholte er noch einmal: »Zwei Verrückte. Zwei richtig Verrückte!«
Es hörte sich an, als hätte er uns eben einen Orden verliehen.
»Und was jetzt?«, fragte ich.
»Ihr beide habt genug getan«, schrie Hywood. »Bleibt bei mir, falls ich noch einmal zwei Verrückte brauche!«
»Was ist mit den vierzehntausend Litern wer weiß was?«, fragte ich.
Hywood zuckte die Achseln. Unter dem eng anliegenden Uniformrock wirkten seine Schultern wie die Muskelpakete eines Freistilringers.
»Keine Ahnung!«, erwiderte der Captain. »Das ist Sache der Feuerwehr! Ich weiß nur, dass wir ausgelöscht werden wie eine Kerze im Wind, wenn der Kram hochgeht. Ein Seelchen von einem Chemiker aus dieser brennenden Bude hat mir - ganz begeistert erzählt, dass noch im drittnächsten Block kaum jemand eine Chance hätte, der Druckwelle zu widerstehen.«
»Fein«, krächzte Phil und setzte sich einfach neben Hywood auf die Straße.
»Was tut die Feuerwehr dagegen?«, fragte ich und ließ
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