0403 - Nachts, als die Mörder kamen
Zillah ausdrücklich gesagt, sie solle die Vorhänge geschlossen lassen. Hatte sie es vergessen? Ich versuchte es mir einzureden, aber ich wusste, dass es einen anderen Grund haben musste.
Ich lief über die Straße, rüttelte an der Tür - sie gab nach.
Ich stürzte in den dunklen Flyr und hastete die Treppen nach oben. Alles war immer noch still und leer.
Ich tastete mich wieder zu der Wohnungstür von Zillah Spokane und blieb stehen.
Mein Herz hämmerte wie eine Stahlpresse. Das Dröhnen in meinen Ohren beherrschte alles. Aber das andere Geräusch drang trotzdem durch.
Es war ein leises Stöhnen. Meine Haare sträubten sich, ich bekam eine Gänsehaut.
Ich entsicherte die Pistole.
Ich legte die linke Hand auf die Türklinke und drückte sie unmerklich hinunter. Ein schmaler Lichtstreifen fiel auf meine Füße.
Wie'der hörte ich ein leichtes, qualvolles Ächzen. Ich stieß die Tür auf und sprang in das Zimmer.
Zillah hockte zusammengesunken auf einem Stuhl. Ihre Arme waren brutal über die Rücklehne nach hinten geschnürt, ihre Beine waren an den Stuhlbeinen festgeschnallt. Auf ihrem Gesicht zeichneten sich rote Striemen ab, ihre Haare hingen wirr und feucht über die Augen. Im ersten Moment schien sie mich nicht zu erkennen, dann versuchte sie krampfhaft zu lächeln.
»Hände hoch!«, brüllte ich.
Die beiden Männer nahmen provozierend langsam die Hände hoch. Es waren Huff Sanderson und Tyler Logan.
»Was soll das?«, fragte ich.
»Sie kennt den Boss!«, sagte Huff.
»Binde sie los, aber schnell!«, befahl ich. Huff machte sich mürrisch daran, die Fesseln zu lösen.
»Schnell! Hast du mich verstanden!«, fauchte ich ihn an. Er beeilte sich jetzt. Von Zeit zu Zeit warf er einen misstrauischen Blick zu mir herüber.
Ich sah Zillah an. Sie lächelte schon etwas entspannter.
»Also?«, wandte ich mich an Tyler Logan.
Er leckte sich über seine trockenen Lippen. »Er hat uns geschickt!«
»Wie?«
»Ich habe ein Telefon. Er hat mich angerufen. Das tut er öfter.«
»Stimme?«
»Weiß ich nicht, ein Mann, aber er hat durch ein Tüch gesprochen. Es klang gedämpft.«
»Was hat er gesagt?«
»Er hat gesagt, wir sollen sie ausquetschen«, stieß Huff hervor. Er hatte Zillah losgebunden, und sie rieb sich die Gelenke.
»Wie steht’s mit dem Fenster?«, fragte ich. Huff antwortete widerwillig.
»Wir sollten die Vorhänge aufziehen. Er wollte unten vorbeifahren, um zu sehen, ob wir den Befehl ausführen!«
Ich grinste vor mich hin. Das war es also. Jetzt wusste ich, wie Ferry Lloyd zu seinen Informationen gekommen war, und ich wusste auch, dass das Netz sich zusammenzog über dem Mann, den sie Boss nannten.
»Du lügst!«, sagte ich. Huff schluckte. Sein Adamsapfel hüpfte auf und ab.
»Er lügt nicht, wir sollten…«, begann Tyler, aber ich unterbrach ihn.
»Ihr lügt beide. Mir könnt ihr nicht vormachen, dass der Boss ausgerechnet euch beide schickt, um das Mädchen auszuquetschen. Ihr solltet sie irgendwohin bringen. Aber ihr dachtet, ihr könntet die Zeit vielleicht besser nützen und sie schon vorher auspressen. Ihr dachtet, auf diese Weise könnt ihr mich vielleicht ausbooten, stimmt’s?«
»Nein…«
»Rede nicht. Der Boss wird euch sein Geheimnis nicht anvertrauen, wenn er schon fürchtet, dass sie es weiß!«
»Okay, aber wir wollten dich nicht ausbooten, ehrlich, wir wollten dich…«
»Erschießen!«
»Was?« Tyler starrte mich an. Ich merkte, dass ich ins Schwarze getroffen hatte.
»Ihr bekamt den Befehl, und in euren Spatzenhirnen hat sich eine tolle Idee gebildet. Wer ist zuerst darauf gekommen?«
»Hardy!«, stieß Huff hervor und stierte auf meine Pistole.
»Und Hardy zog los, um mir eines auf den Pelz zu brennen und eine alte Rechnung zu begleichen, wie?«
Huff nickte 'wieder. Seine Augen traten weit aus den Höhlen, sein hinterhältiges Grinsen war verschwunden und die Brillantine auf seinem Bürstenkopf verdampft.
»Hardy Boone ist tot!«, sagte ich.
Zillah sah erschreckt auf, aber ich beruhigte sie mit einem Blick.
Tyler Logan wich langsam an die Wand zurück. Sein Gesicht war kreidebleich, seine Brille beschlug, und seine Zunge fuhr zitternd über die Lippen.
»Nein… nein…«, stammelte Huff. Aber ich sagte nur: »Ihr habt noch mehr Pech gehabt. Euer großer Boss hat euch die ganze Zeit beobachtet!«
»Aber das stimmt nicht. Ich war die ganze Zeit am Fenster«, keuchte Huff. »Es ist kein Wagen vorbeigekommen, wir haben aufgepasst!«
»Der Boss hat
Weitere Kostenlose Bücher