0404 - Die Bande der Toten
Jetzt denken Sie mal genau nach. Hat Eileen Hopkins nicht eine Freundin gehabt? Wurde sie nicht manchmal hier von einer Freundin abgeholt oder gar während der Arbeitszeit besucht?«
»Abgeholt, ja, das ist richtig. Stimmt. Eine kleine Schwarzhaarige. Die beiden waren oft zusammen.«
»Erinnern Sie sich an den Namen dieser Frau?«
Ed runzelte die Stirn und schien nachzudenken, schüttelte aber schließlich den Kopf.
»No, G-man. Tut mir leid. Es ist schon zu lange her. Aber sie trat damals im Colibrí als Revuetänzerin auf, das weiß ich noch. Vielleicht versuchen Sie mal im Colibrí Ihr Glück.«
»Ed«, brummte ich enttäuscht, »denken Sie mal nach! Das ist jetzt mehr als acht Jahre her! Glauben Sie, im Colibrí kennt noch jemand eine kleine schwarzhaarige Revuetänzerin, die dort mal vor acht Jahren ein Girl unter vielen war?«
»Bei jeder anderen natürlich nicht. Aber bei der schon, die ist was geworden.«
»Wieso?«
»Na, heute nennt sie'sich Gloria Bella!«
Uns fielen beinahe die Augen aus dem Kopf. Gloria Bella war der gefeierte Star der Saison am Broadway, und es hieß, dass demnächst auch Hollywood mit der Dame ins Geschäft kommen wollte.
»Okay, Ed«, sagte ich zufrieden. »Die finden wir, darauf können Sie Gift nehmen. Übrigens, noch etwas: Sehen Sie sich das Foto dieses Mannes genau an. Er heißt Dempsy Muggon. Er brach vor zwei Tagen aus dem Zuchthaus aus, schlug einen Wärter tot und erschoss einen Handlungsreisenden. Sollte er je in der Lemon Bar auftauchen, Ed, rufen Sie uns unverzüglich an! Und verraten Sie dem Mann um Himmels willen nicht, dass Gloria Bella die frühere Freundin von Eileen'Hopkins war! Wenn Sie ihm das sagen, Ed, kann das für Sie verdammt unangenehm werden.«
»Ich weiß, wann ich meinen Mund halten muss«, knurrte Ed. »Sonst noch was?«
»Nein, danke. Das war alles.«
Ich steckte das Foto von Dempsy wieder ein. Wir marschierten zurück zum Jaguar. Während ich anfuhr, sprach Phil mit der Funkleitstelle.
»Macht mal eine Umfrage im Haus, ob jemand weiß, wo Gloria Bella am Broadway zurzeit auftritt. In welchem Klub oder welchem Lokal. Und wenn ihr es herausfinden könnt, dann ruft uns an. Wir fahren langsam den Broadway runter.«
***
Gut fünf Minuten lang rollten wir schweigend und in gemäßigtem Tempo den Broadway hinab in Richtung Süden, bis das Ruflämpchen für das Sprechfunkgerät anfing, rhythmisch zu flackern. Phil nahm den Hörer und schaltete den Lautsprecher unter dem Armaturenbrett ein, damit ich das Gespräch mithören konnte.
»Hallo, Phil! Hier spricht Roger Vermail. Ich hörte, dass ihr euch plötzlich für Gloria Bella interessiert? Was ist denn in euch gefahren? Wollt ihr ein Monatsgehalt an einem Abend loswerden?«
»Daran hatten wir eigentlich weniger gedacht. Wie kommst du denn auf den Einfall?«
»Die Bella tritt im Twenty One Klub auf, und der hat Preise, dass einem mittleren Gehaltsempfänger der erste Schluck Whisky schon im Hals stecken bleibt.«
»Seltsam, dass ein mittlerer Gehaltsempfänger wie du darüber so gut unterrichtet ist«, stichelte Phil.
»Ich war diehstlich dort, als wir diesen Rauschgiftschmuggler aus Paris suchten.«
»Solche Jobs kriegen wir nie«, maulte Phil und blinzelte mir zu. »Für uns fällt immer nur etwas ab in der Preislage der Lemon Bar. Aber jetzt fahren wir hin. Jetzt besuchen wir den Twenty One Klub auch einmal. Vielen Dank, Roger.«
Jeder erwachsene Mensch in Manhattan weiß, in welchem Block der Twenty One Klub zu finden ist. Ich fuhr ein wenig schneller, bis wir die Gegend erreicht hatten, dann bremste ich wieder ab, und wir schlichen am Straßenrand dahin, während wir rechts und links die Hauswände absuchten, bis wir unser Lokal gefunden hatten.
Natürlich war es nachmittags zu so früher Stunde noch geschlossen. Wir gingen drei oder vier Häuser weiter und riefen aus der Telefonzelle eines Drugstores an. Es meldete sich ein Mann namens Prief, der sich als erster Manager bezeichnete.
»Federal Bureau of Investigation«, sagte ich hochoffiziell. »Jerry Cotton am Apparat. Wir haben an Miss Gloria Bella einige Fragen zu richten. Würden Sie uns bitte mitteilen, wie wir sie erreichen können? Soweit wir feststellen konnten, steht sie nicht im Telefonbuch.«
»Ihr Künstlername nicht, nein, das ist wahr. Um was geht es denn? Es liegt doch nichts gegen Miss Bella vor? Der große Erfolg, den Miss Bella…«
»Es liegt nichts gegen sie vor, gar nichts«, fiel ich ihm ins Wort. »Wir
Weitere Kostenlose Bücher