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0404 - Die Bande der Toten

0404 - Die Bande der Toten

Titel: 0404 - Die Bande der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
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erkannt zu werden?«
    »Nein, eigentlich nicht«, meinte Woolson.
    »Im Gegenteil«, stimmte ihm der Sheriff zu. »Jeder Bankräuber müsste ein geradezu vitales Interesse daran haben, dass ihn niemand erkennt. Was sollte man von Bankräubern folglich erwarten?«
    »Dass sie Masken tragen!«, rief Woolson sofort.
    »Richtig! Wenn sie nur die leiseste Möglichkeit hätten, sich rasch etwas vor das Gesicht zu binden, dann sollte man annehmen, dass sie es täten. Können Sie mir jetzt verraten, Bill, warum es unsere Bankräuber geradezu darauf anlegen, gesehen zu werden? Können Sie mir das sagen?«
    »Nein«, murmelte Woolson kleinlaut.
    »Das ist der springende Punkt«, knurrte Sheriff Eberhard. »Verdammt, ich bin lange genug als Detective der Stadtpolizei durch Chicago gepilgert, um mich mit Gangstern auszukennen. An diesen Überfällen stinkt etwas. Es stinkt so sehr, dass es mir keine Ruhe lässt! Warum geben sich die Burschen nicht die geringste Mühe, ihre Gesichter zu verstecken? Warum?«
    Woolson zuckte die Achseln. Der Sheriff ließ sich in seinen Drehstuhl fallen, der unter dem Gewicht des Riesen bedenklich ächzte. Ganz langsam zündete sich Eberhard eine Zigarre an.
    »Also jetzt mal schön mit der Ruhe«, sprach sich Eberhard selbst Beruhigung zu. »Immer schön mit der Ruhe und einem Schuss unbestechlicher Logik!«
    Jetzt geht es wieder los, dachte Woolson. Logik! Wenn ich das schon höre.
    »Wer nicht erkannt werden will, versteckt sein Gesicht«, murmelte der Sheriff vor sich hin. »Wer sein Gesicht nicht versteckt, der will erkannt werden? Will? Der will erkannt…?«
    Eberhard verfiel ins Grübeln. In seinen Gedanken ging er mit der Sprache um wie ein Chemiker mit seinen Stoffen. Er stellte die Formeln für Überlegungen auf und drehte sie dann um. Er probierte, ob seine Gedankenprozesse umkehrbar waren. Und dann grinste er plötzlich zufrieden.
    »Woolson, bin ich ein Idiot?«, fragte er.
    Dem Deputy, Bill Woolson, fielen fast die Augen aus dem Kopf.
    »Nun, eh, also…«, stotterte er hilflos.
    »Also, Sie halten mich wenigstens manchmal für einen Idioten«, stellte Sheriff Eberhard grimmig fest. »Na schön. Dann will ich auch mal ganz konsequent sein! Ich gebe zu, dass es der verrückteste Gedanke ist, seit ich vor einer halben Ewigkeit Polizist wurde. Was tat Alexander der Große mit diesem verflixten Knoten, den kein Mensch aufknüpfen konnte?«
    »Keine Ahnung, Sheriff. Was denn?«
    »Er schlug ihn durch«, meinte Eberhard kühl. »Und genau das tue ich jetzt. Ich versuche nicht mehr, den Knoten aufzuknüpfen, ich werde versuchen, ihn durchzuschlagen. Wissen Sie, was die Bankräuber sind, Woolson?«
    »Keine Ahnung, Sheriff. Was dann?«
    Eberhard paffte eine dicke Wolke aus seiner Zigarre. Beinahe genießerisch erklärte er seinem gespannten Gehilfen: »Das sind Tote. Die Bankräuber gibt es überhaupt nicht. Und deshalb kann es ihnen auch absolut gleichgültig sein, ob sie erkannt werden oder nicht.«
    Jetzt, dachte Bill Woolson, jetzt hat der Alte endgültig den Verstand verloren. Das hat er nun von seiner Logik.
    ***
    Ziemlich enttäuscht war Steve O’Connor nach Washington zurückgeflogen. Er hatte eine Maschine benutzt, die kurz nach halb zwölf gestartet war. Er hatte zusammen mit uns nach dem Verbleib zweier Gangster forschen wollen, die aus New York stammten und früher zusammen mit Bryan Newell kleine Bankfilialen in ländlichen Gegenden ausgeraubt hatten. Aber was lohnte es sich, hinter Leuten herzuforschen, die tot waren?
    Um halb eins saßen Phil und ich im Office. Draußen herrschte das strahlendste Wetter, das man sich nur wünschen konnte. Bei uns stand das Stimmungsbarometer auf dem tiefsten Punkt.
    Da war ein Mann aus dem Zuchthaus ausgebrochen und nun schon länger als eine halbe Woche frei, und man hatte noch nicht einmal eine simple Spur von ihm. Man wusste nur, dass er mit Sicherheit einen Wärter totgeschlagen und einen Handlungsreisenden erschossen hatte. Dazu kam die Vermutung, dass er die Inhaberin einer Leihbücherei umgebracht haben könnte. Und man saß herum und konnte im Grunde nicht mehr tun, als zu warten. Und man wusste nicht einmal, worauf man eigentlich warten sollte.
    »Angenommen…«, murmelte Phil irgendwann, aber ich fiel ihm sofort ins Wort: »Hör bloß auf! Diese angenommen, wenn und hätte, hängen mir zum Hals heraus.«
    »Hm«, knurrte Phil. »Mir eigentlich auch.«
    Wir schwiegen. Bis das Telefon klingelte. Da ich näher saß, griff ich zum

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