0404 - Die Bande der Toten

nahmen Steves Karten und suchten unser Archiv auf.
    »Seht mal nach, ob wir auch etwas über diese beiden Burschen haben«, bat Phil den diensttuenden Kollegen, der zusammen mit einem anderen sofort zwischen den Regalreihen verschwand. Wenige Minuten später wussten wir, dass wir hinter Gespenstern hergelaufen waren: Tim Wesley war vor elf Monaten in einen Säurebottich gefallen und umgekommen, Nat Mailer dagegen hatte vor erst sechs Wochen einen Autounfall gehabt, der ebenfalls tödlich geendet hatte.
    »Mahlzeit«, sagte ich. »Es sieht so aus, Steve, als ob das Schicksal etwas gegen Newells frühere Bande gehabt hätte, Newell kommt bei einem Brand ums Leben, Wesley bei einem Arbeitsunfall in einem Säurebottich und Mailer schließlich bei einem Verkehrsunfall. Damit ist deine Theorie zusammengebrochen!«
    »Bis auf Dempsy Muggon«, murmelte Steve ein bisschen enttäuscht. »Ich bin immer noch der Meinung, dass er in Newells Fußstapfen tritt und die Banküberfälle nach dem Muster organisiert hat, das er von Newell im Zuchthaus hörte. Es müssen ja nicht Newells frühere Bandenmitglieder sein, die ihm jetzt dabei helfen. Dempsy kann sich andere Leute besorgt haben.«
    »Wann denn?«, fragte ich skeptisch. »Er brach in der Nacht von Sonntag auf Montag aus dem Zuchthaus aus. Und am Montag wurde auch schon vierhundert Meilen weiter die erste Bank überfallen!«
    »Es wäre doch nicht das erste Mal, dass es einem Zuchthäusler gelungen ist, sich trotz aller Kontrollen mit der Außenwelt in Verbindung zu setzen.«
    »Zugegeben«, sagte ich. »Trotzdem bleiben noch die vierhundert Meilen Entfernung!«
    »Dempsy Muggon hatte bereits ein paar Minuten nach seinem Ausbruch einen Wagen. Und vierhundert Meilen sind nun auch wieder nicht so viel, dass man sie nicht in sechs bis acht Stunden gut schaffen könnte.«
    »Meinetwegen«, brummte ich. »Du scheinst dich in deine Theorie so verbissen zu haben, dass Einwände sowieso nutzlos sind. Was machen wir nun?«
    »Gehen wir erst einmal in eure Kantine«, schlug Steve vor. »Jetzt brauche ich eine Tasse Kaffee, eine Zigarette und ein paar Minuten Zeit zum Überlegen. Es sieht so aus, als ob wir in beiden Fällen an einem toten Punkt angekommen seien. Sowohl was Muggon, als auch die Banküberfälle angeht.«
    ***
    Während wir schweigsam in der Kantine vor unseren Pappbechern saßen, starrte Steve O’Connor vor sich hin. Er schien meilenweit von uns entfernt zu sein.
    Plötzlich gab mir Phil verstohlen einen Wink. Ich beugte mich zu ihm.
    »Er hat recht«, flüsterte mir mein Freund zu. »Es ist wirklich Dempsy Muggon, der die Überfälle organisiert hat.«
    »Wie kommst du denn auf einmal darauf?«, fragte ich leise zurück.
    »Der Überfall in Gatlinburg! Sie schossen den Hilfs-Sheriff nieder! Newell hat bei seinen ersten Überfällen auf kleine Banken nie einen Mann niedergeschossen. Sonst hätte er genau wie Muggon lebenslänglich bekommen, wenn nicht gar die Todesstrafe. Dempsy dagegen - na, du weißt ja, wie der um sich schießt, seit er ausgebrochen ist.«
    Mir ging das Temperament durch. Ich klatschte die flache Hand auf den Tisch, dass unsere drei Pappbecher anfingen zu wackeln.
    »Langsam macht ihr mich nervös«, knurrte ich. - »Warum würfeln wir nicht darum? Es ist Muggon, der hinter den Banküberfällen steckt, es ist nicht Muggon, er ist es doch - was soll der Quatsch? Ob er es nun ist oder nicht, deshalb haben wir trotzdem keine vernünftige Spur von ihm. Warum arbeiten wir nicht, wie wir es sonst immer tun? Immer schön der Reihe nach, geduldig, ausdauernd, sich nur an Tatsachen haltend? Stattdessen geben wir uns Spekulationen hin, als ob uns dieser Dempsy Muggon hypnotisiert hätte wie die Schlange ein Kaninchen.«
    Steve O’Connor war aus seinen Gedanken aufgeschreckt. Er sah mich an.
    »Du hast recht, Jerry«, sagte er zu meiner Überraschung. »Du hast völlig recht. Los, fangen wir an. Jetzt will ich es wissen!«
    Er sagte nicht, was er wissen wollte, er ließ nur einfach den Rest Kaffee stehen und lief uns voraus zu unserem Office. Als wir ankamen, hatte er bereits den Telefonhörer in der Hand.
    »Mit wem sprichst du?«, fragte ich.
    »Mit dem Sheriff vom Bedford County«, erwiderte Steve, während er auf eine Verbindung wartete.
    »Bedford County?«, wiederholte ich. »Ist das, wo der erste Banküberfall stattfand?«
    »Ja. - Eh, hallo? FBI, Steve O’Connor am Apparat. Ich möchte den Sheriff sprechen. Was ist los? Bitte, sprechen Sie ein bisschen