0404 - Tod im Schlangensumpf
einige der Kodes der zivilen Luftfahrt im Kopf – und ausgerechnet diesen hier kannte er sehr gut.
Er tippte seinem Piloten auf die Schulter.
»Sie haben doch auch einen Hubschrauber-Schein, nicht wahr?«
McCord, der Pilot, nickte. »Natürlich, Sir. Das war ja eine der Grundbedingungen, als ihre Firma mich einstellte.«
Tendyke grinste. »Dann wollen wir doch mal sehen, ob wir nicht auch einen Hubschrauber bekommen. Die können ja schließlich nicht alle Privatmaschinen für die Rettungsflüge einsetzen. Und da wird ja wohl noch einiges möglich sein.«
Ursprünglich hatte er mit dem Gedanken gespielt, mit einem Mietwagen, den er vom Flugzeug aus über Funktelefon ordern wollte, zur Unglückstelle zu fahren. Aber angesichts des Sumpfgebietes erschien es ihm doch nicht mehr sonderlich ratsam. Wenn schon die Rettungsmannschaften keine andere Möglichkeit sahen, als durch die Luft an den Unglücksort heranzukommen, würde er es eben auch so versuchen.
Über Funk nahm er Verbindung mit dem Flughafen auf und orderte einen Helikopter, den er ohne Piloten zu mieten beabsichtigte. Er war gespannt, ob es funktionieren würde…
***
Ein leichtes Klopfen gegen die Fensterscheibe ließ Yves Cascal aufschrecken. Mit einem Satz war er am Fenster. Er schob die Pappe zur Seite, die den Raum abdunkelte, und sah das Gesicht von Ben Clastowe, der draußen auf der Straße kauerte. »Eh, L’ombre, ich habe was für dich«, hörte er Clastowe murmeln.
»Nicht interessiert.« Clastowes Jobs waren in der Regel nicht hasenrein. Und Cascal ging nur ungern Risiken ein.
»Es springt eine Menge dabei heraus, L’ombre«, hörte er Clastowe sagen. »Laß mich rein oder komm ’raus, damit wir darüber reden können.«
»Ich sagte doch, daß ich nicht interessiert bin.« Cascal schob die Pappe wieder vor das Fenster.
»Verdammter Idiot!« kam es von draußen.
Cascal lehnte sich an die Wand. Seine Hand glitt unwillkürlich zu dem Amulett, das vor seiner Brust hing. Im gleichen Moment, in dem er es berührte, sah er ein Bild. Es blitzte ganz kurz vor seinem inneren Auge auf. Ein Mann, groß, hager, dunkelhaarig, von Feuerschein umhüllt. In der Hand das Amulett – Cascals Silberscheibe? Und jemand starb.
Dann war das Bild wieder fort. »Was zum Teufel…«, murmelte Cascal. Er ließ das Amulett wieder los.
»He, L’ombre! Du mußt mir helfen! Wir sind doch Freunde, eh?« meldete sich Clastowe draußen wieder.
Cascal schüttelte sich. Er versuchte seine Gedanken in eine geordnete Reihenfolge zu bringen. Da draußen der hartnäckige Ben Clastowe, und hier drinnen das eigenartige Geisterbild des Amuletts…? Cascal vibrierte innerlich. Er wünschte, er könne das Rätsel lösen. Was hatte das seltsame Verhalten seines Amuletts zu bedeuten? Gestern abend und in der Nacht die Wärme, die Vibrationen… jetzt das hier… Da war irgend etwas, das geschehen würde, und der Zeitpunkt rückte immer näher. Die Bilder wurden immer deutlicher.
Aber was bedeuteten sie? Wer war dieser dunkle, von Feuer umhüllte Mann, der Cascals Amulett in den Händen hielt?
Clastowe klopfte wieder ans Fenster.
Der Kerl ließ sich nicht vertreiben. Er war hartnäckig.
Cascal knöpfte das Hemd soweit zu, daß die funkelnde Silberscheibe nicht mehr direkt zu sehen war. Als er sie berührte, sah er wieder ein Bild in sich aufblitzen. Es zeigte ihm Clastowes Gesicht.
Ausgerechnet!
Cascal schüttelte den Kopf. Es ging alles nicht mit rechten Dingen zu. Voodoo-Zauber, der in der Scheibe steckte? Es mußte irgend etwas Magisches sein, etwas, das sich nicht mit dem normalen Menschenverstand erklären ließ. Cascals Vorfahren waren aus Schwarzafrika gekommen, und dort hatte es Medizinmänner und Zauberer gegeben, die wundersame Dinge tun konnten. Den Indianer-Schamanen sagte man ähnliches nach. Und was sich bei den Voodoo-Zeremonien in der Karibik und manchmal auch in den Dörfern an den Bayous abspielte, gab Cascal ebenfalls zu denken.
Aber was bedeutete dies? Warum zeigte ihm die Silberscheibe das Gesicht des Mannes, der dort draußen etwas von ihm wollte?
Es gab nur einen Weg, das herauszufinden.
Er mußte mit Clastowe reden.
Er verließ sein Zimmer, eilte die Treppe hinauf und nach draußen. Ben Clastowe atmete erleichtert auf. »Ich wußte doch, daß ich mich auf meine Freunde verlassen kann«, seufzte er.
»Hast du neuerdings welche?« fragte Cascal kühl.
»Komm, L’ombre. Sei nicht so mürrisch. Ich brauche dich. Es springt eine Menge dabei
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