0407 - Am Tisch des Henkers
hörte ruhig zu und fragte zum Schluss: »Ansonsten wissen Sie nichts über Mr. Sinclair?«
»Nein, tut mir Leid.« Der Mann hatte so laut gesprochen, dass Glenda sogar die Worte verstand.
Als Suko auflegte, hatte sein Gesicht einen nachdenklichen Ausdruck angenommen.
»Was ist denn passiert?«
»Eine üble Sache scheint das zu sein. Der gläserne Sarg aus Indien war mit einem Zombie besetzt, und den jagt John jetzt.«
»Wo?«
»In der Unterwelt.«
»Wieso?«
»Der Zombie floh in die Abwässerkanäle. John hinterher, und dann passierte es eben. Jetzt sind beide verschwunden.«
»Mein Gott, das kann…«
Suko winkte ab. »Beruhige dich, du bekommst ihn schon wieder heil zurück. Denk doch mal nach. Was will ein Zombie gegen John ausrichten, der dem Teufel persönlich schon ins Gesicht gespuckt hat? Das ist doch einfach lächerlich. Der Untote wird gegen John kaum etwas ausrichten können, das musst auch du einsehen.«
»Möglich, aber…«
Wieder klingelte das Telefon. Diesmal nahm Glenda ab, weil Suko seine Teetasse in der Hand hielt.
»Ja, Sir James. Suko ist hier. Gut, ich sage ihm dann Bescheid, dass er zu Ihnen kommt.«
Der Inspektor war schon aufgestanden. Er hatte die Tasse geleert.
»Ich weiß Bescheid, der Meister aller Klassen hat gerufen.«
»Ja.«
»Wie klang seine Stimme?«, fragte Suko, schon an der Tür stehend.
»Ziemlich normal.«
»Also scheint es nicht zu brennen.«
»Und John?«, rief Glenda noch.
Suko blieb stehen und hob die Schultern. »Kann ich auch nichts machen. Wie gesagt, nur ein Zombie, den schafft er mit links.« Der Chinese nickte der dunkelhaarigen Glenda noch einmal zu und machte sich auf den Weg zu Sir James.
Der war nicht allein. Bei ihm befand sich ein weißhaariger Mann, der einen ebenso weißen Oberlippenbart trug und insgesamt sehr gepflegt aussah. Bei genauerem Hinsehen jedoch bemerkte Suko, dass dieser Mensch wohl einige Probleme hatte, jedenfalls machte er auf den Inspektor einen nervösen Eindruck.
»Das ist Leroy Thompson«, wurde Suko der Mann von seinem Chef vorgestellt.
Schon beim Händedruck der beiden horchte der Inspektor auf.
»Moment mal, Thompson?«
»Sie lesen auch die Zeitung, wie?«
Suko nickte. »Dann sind Sie also der Mann, dessen Enkelin man umgebracht hat.«
»Genau, bei ihrer Verlobung.«
»Und die Spur des Mörders verliert sich.«
»Sie ist erst gar nicht aufgenommen worden.«
Die Männer hatten sich inzwischen gesetzt. Suko merkte, dass der Besucher getrunken hatte. Eine leichte Whiskyfahne wehte vor seinen Lippen. »Bitte, Mr. Thompson, berichten Sie.«
Der weißhaarige Mann nickte. »Es ist so, dass ich nicht freiwillig gekommen bin, aber mein Freund Sir Reginald Clifton sprach davon, dass Sie die richtige Anlaufstation für mich wären, Sir James. Wie Sie sich vorstellen können, geht es um den Mord an meiner Enkelin Mary.«
Der Mann begann zu berichten, und er schüttete den beiden Zuhörern regelrecht sein Herz aus.
Suko und Sir James hörten gespannt zu und erfuhren tatsächlich eine kaum glaubliche Geschichte.
»So und nicht anders hat sich alles abgespielt. Wir drei stehen auf der Liste des Henkers und sind aufgerufen worden, uns in unserem alten Lokal am Stammtisch zu treffen.«
»Werden Sie hingehen?«, fragte Sir James.
»Nach dieser Drohung bleibt uns nichts anderes übrig. Wir möchten nicht, dass noch mehr Blut vergossen wird.«
»Aber Sie haben damals Blut vergossen«, gab Suko zu bedenken.
Er erntete einen scharfen Blick. »Das ist etwas anderes. Es waren andere Zeiten, wir waren an der Front, hielten Indien besetzt. Es war Krieg. Nun, das Mädchen war eines von vielen, wenn auch…«
»Es war ein Mensch!«
Suko hatte so hart gesprochen, dass Leroy Thompson zusammenzuckte. »Ja, das war die Kleine, aber sie hat uns allen den Kopf verdreht. Wir standen unter Stress, lebten unter extremen Bedingungen, England war weit. Viele haben sich in Indien nicht so wie im Mutterland verhalten. Man muss das verstehen, wir konnten uns zudem keinen Skandal erlauben, so ist es dann passiert.«
Sir James unterbrach ihn. »Dieses Mädchen wurde geköpft.«
»Ja.«
»Wie hieß es denn?«
»Mari.«
»Und wer hat die Tat begangen?«, wollte Suko wissen.
»Dieser Henker, dessen Geist mir im Waschraum erschien.«
»Eine alte Rache«, murmelte Suko. »So etwas erleben wir nicht zum ersten Mal.«
»Aber das ist doch Wahnsinn!«, schrie Thompson. »Dagegen muss man doch etwas tun. Sie sollen uns schützen, wenn wir
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