0407 - Am Tisch des Henkers
heute Abend in das Gasthaus gehen. Ist das klar?«
»Natürlich. Wo finden wir das Haus denn?«
Thompson griff in die rechte Außentasche seines dunkelgrauen Mantels und holte einen Zettel hervor, den er auseinander faltete.
»Hier habe ich es Ihnen aufgezeichnet.«
Suko nahm das Papier entgegen. Die Zeichnung war sehr genau.
»Wollen Sie es sich ansehen?«, fragte der Inspektor seinen Chef.
Sir James schüttelte den Kopf. »Wenn Sie damit klarkommen, nicht.«
Leroy Thompson räusperte sich. »Kann ich mich darauf verlassen, dass Sie erscheinen werden?«
»Ja«, erklärte Suko.
»Mein Freund Sir Reginald sprach von einem gewissen John Sinclair. Der kann sich nicht zufällig um die Sache kümmern? Nichts gegen Sie, Inspektor, aber…«
Die Mundwinkel des Superintendenten zuckten. »Sie brauchen keine Sorgen zu haben, Mr. Thompson. Der Inspektor ist ein ausgezeichneter Mann. Er kennt…«
»Tut mir Leid, aber ich…«
»Schon erledigt!«
Leroy Thompson merkte, dass er störte. Deshalb stand er auf. Zurückgehalten wurde er nicht. Wie ein gebrochener Mann verließ er das Büro des Superintendenten.
»Ich mag ihn nicht«, sagte Suko. »Er ist ein Rassist. Haben Sie bemerkt, Sir, wie er über die Inder sprach?«
»Natürlich.«
»Man sollte ihn und seine Kumpane wirklich mit ihren Problemen allein lassen.«
Sir James wiegte den Kopf. »Wollen Sie das wirklich? Wenn ja, würden Sie sich mit denen doch auf eine Stufe stellen, und das wäre nicht gut.«
»Sorry, Sir, aber mich überkam es eben. Auch ich bin nur ein Mensch. Diese Meinung werden wir wohl nie ausrotten können.«
Suko lehnte sich zurück und wechselte das Thema. »Es geht um John. Wissen Sie über seine Mission Bescheid? Wissen Sie, was geschehen ist?«
»Er ist in Heathrow draußen.«
»Ja und nein.« Suko berichtete von dem Anruf eines gewissen Mr. Madison und was er ihm über die Entwicklung des Falls gesagt hatte.
Auch der Superintendent zog ein besorgtes Gesicht. »Könnte es sein, dass John in ein Wespennest gestochen hat?«
»Möglich. Und zwar in ein indisches«, erwiderte Suko.
»Zu viel Indien, meinen Sie nicht?«
»Doch.«
Sir James nickte. »Fassen wir doch mal zusammen. Da erreicht uns ein Anruf von Mandra Korab, der berichtet, dass jemand einen gläsernen Sarg auf die Reise geschickt hat. Und in dem Sarg liegt eine Frau, die vor ungefähr vierzig Jahren gestorben und nicht verwest ist. Das stellte man fest, als man den Sarg fand. Frage: Wer hat ihn gefunden, und wer hat den Auftrag gegeben, ihn nach London zu schicken? Der Sarg trifft mit seiner makabren Fracht hier ein. John will ihn sich ansehen und stellt fest, dass die Tote ein Zombie ist, der verschwindet. Er flieht durch die Kanalisation und wird von Sinclair verfolgt.«
»Genau, Sir. Und Sie bekommen von einem gewissen Leroy Thompson Besuch, dessen Enkelin ermordet wurde. Angeblich von einem Geist oder einem Henker, der auch schon längst verstorben ist. Eine alte Rache, die in Indien, ungefähr vor vierzig Jahren, ihren Ursprung gehabt hat.«
»Richtig.«
Suko zählte es an den Fingern ab. »Indien, das Mädchen, die Ermordete. Ich bin fast der Ansicht, dass die Untote und das damals getötete Mädchen namens Mari identisch sind. Oder wie sehen Sie das, Sir?«
»Keine Abstriche.«
»Dann wäre ja alles klar.«
»Wie meinen Sie das?«
»Wenn ich heute Abend als ungeladener Gast am Stammtisch des Henkers erscheine, kann es durchaus sein, dass ich das vor über vierzig Jahren getötete Mädchen dort antreffe.«
»Und John?«
»Ihn möglicherweise auch.«
Sir James nahm einen Bleistift und ließ ihn zwischen seinen Fingern kreisen. »Das ist starker Tobak«, sagte er und nickte. »Aber haben wir nicht schon die tollsten Dinge erlebt? Ich meine, ja. Deshalb sollten wir davon ausgehen, dass aus zwei Fällen einer geworden ist.« Er sah Suko an. »Wollen Sie noch nach Heathrow raus?«
»Nein, Sir, das kann ich mir schenken. John wird die Sache schon erledigen.«
»Das hoffe ich auch. Weshalb haben wir denn noch keine Nachricht von ihm?«
»Kennen Sie die Größe des Kanalisationsnetzes?«
»Nein.«
Suko hob die Schultern. »Dann würde ich mir auch keine zu großen Sorgen machen.«
Der Superintendent nickte. »Möglicherweise haben Sie Recht. Wann wollen Sie denn losfahren?«
»Nicht zu spät.«
»Das heißt, Sie möchten sich noch ein wenig in der Hütte oder deren Umgebung umschauen.«
»So ist es.«
»Gut. Wenn John zurück ist, werde ich ihn
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