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0407 - Am Tisch des Henkers

0407 - Am Tisch des Henkers

Titel: 0407 - Am Tisch des Henkers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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entfernt. Früher war die unbefestigte Straße besser zu erkennen gewesen, jetzt war sie von einem dichten Grasteppich bewachsen, auch die sonst tief eingefahrenen Reifenspuren kerbten sich nicht mehr so muldenförmig ein.
    Sie sahen das Haus schon von der Einbiegung aus. Dünne Nebelfäden umschlangen es mit ihrem hellen Grau, und es wirkte wie ein altes Geisterhaus, in dem Gespenster ihren Unterschlupf gefunden hatten.
    »Soll ich stoppen?«
    »Ja.«
    Der Fahrer bremste ab. Clifton und Drinkfield stiegen aus.
    Thompson blieb noch sitzen und zahlte die Rechnung. Er legte ein Trinkgeld hinzu. Danach verließ auch er den Wagen. Die drei alten Männer sahen zu, wie das Taxi gewendet wurde und in Richtung London zurückfuhr. Sie sprachen erst, als sie den Wagen nicht mehr sahen.
    »Da sind wir nun!«, meinte Sir Reginald Clifton mit rauer Stimme und schaute sich um.
    »Suchst du was?«, erkundigte sich Drinkfield.
    »Leroy hatte doch von einem Schutz gesprochen, aber ich kann niemanden entdecken.« Seine Stimme hatte jetzt einen lauernden Unterton. »Man wird uns doch nicht geleimt haben?«
    »Nein, das glaube ich nicht. Außerdem habe ich dem Mann gesagt, dass er sich zurückhalten soll. Gewissermaßen aus einer sicheren Deckung heraus operieren.«
    »Das ist nicht schlecht!«, meinte Arthur Kennon Drinkfield.
    »Wirklich nicht schlecht.«
    Sie machten sich auf den Weg. Drei dunkle Gestalten, die nebeneinander gingen. Einer sogar auf einen Stock gestützt. Relikte aus der Vergangenheit. Menschen, die wirkten, als würden sie zu einem Duell schreiten, das auf einer Wiese stattfinden sollte.
    Der Wind wehte ihnen entgegen und spielte mit ihren Mantelschößen, die er in die Höhe drückte. Nebelfetzen legten sich feucht auf ihre alte Haut. Drinkfields Monokel beschlug. Er ließ es aus der Augenöffnung fallen.
    Sie redeten nicht und sahen sich um. Die anderen Gebäude machten einen heruntergekommenen Eindruck. Der Anbau war längst verfallen. Das Restaurant mit der Veranda davor hatte kein Dach mehr. Nur das älteste Gebäude stand noch. Dort hatten sie sich immer getroffen.
    Der Untergrund war weich und mit dichtem Gras bewachsen, das bereits einen herbstlich trüben Schimmer angenommen hatte. An den Gräsern klebte die Feuchtigkeit. Irgendwo in der Nähe lag ein Froschteich. Das Quaken durchbrach die lastende Stille.
    Von ihrem Beschützer hatten sie nichts gesehen. Ebenso wenig war ihnen der geheimnisvolle Henker begegnet, und die drei Männer kamen sich ziemlich verlassen vor.
    Je mehr sie sich dem Haus näherten, umso zögernder gingen sie.
    Es war eine natürliche Reaktion, die Angst vor dem Unbekannten und nicht Greifbaren steckte ihnen allen in den Knochen.
    »Kommt«, sagte Leroy Thompson. »Es nützt doch nichts, wenn wir zögern.«
    »Da brennt Licht«, sagte Drinkfield plötzlich. Er hatte sein inzwischen wieder blank geriebenes Monokel eingeklemmt und konnte am besten von ihnen sehen.
    »Im Haus?«, fragte Sir Reginald.
    »Wo sonst?«
    »Dann ist er schon da!«, hauchte Leroy Thompson mit Grabesstimme. »Großer Lord, steh uns bei!«
    »An den hätten wir schon damals denken sollen«, erklärte Drinkfield mit seiner Reibeisenstimme. »Ach, ich wollte euch noch etwas sagen. Ich habe übrigens meine alte Dienstpistole mitgenommen. Habt ihr auch eure Waffen?«
    »Nein.«
    »Das ist schlecht. Im Falle einer Gefahr verlasse ich mich lieber auf mich selbst.«
    »Dann kannst du uns ja beschützen«, meinte Sir Reginald Clifton.
    »Man kann Geister nicht mit Kugeln töten«, warf Thompson ein.
    »Wusstet ihr das nicht?«
    »Falls es sie gibt.«
    »Reggi, ich wünschte mir, du hättest Recht.«
    Es waren die letzten Worte, die sie sagten, denn sie hatten das alte Haus erreicht.
    Wie früher auch, blieben sie für einen Moment vor dem Eingang stehen. Nur zog sich dieser Moment in die Länge, denn niemand traute sich so recht, den Anfang zu machen.
    Über der Tür hing noch immer die Laterne. Ihr Glas war zerbrochen. In den viereckigen Eisenzylinder kroch der Nebel wie mit dünnen Fingern hinein. Auch die meisten Fensterscheiben hatten Lücken, durch die der Wind pfiff. Das Holz hatte seine Beize längst verloren. Es sah alt und verwittert aus. Außerdem wirkte es so, als würde es jeden Augenblick unter der Last des noch immer intakten Dachs zusammenbrechen.
    Drinkfield sonderte sich ein wenig ab und schaute durch ein Loch in der Scheibe.
    »Was siehst du?«
    »Nicht viel.«
    »Aber es brennt Licht?«
    »Ja. Zwei

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