0407 - Am Tisch des Henkers
nistete die tiefe Finsternis, als wäre sie dahingemalt worden.
Und die Schritte wurden lauter.
Ein Beweis dafür, dass sich der Unbekannte näherte. Es konnte nur der Henker sein, denn keiner der drei glaubte, dass sich ihr Bewacher, von dem sie bisher nichts gesehen hatten, zeigen würde.
Und dann war er da.
In der Nische zeichnete sich schemenhaft eine Gestalt ab. Sie bewegte sich, als sie die Nische verließ, und die Schrittfolge nahm einen völlig anderen Klang an.
Er kam.
Nackt war sein Oberkörper. Über seinen Kopf hatte er die übliche rote Kapuze gestreift, die nur die Schlitze für seine Augen freiließ.
Wie kleine Hügel stachen die Muskeln an den Oberarmen hervor.
Seine Hände waren breit und kräftig, ebenso wie die Finger.
So kam er näher.
Der Henker aus Indien, der längst hätte tot sein müssen, jetzt aber Genugtuung forderte.
Den drei Männern trat allmählich der Angstschweiß auf die Stirn, während sie mit furchtsamen Blicken der unheimlichen Gestalt entgegenschauten.
***
Es hielt sich noch jemand im Gasthaus auf. Nur war der von den drei Ankömmlingen nicht entdeckt worden.
Dieser Jemand war Suko, und er hatte die Strecke bis zu seinem Ziel im Sattel der Harley zurückgelegt, die Maschine aber so versteckt, dass sie nicht entdeckt werden konnte.
Wie eine Katze um den heißen Brei war Suko um das Haus geschlichen. Als er nichts Verdächtiges fand, war er in das leere Gasthaus gegangen, hatte es durchsucht, zwar einen Keller gefunden, aber den hatte man zugeschüttet.
Zumindest die nach unten führende Treppe. Suko hätte sich gern in den Räumen versteckt. Da dies nicht möglich gewesen war, musste er sich einen anderen Platz suchen, wo er nicht so schnell entdeckt werden konnte, und da war ihm die zweite, nach oben führende Treppe gerade recht gewesen.
So hatte Suko die weichen Holzstufen erklommen und sich dort oben verborgen.
Er musste in einer alten Wohnung gelandet sein, denn dort gab es mehrere Zimmer. In einem standen noch alte Möbel. Ihr Holz war weich und faulig geworden.
Nur noch wenig Glas steckte in den Rahmen der kleinen Fenster.
Draußen hatte sich der erste Abendnebel gebildet, und seine langen Streifen krochen in die Wohnung.
Vom Henker hatte Suko keine Spur entdeckt und auch keine Abdrücke auf dem Boden.
Vielleicht war er noch nicht eingetroffen, obwohl sich der Inspektor dies schlecht vorstellen konnte.
Und so wartete er.
Er hatte sich einen Platz an der Vorderseite des Hauses ausgesucht. Dicht neben einem Fenster saß er auf einem wackligen Stuhl und blickte in die Richtung, aus der die drei Männer kommen mussten.
Eine Viertelstunde verging, ohne dass sich etwas getan hätte. Die Kühle nahm zu, der Nebel auch, und seine langen, grauen Arme trieben wie durchlöcherte Kleiderfetzen über die breite Wiese vor dem Haus.
Als noch weitere zehn Minuten herum waren, sah der Inspektor einen düsteren Schatten, der sich bewegte und schließlich stoppte.
Es war ein Auto, ein Londoner Taxi. Aus ihm stiegen die drei Männer, die erst zum Haus gingen, nachdem das Taxi weggefahren war.
Sie gingen sehr langsam, als hätten sie jetzt schon Angst, vom Henker überrascht zu werden.
Suko musterte die drei lange und schüttelte den Kopf. Nein, rüstig waren sie alle nicht mehr. Wahrscheinlich nur verbohrt. Sie gehörten zu den Menschen, die ihre Ansichten auch dann nicht änderten, wenn vierzig Jahre vergangen waren.
Einer von ihnen musste sich auf einem Stock abstützen. Er ging krumm. Sein kahler Kopf glänzte wie eine Kugel. Aber die Nebelfetzen, die ihn umgaben, waren sicherlich kein Heiligenschein. Die drei Männer hatten eine schwere Schuld auf sich geladen. Jetzt wollten sie sich stellen. Sie hätten es nie freiwillig getan, sie waren unter Druck gesetzt worden. Und Suko dachte daran, welch brutales Verbrechen diese drei alten Menschen auf dem Kerbholz hatten.
Es war für ihn nicht zu fassen. Er konnte sich einfach nicht in ihre Lage hineinversetzen, und er hätte sicherlich nicht so gehandelt wie die drei.
Der Chinese zog sich etwas zurück. Dabei erinnerte er sich an die mahnenden Worte, die ihm Sir James mit auf den Weg gegeben hatte. Nur keine persönlichen Gefühle mit in den Fall hineinbringen.
Alles nur cool sehen, sonst verlor man den Überblick oder ging vor die Hunde.
Sie waren nicht sehr schnell gegangen, durchaus verständlich in ihrer Situation, und Suko, der nicht mehr aus dem Fenster sah, hörte sie nur noch.
Sie blieben vor der Tür
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