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0407 - Am Tisch des Henkers

0407 - Am Tisch des Henkers

Titel: 0407 - Am Tisch des Henkers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
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besonders Thompson, der sich in seiner Meinung bestätigt sah.
    Es gab ihn also, diesen Henker.
    Und Thompson spürte die Furcht. Sie lag kalt in seinem Innern und drückte das Herz zusammen. Er hatte den Anfang gemacht, auch damals in Indien. Und bei ihm hatte die Rache begonnen.
    Der Henker sprach. Er saß so, dass er alle drei in seinem Blickfeld hatte. Wenn er jemanden anschauen wollte, brauchte er nur seine Augen zu bewegen, nicht den Kopf.
    »Ich danke euch, dass ihr gekommen seid!«
    Es waren seine ersten Worte. Sie klangen so, als würden sie von einem alten Tonband ablaufen, und die drei Männer wollten es kaum glauben. Der Henker dankte ihnen.
    Sir Reginald griff zur Flasche. Jetzt hinderte ihn niemand, einen Schluck zu trinken. Als er den Flachmann ansetzte, sprach der Henker seinen zweiten Satz. »Du hast schon damals am meisten von allen gesoffen, Clifton, und ich wundere mich, dass du überhaupt noch lebst. Es freut mich dennoch, so kannst du zusammen mit den anderen meine Rache genießen.«
    Clifton trank nicht. Dass er persönlich von dem Unheimlichen angesprochen worden war, jagte ihm einen Schock durch den Kopf.
    Er öffnete die Faust, die Flasche rutschte an der Handfläche entlang und fiel auf den Boden, wo sie umkippte. Der Whisky rann hervor.
    Er bildete eine lang gezogene Lache.
    Drinkfield räusperte sich. Er versuchte krampfhaft, Haltung zu bewahren. Ihm gelang es als Einzigem. Nur das Monokel in seinem rechten Auge zitterte ein wenig. »Ich weiß gar nicht, was Sie von uns wollen. Wer sind Sie überhaupt?«
    Die anderen beiden waren froh, dass Drinkfield den Henker angesprochen hatte. So waren sie wenigstens aus dem Spiel.
    »Ich bin euer Henker!«
    Arthur lachte militärisch kurz, wie man es von ihm kannte. »Das ist gut. Aber es stimmt nicht. Der Henker von damals ist tot.«
    »Ich bin es auch!«
    Nach dieser Antwort zuckten auch die beiden anderen zusammen. Ein Toter, der lebte? Das konnte doch nicht sein! Das war Unsinn, widersprach allen Regeln.
    Sie warteten auf die weiteren Erklärungen des Mörders, und die folgten auch. »Ich habe überlebt, ich, der Mörder und Henker. Ich habe für euch getan, was ihr von mir verlangt habt. Ich tötete die Aufständischen, die Rebellen, die Verbrecher. Die Hinrichtungen waren bekannt. Ihr habt zugeschaut. Ich sehe euch noch auf der Veranda des Clubs sitzen, Whisky trinken, und höre euch lachen. Es machte euch Spaß, die Menschen sterben zu sehen, denn ihr habt die Macht gehabt. Die königliche Familie hat euch mit der Macht ausgestattet, der König persönlich, aber er hat nicht gewusst, welche Sadisten und Unmenschen er nach Indien schickte.«
    »Es war Krieg!«, verteidigte sich Drinkfield.
    »Ja, es war Krieg, aber ihr habt euren eigenen Krieg gemacht, ihr Sadisten. Ich war der Henker, ich wurde aus England nach Indien verbannt. Ihr habt mir die Kapuze gegeben, damit es schauriger wirkte. Ich habe euch gehorcht, und ich habe nicht gezählt, wie viele Leichen es waren.«
    »Dann bist du gestorben!«, flüsterte Sir Reginald rau. Er streckte vorsichtig einen Arm aus und legte die Hand auf die Schulter des Henkers, als wollte er prüfen, ob die Gestalt echt war.
    Die Finger zuckten zurück. »Kalt!«, flüsterte Sir Reginald. »Du bist so verdammt kalt.«
    »Ich bin tot.«
    »Nein, du lebst doch!«
    »Als Untoter.«
    »Ein Zombie?«, hauchte Leroy Thompson.
    »Ja, so sagt man. Ich tötete für euch, und meine Seele starb. Ich hatte kein Gewissen mehr, wenn ich in den Blutrausch geriet. Ich muss euch ein Kompliment machen. Ihr habt euch in mir den Richtigen ausgesucht, aber heute werde ich euch die Rechnung präsentieren, denn es passierte damals etwas, das ich nicht vorhersehen konnte.«
    »Meinst du das Mädchen?«, fragte Thompson.
    »Ja, die kleine Mari.«
    »Sie ist vergessen.«
    »Nein, mit ihr begann es. Und wegen ihr präsentiere ich euch heute die Rechnung. Wer einen Beruf hat wie ich, der kommt irgendwann einmal darauf, dass es einen Teufel gibt. Ja, es gibt das Böse, nicht nur im Menschen, auch so. Und dieses Böse, dieser Teufel, setzte sich mit mir in Verbindung. Er merkte, dass ich ein Mensch war, mit dem er leichtes Spiel haben würde, und er hatte sich nicht geirrt. Ich stellte mich auf seine Seite, doch dann kamt ihr mit Mari.«
    Wieder wollte Thompson widersprechen. Drinkfields Blick aber mahnte ihn zur Ruhe.
    Der Henker redete weiter. »Ihr brachtet das Mädchen mit. Sie sollte euch das Haus in Ordnung halten und euch dienen.

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