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0408 - Der Gespenster-Galgen

0408 - Der Gespenster-Galgen

Titel: 0408 - Der Gespenster-Galgen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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und einen anderen Weg einzuschlagen. Es war in der Lage, Mercier von der Kontrolle zu befreien. Er mußte nur den Impuls finden, die Erkenntnis, wie er dieses Potential für sich und seine Befreiung nutzen konnte…
    Dann kam die Ablenkung.
    Er war beschäftigt, konnte sich nicht auf sich selbst und die bizarre Szenerie um ihn herum konzentrieren. Das nutzten die Schatten aus.
    Diesmal kümmerten sie sich gleich zu dritt um ihn.
    Alles war so weit gediehen, daß es nun nicht mehr in Frage gestellt werden durfte.
    ***
    Zamorra ging sofort zum Angriff über. Im Moment des Aufwachens war ihm klar, daß es ihm an den Kragen gehen sollte, und der Überlebenswille beschleunigte seine Reflexe. Er überlegte nicht erst lange. Seine Schrecksekunde wurde auf Null reduziert. Er drehte sich und brachte Mercier mit einer Beinschere zu Fall. Sofort rollte er sich auf den Reporter und holte aus, um ihn mit einem wohldosierten Handkantenschlag zu betäuben. Bewegungen, Handgriffe, Hiebe, die ihm in jahrelangem Training in Fleisch und Blut übergegangen waren und die er selbst im Schlaf noch beherrschte…
    Aber der Reporter wich aus. Zamorra traf den Grasboden. Im nächsten Moment wurde er zur Seite geschleudert. Der Reporter versetzte ihm einen Tritt. Zamorra stöhnte auf und krümmte sich auf dem Boden zusammen. Der Tritt hatte eine Körperstelle erwischt, die schon während des Transportes im Kofferraum durch das Hin- und Herschleudern in Mitleidenschaft gezogen worden war.
    Zamorra registrierte, daß er rundum voller blauer Flecken sein mußte. Er sah, daß Mercier, der Fallensteller, sein Feind war, und daß er ihn töten würde, wenn Zamorra ihn nicht daran hinderte. Als Mercier wieder zutrat, packte Zamorra das Bein des Reporters mit beiden Händen und drehte es. Mercier brüllte auf. Er mußte der aufgezwungenen Rollbewegung folgen und geriet damit in Nachteil. Zamorra hechtete sich über ihn und schlug zu, aber diesmal traf er auch wieder nicht richtig.
    Mercier stöhnte und erwischte Zamorra abermals mit einem Schlag auf einen der vielen blauen Flecken. Dazu brauchte er gar nicht besonders zu zielen. Die lädierten, schmerzenden Stellen waren überall.
    Zamorra sah aus den Augenwinkeln Schatten, die sich bewegten. Die Killerschatten… das Amulett! Wo war es? Fort? Er mußte es mit einem magischen Befehl zu sich rufen…
    Höchstens eine Sekunde lang war er abgelenkt gewesen. Diese Sekunde reichte Mercier. Schlagartig wurde es wieder Nacht um Zamorra. Bewußtlos brach er zusammen.
    ***
    Mercier richtete sich auf. Er war verwirrt. Die rasende Reaktion Zamorras hatte ihn überrascht, und er wunderte sich jetzt, daß er ihn tatsächlich hatte besiegen können. Dieser Parapsychologe, den er für einen seltsamen Wissenschaftler gehalten hatte, war ein ausgezeichneter Kämpfer. Ein gefährlicher Mann… alles andere als ein Akademiker, der nichts als seinen Schreibtisch kannte und seine Kriege mit Papier und Schreibmaschine führte…
    Mercier schloß die Augen.
    Er hörte Stimmen. Als er wieder aufblickte, sah er nicht nur einen der Schatten unmittelbar neben sich, sondern gleich drei. Er hatte zwei weitere Freunde gewonnen. Sie waren ihm dankbar, daß er den gefährlichen Feind ausgeschaltet hatte, und sie teilten ihm ihre Dankbarkeit mit. Er taumelte, aber sie stützten ihn. Sie ordneten die Verwirrung in seinem Geist wieder zu logischen Bahnen.
    So gute Freunde wie sie hatte er nie besessen.
    Er sah wieder zu den anderen.
    Ihre Stimmen hörte er. Immer noch umtanzten sie den Galgen. Sie sangen in einer Sprache, die Mercier noch nie in seinem Leben gehört hatte, und in einer dumpfen Tonlage, die er für ein paar Sekunden als bedrohlich empfand. Aber dann sah er wieder seine drei schemenhaften Freunde vor sich, und ihm war klar, daß seine Empfindung falsch sein mußte. Es war ein schöner Gesang, den er vernahm, denn seine Freunde würden doch niemals etwas tun, das bedrohlich und böse war.
    Auch das, was mit Zamorra zu geschehen hatte, war nicht böse. Es war nur eine Notwendigkeit.
    Sein Zeitgefühl hatte sich verändert. Es war anders geworden, viel langsamer. Dessen war er sich sicher, aber es störte ihn nicht.
    Ein schmaler Lichtstreifen zog sich im Osten über den Horizont. Der neue Tag brach an.
    Mercier bückte sich, zerrte Zamorra hoch und versuchte, ihn sich über die Schulter zu laden wie einen Sack. Aber er schaffte es nicht. Da schleifte er ihn einfach über das feuchte Gras hinter sich her.
    Auf den Galgen

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