041 - Der Satanskult
der Mini-Cooper. Betsy stieg aus dem Wagen und kam mit schnellen Schritten auf das Haus zu. Sie war eine Frau von dreißig Jahren, wirkte ein wenig füllig und sinnlich. Jetzt trug sie einen einfachen Trenchcoat und ein Kopftuch. Betsy klingelte stürmisch und anhaltend, wie es ihre Art war.
»Wie, noch nicht angezogen?«, fragte sie, als Jean öffnete.
»Ich brauche mir nur noch den Mantel überzuwerfen«, antwortete Jean, »aber weißt du, Betsy, ich … Also, ich würde wohl doch lieber …«
»Willst du aussteigen, Schätzchen?«
»Ich weiß nicht recht, Betsy.«
»In ein paar Stunden denkst du anders darüber. Dann weißt du überhaupt nicht mehr, was Angst ist.«
»Geht da auch wirklich alles sauber zu?«
»Mein Wort darauf, Liebes«, versicherte Betsy. »Aber beeil dich jetzt, sonst werden wir nicht mehr eingelassen.«
Um weitere Fragen abzuschneiden, langte Betsy nach Jeans Mantel und legte ihn über die Schultern ihrer Freundin. Mit sanfter Gewalt drängte sie Jean nach Draußen.
Nach etwa einer Viertelstunde erreichten sie ein Backsteinhaus in einer Durchgangsstraße. Als die beiden Frauen ausstiegen, sah Jean sich vergeblich nach einem Hinweisschild auf den Klub um.
Betsy übernahm die Führung. Sie ging durch einen schmalen Torbogen in den Hinterhof, drückte eine Seitentür auf und folgte dem trüben Licht einiger Glühlampen. Jean schloss dicht zu Betsy auf. Sie hatte Angst. Diese Angst war es, die sie daran hinderte, sich umzudrehen und zurück zur Straße zu laufen.
Eine weitere Tür, dann eine Steintreppe, die in den Keller führte. Auch hier nur sehr wenig Licht. Dann eine Tür, vor der Betsy stehen blieb. Sie klopfte in einem bestimmten Rhythmus. Die Tür öffnete sich, und Betsy zeigte eine Art Jeton aus schwarzem Kunststoff vor. Sie wurden eingelassen.
Jean fühlte sich gar nicht wohl in ihrer Haut, als sie von dem Mann an der Tür prüfend gemustert wurde. Seine Augen gefielen ihr nicht. Sie blickten aufdringlich und frech. Der Mann trug einen weiten, schwarzen Umhang in der Art einer Mönchskutte. Auf dem Stoff entdeckte Jean Symbole, mit denen sie nichts anzufangen wusste.
»Nun komm schon!«
Betsy betrat einen kleinen Raum, der als eine Art Garderobe hergerichtet war. Sie kümmerte sich nicht weiter um ihre Freundin und entkleidete sich mit einer solchen Selbstverständlichkeit, dass es Jean die Sprache verschlug. Aus einem Wandschrank holte Betsy eine schwarze Kutte hervor, die an den Seiten weit geschlitzt war und ihre Oberschenkel zeigte.
»Worauf wartest du denn noch?« Betsy hatte sich umgedreht und sah Jean gereizt an. »Nun hab dich nicht so! Das ist eben unsere Klubkleidung. Nun mach doch endlich!«
»Ich soll mich ausziehen?« Sie war gewiss nicht prüde, aber das hier ging ihr doch zu weit.
»Ja, natürlich. Und dann rein in die Kutte. Du wirst dich wunderbar fühlen.«
»Da mache ich nicht mit.«
»Ich werde so lange wegsehen.«
»Darum geht es doch gar nicht.«
»Hörst du? Sie fangen schon an!«
Betsy wirkte sehr aufgeregt, als der Klang eines dunklen Gongs zu hören war. Nervös zerrte sie am Trenchcoat ihrer Freundin, knöpfte ihn auf. Sie riss ihn von Jeans Schultern, nestelte am Rockverschluss herum und machte den Reißverschluss auf. Sie achtete überhaupt nicht auf Jeans abwehrende Hände.
Die Tür öffnete sich. Eine andere Frau erschien. Sie war groß und stattlich, nickte Betsy und Jean zu und beeilte sich mit dem Auskleiden. Die Frau war schon sehr aus der Form geraten, wie Jean mit einem schnellen Seitenblick feststellte.
»Neu hier, nicht wahr?« Sie baute sich vor Jean auf und lächelte ihr beruhigend zu. »Nur keine Angst! Es wird Ihnen bestimmt gefallen. Ich komme zu jedem Klubabend. Warten Sie! Ich werde helfen.«
Jean war wie betäubt, während sie aus ihren Kleidern geschält wurde. Bevor sie Scham empfinden konnte, stülpte Betsy ihr schon die schwarze, weite Kutte über den nackten Körper.
»Warte, bis der Stoff warm wird!«, sagte Betsy glucksend und jetzt zufrieden wirkend. »Dann hast du das Gefühl, als ob tausend Hände dich streicheln würden.«
Der Untote neben ihm sah wie ein gewöhnlicher Sterblicher aus. Nur ein Eingeweihter hätte von dem bleichen und blassen Gesicht ablesen können, dass Cohens Begleiter aus dem ruhelosen Zwischenreich kam. Er saß neben Cohen im Wagen und machte einen apathischen und abwesenden Eindruck.
Cohen hielt vor einer Telefonzelle, stieg aus und wählte die Nummer der Villa. Schon nach wenigen
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