041 - Die Tür mit den 7 Schlössern
zweimal. Wollen Sie seine Briefe sehen?«
»Ja«, sagte Dick rasch.
Sie verließ das Zimmer. Dick blätterte in dem Buch. Als Mrs. Lansdown wiederkam, brachte sie einen Kasten aus Ebenholz mit. Er enthielt eine Anzahl von Briefen in buntem Durcheinander. Sie sortierte sie und legte ihm schließlich ein Schreiben vor, das die Adresse eines Berliner Hotels trug.
Lord Selford schrieb:
Du hast so lange Jahre nichts von mir gehört, daß ich mich jetzt fast schäme, Dir zu schreiben. Aber es ist nie zu spät, begangenes Unrecht wiedergutzumachen, und da ich weiß, daß du altes Porzellan sammelst, habe ich einen altdeutschen Porzellankrug aus dem 15. Jahrhundert, den ich hier bei einem Antiquar entdeckte, an Dich abgeschickt. Er wird mir hoffentlich Dein volles Verzeihen für all meine Versäumnis sichern.
Herzlich Dein Pierce
Die Handschrift war Dick bekannt; es war unverkennbar die gleiche, in der die Briefe an Havelock geschrieben waren.
»Hier ist der zweite Brief«, sagte Mrs. Lansdown.
Er zeigte ein Datum des verflossenen Jahres und war in Colombo gestempelt.
Ich bin tief bekümmert über den großen Verlust, der Dich betroffen hat. Kann ich irgend etwas für Dich tun? Du brauchst nur über mich zu verfügen. Bitte, geh zu Havelock und zeige ihm diesen Brief. Ich habe ihm bereits geschrieben. Er hat Anweisung, Dich in jeder Weise und mit jeder Summe zu unterstützen. Mir selbst geht es gut. Seitdem ich den Plan gefaßt habe, ein Buch zu schreiben, lebe ich intensiver, und meine Reisen bereiten mir einen doppelten Genuß.
Dick fragte nicht, welcher Art der Kummer gewesen war, der Mrs. Lansdown betroffen hatte. Er erriet es aus ihrer Kleidung.
Mrs. Lansdown trauerte noch immer in tiefstem Schwarz um ihren Gatten.
»Ich habe von Lord Selfords Angebot keinen Gebrauch gemacht, obwohl mir Havelock schrieb und sehr liebenswürdig seine Hilfe anbot. Ich weiß nicht ...«, Mrs. Lansdown zögerte, ». ich spürte immer eine dumpfe Warnung in mir, wenn der Name Selford in mein Leben hineinklang. Mit dem größten inneren Widerstreben, und nur weil es eine willkommene Abwechslung in ihrem eintönigen Leben war, ließ ich Sybil nach Madeira reisen.«
Eine Pause entstand. Dick nagte an seinen Lippen. Mrs. Lansdown sah ihn ruhig an.
»Können Sie mir jetzt eine Erklärung geben?« fragte sie.
Dick schwieg.
Da stand Sybil auf und legte der Mutter leicht die Hand auf die Schulter.
»Wir wollen Mr. Martin auch ohne Erklärung vertrauen.« Sie heftete ihren klaren Blick auf ihn. »Mr. Martin, meine Mutter und ich sind bereit, London zu verlassen, wann immer Sie es wünschen. Bestimmen Sie ganz über uns!«
»Ich danke Ihnen«, sagte er leise. Als er bald darauf gehen wollte, fiel ihm noch etwas ein. »Kennen Sie Staletti?«
Mrs. Lansdown schüttelte den Kopf.
»Oder vielleicht Mr. Cody?«
Mrs. Lansdown zog die Brauen zusammen und suchte in ihrem Gedächtnis.
»Ich höre den Namen zum erstenmal«, sagte sie endlich.
13
Als Dick ins Freie trat, überlegte er einen Augenblick und schlug dann die Richtung zum Bedford Square ein. Während des Gehens beschlich ihn ein seltsames Gefühl. Vorsichtig wandte er den Kopf. Auf dem gegenüberliegenden Bürgersteig hielt in einiger Entfernung ein Unbekannter gleichen Schritt mit ihm. Ein zweiter Spaziergänger folgte in einigem Abstand. Am Bedford Square wartete ein leeres Taxi auf Fahrgäste; der Chauffeur winkte Dick eifrig heran. Eine solche Bemühung stand in so auffälligem Gegensatz zu der gewohnten Gleichgültigkeit der Taxifahrer, daß Dick sofort Gefahr witterte. Er tat, als bemerkte er die Einladung nicht. Auf offener Straße konnte er zur Not mit mehreren Angreifern fertig werden, im geschlossenen Auto nicht. In diesem Augenblick näherte sich ihm ein zweites unbesetztes Auto. Eine Handbewegung brachte den Fahrer an seine Seite. Er stieg ein und ließ sich zum Bahnhofshotel fahren. Die Fensterscheibe im Fond des Wagens gestattete einen Blick auf die Straße. Dick spähte unauffällig hinaus. Der Chauffeur, der ihn soeben angerufen hatte, setzte seinen Wagen in Bewegung und folgte. Kein Zweifel, Verfolger waren auf seiner Spur!
Als Dick unter dem Portal des Hotels sein Auto bezahlte, sah er den zweiten Wagen in einiger Entfernung halten. Zwei Männer entstiegen ihm. Dick betrat das Hotel, ließ sich ein Zimmer geben und fuhr im Lift hinauf. Er durchschritt einen Gang und eilte auf einer Seitentreppe hinab, die unmittelbar auf den Bahnsteig mündete. Eben wollte ein
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