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041 - Die Tür mit den 7 Schlössern

041 - Die Tür mit den 7 Schlössern

Titel: 041 - Die Tür mit den 7 Schlössern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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nicht logisch denken kann, dafür aber in seiner Leibesentfaltung ein um so vollkommeneres Glied der species humana darstellt. Er behauptet, daß die Menschen zehn Fuß hoch und von der Kraft vorweltlicher Riesen wären, wenn alle Lebensenergie, die heute vom Gehirn absorbiert wird, sich auf Muskel- und Knochenaufbau konzentrierte. Damals hat er sich mit Tierexperimenten begnügt. Es scheint, daß er inzwischen zu edlerem Material übergegangen ist. Das aber schwöre ich Ihnen, daß ich den Kerl lebenslänglich ins Zuchthaus bringe, wenn ich in seinem Hause einen erwachsenen Menschen finde, der das Abc nicht hersagen kann!«
    Dick verließ Scotland Yard durch den Ausgang nach Whitehall. Das Auto, das vom Bahnhof herangerufen worden war, mußte ihn im Regent Park absetzen. Auf Umwegen näherte er sich seiner Wohnung. Er wußte, daß der Pförtner um diese Zeit schon schlafen gegangen war. Trotzdem vermied er den Vordereingang. Er wählte den Weg durch die Garagen und betrat durch die Hoftür das Haus. Er stieg schnell die Treppen hinauf und öffnete so geräuschlos wie möglich seine Wohnungstür, die er sorgfältig von innen verriegelte. Dann ging er von Zimmer zu Zimmer, drehte alle Lichter an und durchsuchte jeden unbeleuchteten Winkel. Er fand nichts Verdächtiges. Alles war, wie er es verlassen hatte.
    Er hatte am Abend die schweren Vorhänge so sorgfältig vor die Fenster gezogen, daß kein Lichtstrahl nach außen dringen konnte. Auch die Jalousie in der Küche hatte er herabgelassen. Wer auch von draußen seine Wohnung beobachten mochte, nichts würde ihm die Anwesenheit des Besitzers verraten.
    Als er den Ankleideraum aufschloß, um seine Hausjoppe herauszunehmen, erinnerte er sich schaudernd daran, daß zwischen diesen engen Wänden Lew Pheeneys letzte Atemzüge verhaucht waren. Was mochte Lew in den Gräbern der Selfords gesehen haben, welche Totenkammer hatte er in dieser unheimlichen Gruft öffnen sollen, in der die Sünden, die Leidenschaften und Laster der Selfords ebenso zu Asche geworden waren wie ihre ehrgeizigen Träume und hochfliegenden Pläne?
    Er braute sich einen Kaffee und trug einen der sechs Sammelbände, die an diesem Nachmittag eingetroffen waren, auf den Mitteltisch. Die »London Gazette« ist nicht ganz so unterhaltend wie die neueste Revue, aber Dick fand diese Blätter, die von Schreckensnachrichten und Sensationsprozessen strotzten, so aufschlußreich, daß es zwei Uhr schlug, als er sich endlich erhob, um in sein Schlafzimmer zu gehen.
    Als er sich entkleidet hatte, drehte er das Licht aus, schlug die Vorhänge des Fensters beiseite, öffnete leise einen Flügel und blickte hinaus. Der abnehmende Mond schwamm am wolkenlosen Himmel. Als Dick den Vorhang zurückfallen ließ, bewegte ihn ein sanfter Wind, so daß ein Mondstrahl den Weg durchs Zimmer fand und steil auf die gegenüberliegende Wand fiel, seine Gestalt mit jedem Wehen des Vorhangs verändernd. Dick legte sich aufatmend in den Kissen zurecht und fiel bald danach in traumlosen Schlummer.
    Langsam wanderte der Mondstrahl über die Wände, bis er die weißlackierte Tür traf. Da schreckte Dick plötzlich aus dem tiefen Dunkel zu völliger Wachheit auf. Was hatte ihn geweckt? Der Schimmer des Mondes? Das Wehen des Vorhangs? Er wußte es nicht. Aber sein Instinkt warnte ihn vor einer Gefahr, die in der Finsternis der Nacht auf ihn lauerte. Er lag auf der linken Seite, der Tür gegenüber, deren Messinggriff er deutlich im Mondlicht schimmern sah, und dieser Griff - nein, es war keine Täuschung seines schlaftrunkenen Hirns, sondern drohende Wirklichkeit - bewegte sich auf ihn zu. Während er mit weitgeöffneten Augen wie hypnotisiert auf die Tür starrte, die plötzlich kein totes Stück Holz mehr war, sondern ein unheimliches Wesen mit selbsttätiger Willensfunktion, schob sich in sein Blickfeld, schauerlich klar im bleichen Mondlicht, eine menschliche Hand. Nur eine Hand! Doch sie war von einer Form und Art, daß ihr Anblick ihm eisige Schauer über den Rücken jagte. Die langen, kräftigen Finger griffen wie die Fangarme eines Tintenfisches durch die Türritze unaufhaltsam nach innen.
    Da gab sich Dick einen gewaltigen Ruck und ließ sich aus dem Bett auf den Boden rollen. In der gleichen Sekunde sprang eine große, schwere Gestalt von riesigen Ausmaßen auf das Bett und stieß einen gutturalen Schrei aus, der nichts vom Menschen und nichts vom Tier hatte. In dem Augenblick, als er auf den Boden aufprallte, schoß Dicks linke

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