041 - Die Tür mit den 7 Schlössern
liegen seine Verbrechen außerhalb aller Gesetze oder auf einer Linie, die jeden Erfahrungskreis durchbricht.
Dick wußte jetzt, daß er im Kampf mit gleichwertigen Gegnern lag und daß er mit gewöhnlichen Mitteln nie zum Ziel kommen werde. Er konnte nur auf die Gerechtigkeit des Schicksals hoffen, die früher oder später jeden Schädling erreicht.
Er war bis auf die Haut durchnäßt, als er das Haus erreichte. Kleine Bäche rannen an ihm herab. Trotzdem wollte er von einem weiteren Aufenthalt nichts wissen, und Sybil mußte sich ihm fügen.
»Haben Sie nach dem geheimnisvollen Waldschrat gesucht? Ich denke, er war nur ein Gespenst Ihrer Einbildung?« fragte Havelock, der seinen Gleichmut wiedergefunden hatte.
»Nicht ganz«, sagte Dick. »Seine Spuren habe ich gefunden, ihn selber nicht.«
»Ob er verwundet war?« wollte Sybil wissen, und ihre Stimme zitterte voller Teilnahme.
»Schwer keinesfalls«, beruhigte sie Dick. »Höchstens kann ihn meine Kugel gestreift haben.«
»Hätten Sie ihn doch umgebracht«, sagte Havelock mit jäher Wut, »dann gäbe es sicher einen Bösewicht weniger auf der Welt.« Er hatte sich den Regenmantel des Verwalters geborgt. In seine Ecke gedrückt, schloß er erschöpft die Augen und wachte nicht eher auf, als bis das Auto vor seinem Hause hielt.
Das Gewitter hatte sich verzogen, aber das Wetter war umgeschlagen. Die Luft war rauh und kühl.
Sybil machte sich Gedanken, Havelock zu dem mißglückten Ausflug verleitet zu haben, und entschuldigte sich bei ihm.
Er wehrte gutmütig ab.
»Sehen Sie sich Mr. Martin an«, sagte er, »an ihm ist kein trockener Faden. Ich habe es unter diesem Mantel noch verhältnismäßig warm gehabt. Überdies ist es ganz gut, daß ich mich mit eigenen Augen von den dunklen Machenschaften überzeugt habe, die augenscheinlich im Gange sind; nur fürchte ich, das, was wir sahen, ist nichts, verglichen mit dem, was unseren Blicken entging.«
»Mein Gott«, sagte Sybil leise, »Sie machen mir angst.«
Havelock schüttelte den Kopf.
»Das will ich nicht, Miss Lansdown, aber wenn mich nicht alles täuscht, ist unserem gemeinsamen Freund« - er sah Dick an, der die Hand unbewegt am Steuer hielt - »eine sehr bedenkliche Entdeckung gelungen.«
Er nickte ihr zu, reichte beiden die Hand und eilte rasch ins Haus.
Dick war mit dem Wenden des Wagens beschäftigt, was bei der schlüpfrigen Nässe des Fahrdamms nicht ohne Schwierigkeiten war, und Sybil wagte nicht, die Frage an ihn zu richten, die ihr auf der Zunge brannte.
In der Coram Street trennten sie sich. Er mußte Sybil versprechen, gleich nach seiner Heimkehr ein heißes Bad zu nehmen und die Kleider zu wechseln. Nichts tat er lieber; denn sein Badezimmer schwebte ihm schon seit Selford wie ein Dorado für Götter vor. Er hatte kaum das ersehnte Bad daheim genommen, da rief er schon Inspektor Sneed an.
»Es tut mir leid, wenn ich Sie in Ihrem Nickerchen gestört habe, aber ich muß Sie bitten, sogleich zu mir zu kommen. Ich habe einen ganzen Sack voll Neuigkeiten für Sie.«
Sneed grunzte unzufrieden; nach einer Weile gab er aber seine Zustimmung zu erkennen, und bald darauf läutete er an Dicks Tür. Er wankte erschöpft durch die Diele, steuerte ins Arbeitszimmer und ließ sich mit einem Aufatmen in den ersten besten Ledersessel fallen.
»Ich habe den Haussuchungsbefehl gegen Staletti. Die Sache steigt heute abend um zehn.«
»Haben Sie nicht die Polizei in Sussex auf elf Uhr fünfzehn bestellt?« fragte Dick mit ungeheucheltem Erstaunen.
»Mein Gott, ja, was soll man sonst tun, um sich die Provinzler vom Hals zu halten? Viele Köche verderben den Brei. Aber nun schießen Sie los! Sie haben die merkwürdige Eigenschaft, jeden Tag ein neues Kapitel Ihres Romans zu erleben.«
Er lauschte mit geschlossenen Augen und öffnete sie nur einmal, als Dick von der Strickleiter sprach, die er an seiner Balkonbrüstung entdeckt hatte.
»Lew Pheeney«, sagte er kurz.
Dick nickte und fuhr dann fort, von seinem Besuch in der Familiengruft zu erzählen. Da richtete Sneed sich auf.
»Jemand anders hat einen Schlüssel zum Tor«, sagte er langsam. »Und einen Schlüssel zum einundzwanzigsten Grabe«, setzte er hinzu.
Er strich sich mit der Hand übers Gesicht.
»Sieben Schlösser«, sann er, »sieben Schlüssel! Zwei haben Sie. Wer hat die fünf anderen? Könnte man alle Schlüssel herbei, schaffen, das Rätsel wäre gelöst ... oder noch besser, man wartet |nicht, man sprengt die Tür gleich
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