041 - Die Tür mit den 7 Schlössern
Vorwand für einen zweiten Besuch in der Bibliothek, und das erfüllte ihn mit Befriedigung.
»Und jetzt, Tommy«, begann er ohne überflüssige Vorbereitung, und seine Stimme hatte einen gebietenden Klang, »zu Ihnen! Ist Staletti Ihr Freund?«
»Er ist mein Arzt!« sagte Tommy Cawler schlagfertig.
Seine blauen Augen hatten einen fröhlichen Blick. Dick stand mit ihm auf gutem Fuße. Er war eines jener wenigen ›Opfer seines Berufs‹, für die er eine ehrliche Sympathie hatte. Tommy Cawler war ein berüchtigter Autodieb, ein Meister in seinem Fach, der mit fröhlichster Selbstverständlichkeit von jedem unbehüteten Auto Besitz ergriff. Zwei von seinen Verurteilungen waren Dicks Werk und das Resultat mühevoller Arbeit gewesen.
»Ich bin jetzt in fester Stellung«, brüstete sich Tommy. »Ich bin Chauffeur bei Mr. Bertram Cody. Als ich das letzte Mal hochging, habe ich allen krummen Wegen abgeschworen, und es geht auch auf einem geraden sehr gut!«
»Wo wohnt Mr. Cody, wenn er zu Hause ist?« fragte Dick etwas ungläubig.
»Weald House. Es ist nur eine halbe Stunde von hier. Wenn Sie wollen, können Sie mitkommen und fragen!«
»Kennt Mr. Cody Ihre ruhmreiche Vergangenheit?« fragte Dick zartfühlend.
»Er kennt sie. Ich habe sie nicht vor ihm geheimgehalten. Nichtsdestoweniger hält er mich für den besten Chauffeur, den er je gehabt hat.«
Dick maß den Mann mit einem langen Blick.
»Ist das die - hm - die Livree, die Ihr Brotgeber bevorzugt?«
»Das ist meine Zivilkluft. Ich habe heute Ausgang«, sagte Cawler. »Mein Chef ist sehr freigebig mit Urlaub. Hier ist seine Adresse!«
Er nahm einen Briefumschlag aus der Tasche, der an ihn selbst gerichtet war: Tommy Cawler bei Bertram Cody, Esq., Weald House, South Weald, Sussex.
Martin bot ihm einen Platz in seinem Auto an, aber sein Angebot wurde abgelehnt, und so fuhr er allein nach London zurück. Zu seinem Ärger fand er seine unbekannte junge Freundin nicht mehr an; sie hatte die Bibliothek schon vor einer halben Stunde verlassen.
Er brachte das Auto in die Garage und schlug den Weg zu seiner Wohnung ein. Plötzlich hörte er Schritte hinter sich und eine keuchende Stimme, die ihn anrief. Er wandte sich um und erblickte den Mann, den er gestern verhaftet und heute früh in Freiheit gesetzt hatte. Als Lew Pheeney ihn erreicht hatte, zitterte er noch am ganzen Körper und brachte nur unartikulierte Laute hervor.
»Kann ich Sie sprechen, Slick?« fragte er, als er sich etwas erholt hatte.
»Selbstverständlich. Aber warum? Ist Ihnen etwas in die Quere gekommen?«
Lew Pheeney warf einen nervösen Blick über die Schulter.
»Jemand ist mir auf den Fersen«, sagte er durch die Zähne.
»Nicht die Polizei, das kann ich beschwören«, beruhigte ihn Dick.
»Die Polizei? Wenn es die nur wäre! Es ist der unheimliche Mensch, von dem ich Ihnen erzählt habe, mein Auftraggeber von Dienstag abend. Ich habe Ihnen nicht alles gesagt, Slick. Als ich an den Schlössern arbeitete, sah ich mit halbem Auge, wie der Mensch seine Pistole aus einer Hüfttasche zog und in die Tasche seines Mantels steckte. Die ganze Zeit über hielt er seine Hand in dieser Tasche, und plötzlich wurde mir klar, daß mein Leben auf dem Spiel stand, wenn es mir gelang, die Tür zu öffnen. Da schützte ich ein Bedürfnis vor, und als ich draußen war, nahm ich meine Beine in die Hand und lief davon. Ich lief und lief, und etwas trabte hinter mir drein. Was es war, weiß ich nicht; ein Wesen - halb Mensch, halb Tier. Und ich hatte keine Pistole.«
Während er sprach, hatten sie das Vestibül durchquert und die Treppen zu Slicks Wohnung erstiegen. Ohne eine Einladung abzuwarten, folgte ihm der Einbrecher durch die Tür. Der Detektiv führte ihn in sein Arbeitszimmer.
»Lew, jetzt lassen Sie mich die ganze Wahrheit wissen! Was haben Sie Dienstag nacht zu öffnen versucht?«
Lews Blick irrte durchs Zimmer.
»Eine Totengruft«, sagte er leise.
4
Einen Augenblick herrschte tiefes Schweigen. Dick starrte den Mann aus weitgeöffneten Augen an. Er traute seinen Ohren nicht.
»Eine Totengruft?« fragte er. »Jetzt setzen Sie sich bitte, und erzählen Sie mir alles der Reihe nach!«
»Ich kann nicht. Ich fürchte mich«, weigerte sich Lew Pheeney hartnäckig. »Dieser Mann ist die Hölle selbst, und ich möchte lieber dem Teufel begegnen als ihm.«
»Wer ist es?«
»Sagen kann ich es nicht«, trotzte Lew Pheeney. »Vielleicht schreibe ich es Ihnen auf, damit es auf dem Papier steht,
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