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041 - Die Tür mit den 7 Schlössern

041 - Die Tür mit den 7 Schlössern

Titel: 041 - Die Tür mit den 7 Schlössern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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gleich nach.«
    Sie starrte ihn aus weitaufgerissenen Augen an.
    »Nein, nein!« rief sie verzweifelt. »Sie sollen sich nicht allein einer Gefahr aussetzen!«
    »Wer spricht von Gefahr?« fragte er ungeduldig.
    Sie wandte sich zaudernd um. Er schlug mit der Faust auf den Boden.
    »So rennen Sie doch, Fräulein! Rennen Sie doch! Stehen Sie nicht herum! Sie sind mir hier nur im Wege!«
    Da ging sie zögernd. Nach einer Weile blickte sie sich um. Er hatte sich lang in das hohe Gras geworfen und war nicht mehr zu sehen. In diesem Augenblick ballten sich die Wolken vollends über dem Mond zusammen. Die ganze Landschaft sank in die Nacht zurück. Panischer Schrecken packte Sybil über ihre Einsamkeit, und sie lief, so rasch ihre Beine sie tragen wollten.
    Cawler wartete, flach auf dem Boden liegend, auf den Riesen, dessen schweren Schritt sein feines Gehör aus weiter Entfernung wahrgenommen hatte. Er war sich klar, daß sie sich durch Flucht nicht mehr retten konnten, und er wollte das Mädchen um jeden Preis vor dem Unhold bewahren - selbst um den Preis seines Lebens. Furcht war Tom Cawler fremd. Scharfsinn und Gassenbubenfrechheit verbanden sich in ihm mit Draufgängertum. Er war stark, gewandt und blitzschnell im Ausnutzen seiner Vorteile. Das alles stählte ihn für die furchtbare Begegnung, die ihm bevorstand. Seine Hand krampfte sich um den Schraubenschlüssel, die einzige Waffe, die sich in seiner Tasche befand, und als der Riese in sein Gesichtsfeld trat, sprang er ihm mit einem mächtigen Satz auf den Rücken.
    Das tierische Geheul der Wut, in das der Angegriffene ausbrach, drang bis zu Sybil und trieb ihr den Angstschweiß aus allen Poren. Sie hatte den Wald erreicht und klammerte sich an einen Baum. Wenn er ihn getötet hat, kommt er zu mir, schrie es in ihr auf. Sie taumelte vorwärts, und das Mitleid mit ihrem Retter brannte ihr in der Kehle.
    Weinte sie? Sie wußte es nicht. Sie stolperte, fiel, raffte sich auf, wankte weiter. Endlich hatte sie den Wald hinter sich. Das Geräusch des Kampfes in ihrem Rücken war verstummt. Vor ihr lag ein flaches Feld, dessen junge Saaten sie niedertrat. Dann kam sie auf eine Hügelwelle, und wieder tauchte ein Wald vor ihr auf. Verzweifelt fragte sie sich, ob sie vielleicht im Kreis gelaufen war. Nur das nicht ... Fast war ihr wohl zumute, als das schützende Dunkel des Waldes sie wieder umfing. Sie tastete sich mit den Händen von Baum zu Baum. Gräser stachen sie, Dornen zerrissen ihr Kleid. Vorwärts! Da wurde der Baumwuchs dünner, das Blickfeld freier, und plötzlich stand sie am Saum einer Lichtung.
    Der Mond brach gerade in diesem Augenblick durch die Wolken. Er spiegelte sich auf der weißen Felsenkuppe, die gähnend ihren Schlund öffnete und in tiefsten Schatten hinabtauchte: zu den Gräbern der Selfords!
    Mit einem Aufschrei sank Sybil in die Knie. Alles verschob, verzerrte, vervielfachte sich vor ihren Augen. Sie krampfte die Hände zusammen, daß sie die Nägel spürte, biß sich die Zähne in die Lippen, spannte alle Sehnen ihres Körpers und alle Triebfedern ihres Willens an, um sich vor einer Ohnmacht zu bewahren. Endlich erhob sie sich mit zitternden Knien und näherte sich wie hypnotisiert dem Eingang zur Totengruft.
    Der Schlüssel stak im rostigen Eisenschloß. Eisige Moderluft kroch die Treppe herauf und kühlte die brennende Hitze ihrer Stirn. Während sie stand und in die Tiefe hinabsah, drang ein Laut aus dem Walde, der ihr Blut gefrieren ließ. Ganz gewiß, der Tiermensch hatte ihren Beschützer ermordet und kam, um an ihr die gleiche Tat zu vollziehen! Wie sinnlos umklammerte sie die kalten Stäbe des Gitters. Dabei öffnete sich das nur angelehnte Tor. Eine Furcht verdrängte die andere. Sie schlüpfte in die Wölbung. Dann schlug sie das Tor zu, daß es dröhnend ins Schloß fiel, schob die Hand durch das Gitter, drehte den Schlüssel herum und zog ihn aus dem Schloß.
    Als sei sie schon gerettet, atmete sie freier auf. Dann lauschte sie in die Tiefe. Kein Laut drang von unten herauf. Die Toten waren barmherzig. Zu ihnen würde sie flüchten. Sie stieg die Stufen hinab, an der schlüpfrigen Wand Halt suchend. Nun stand sie in der kleinen Felsenkammer, die gegen das Innere des Grabmals durch ein zweites Gitter abgeschlossen war.
    Sie wartete lauschend, die Blicke nach oben gerichtet. Nach einer Weile vernahm sie schleichende Schritte und hörte einen weinenden Laut, der, weil er aus Männerbrust kam, doppelt unheimlich und fürchterlich war. Sie

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