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041 - Die Tür mit den 7 Schlössern

041 - Die Tür mit den 7 Schlössern

Titel: 041 - Die Tür mit den 7 Schlössern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edgar Wallace
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Weile schweigend nebeneinander.
    »Aber wer ist der Mensch, der in mein Zimmer wollte?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte Cawler. »Es gehört zu dem Geheimnis, das alles hier umgibt. Ich habe ihn schon einmal von weitem gesehen. Den Schreck vergesse ich niemals. So etwas sieht man ja nicht einmal im Raritätenkabinett. Dazu ist er nackt, bis auf ein Paar Lederhosen, die er mit einem Strick zusammenschnürt. Eins weiß ich sicher: wo der hinschlägt, da wächst kein Gras mehr. Ich fürchte, er hat heute nacht in Codys Haus blutige Arbeit getan.«
    Sybil zog das Kleid fröstelnd am Halse zusammen, aber sie sagte nichts.
    Ihr Gefährte blieb plötzlich stehen. An dieser Stelle war die ganze Mauer von Rhododendron überwuchert. Erst als Tom Cawler die Zweige der Büsche auseinanderbog, wurde die Lücke sichtbar. Er ließ Sybil durchkriechen und folgte ihr dann. Als sie sich aufrichtete, lag vor ihr eine grasige Bodenwelle, die sich weithin im Mondlicht verlor.
    Tom Cawler erzählte ihr, daß hier zu Lebzeiten des alten Lords seine berühmten Merinos geweidet hätten. Er hielt das Gespräch ununterbrochen in Gang. Er wollte die Gedanken des jungen Mädchens von ihrem grausigen Verfolger ablenken. Schließlich erzählte er ihr auch zu ihrem Erstaunen, daß Mrs. Cody seine Tante sei.
    »Mein Bruder Johnny und ich kamen als Waisenkinder zu ihr. Besser wäre es für uns beide gewesen, man hätte uns ausgesetzt!«
    »War sie so schlecht zu Ihnen?«
    »Schlecht ist gar kein Ausdruck. Wenn ich mal satt ins Bett kam, was selten genug geschah, dachte ich, mein Magen wäre verdorben. Dann hatte sie eine krankhafte Freude am Prügeln. Ja, solche Menschen gibt's, denen das Prügeln Spaß macht - und ihnen vertraut man wehrlose Kinder an.«
    »Sie haben eine schwere Jugend gehabt«, sagte Sybil mitleidig.
    »Weiß Gott, das habe ich«, sagte Cawler zähneknirschend. »Als mein armer kleiner Bruder starb, habe ich ihn glühend beneidet.«
    »Und seit der Zeit leben Sie bei Ihrer Tante?« fragte Sybil.
    Cawler lachte verächtlich.
    »Bei der? Keine Spur! Ich entwischte ihr als Elfjähriger. Ich verkaufte Zeitungen, Zigaretten, trug Gepäck, besorgte Botengänge und schlief auf Bänken im Park. Alles besser, als bei dieser Tarantel zu leben!«
    »Aber dann hätten Sie doch niemals zu ihr zurückkehren sollen!«
    »Oh«, sagte Cawler mit rätselvollem Lächeln, »das zweite Mal kam ich als Rächer. Da hatte ich sie in der Hand - und warum sollte ich nicht von ihrem Glück profitieren?« begehrte er auf, als Sybil schwieg. »Sie hatte sich die Sonnenseite des Lebens erschlichen, ich saß am Katzentisch. Warum soll ich Ihnen was vormachen, Fräulein? Sie können es ruhig wissen. Bis vor sieben Jahren war ich ein berufsmäßiger Dieb und habe sechzehn Strafen abgesessen.«
    Sybil nickte still.
    »Das ist die Schuld Ihrer Tante.«
    »Nun, sehen Sie, das sagte ich mir auch«, fiel Cawler erleichtert ein. »Als ich das letzte Mal in Old Bailey vor dem Richter stand, wurde ich verwarnt: das nächste Mal gebe es Zuchthaus, und nicht zu knapp. Da zog ich einen dicken Strich unter meine Vergangenheit. An wen sollte ich mich wenden? Tante Cody war die nächste dazu. Angenehm war es mir nicht, das können Sie mir glauben, als ich eines schönen Tages bei ihr auftauchte. Aber noch weniger wagte sie, mich vor die Tür zu setzen. Ich lebte sieben Jahre in ihrem Hause, hatte alles in Hülle und Fülle und hielt den Mund. Aber heute« - er zog den Atem tief ein und dehnte die Brust - »heute habe ich ihnen beiden die Wahrheit gesagt! Den Schmutz von sieben Jahren habe ich mir von der Seele gewaschen und werde es nie bereuen!«
    Plötzlich blieb er stehen und legte den Finger auf den Mund. Er horchte angestrengt. Sybil schaute sich um. Vor ihr lag eine weiße Klippe, die wie der gezackte Rücken eines Lindwurms in die flimmernde Luft stach.
    Cawler sah ihren Blick.
    »Das ist der Steinbruch«, flüsterte er. »Eine Straße führt da entlang, aber sie ist abschüssig und gefährlich. In der Nacht kann man sie nicht begehen. Wir müssen uns links halten.«
    Er hielt inne. Sein Gesicht nahm wieder den angestrengten Zug des Lauschens an. Dann warf er sich jäh zu Boden und preßte das Ohr ins Gras.
    Plötzlich richtete er sich steil in die Höhe.
    »Gehen Sie!« flüsterte er hastig. »Gehen Sie vorläufig allein weiter! Sehen Sie dort den Wald?« Sein Finger deutete auf eine dunkle Kulisse, die sich über der Graswelle erhob.
    »Da gehen Sie hin. Ich komme

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