041 - Tribute to the King
vertraut.
Aruula fluchte in der Sprache ihres Stammes. Jenseits der Gasse kletterte die Sonne höher.
Kupfernes Licht sickerte wie etwas Flüssiges herab und verdünnte das zähe Dunkel.
Dann sah Matt seine Freundin. Sie kniete am Boden und versuchte so angestrengt wie ungeschickt auf die Beine zu kommen, immer noch halblaut vor sich hin fluchend.
Neben ihr ragte etwas auf, einem Grabkreuz gleich. Aruulas Schwert, die stets sorgsam gepflegte Klinge fleckig wie von Rost.
Und noch etwas weiter - zwei Schemen. Zwei Männer in Elvis-Kostümen.
Reglos und nicht nur wie tot - nein, ohne jeden Zweifel mausetot.
Denn ihre Köpfe lagen hier - direkt zu Matts Füßen!
Und stiere, glanzlose Augen glotzten aus ihren in Entsetzen erstarrten Gesichtern zu ihm auf.
***
Ein Zitat aus einem Roman von Stephen King, den er irgendwann einmal gelesen hatte, fiel Matt ein: SSDT. Same shit, different day…
Der Unterschied zum vorigen Mal bestand nur darin, dass Aruula diesmal neben zwei
Geköpften erwachte. Aber wieder konnte sie sich an nichts erinnern, jedenfalls nicht daran, den beiden die Köpfe abgeschlagen zu haben.
Kann sie nicht - oder will sie nicht?, wisperte ein böses Stimmchen zwischen Matts Gedanken, und er drehte dem gemeinen Flüsterer erschrocken den Hals um. Diese Möglichkeit wollte er unter gar keinen Umständen weiter verfolgen!
Obwohl - höchst seltsam war das Ganze natürlich schon… Verdächtig seltsam sozusagen.
Mehr um sich abzulenken als tatsächlich in der Hoffnung, einen Hinweis zu Aruulas Entlastung oder dergleichen zu finden, wandte sich Matt den Leichen zu. Ihn schauderte, und ein bitterer Geschmack stieg ihm vom Hals in den Mund.
»Okay«, sagte er rau und inspizierte die Toten sowie den Boden um sie her. »Ich sehe kaum Blut. Aber die zwei Jungs sind zweifellos ausgeblutet. Reichlich merkwürdig, würde ich sagen…«
»Findest du nicht, dass wir verschwinden sollten?«, meinte Aruula. Nervös sah sie zum Ende der Gasse hin. Die Sonne kletterte höher und höher; es wurde allmählich taghell, und es war nur eine Frage der Zeit, bis man sie hier hinten entdecken und entsprechende Schlüsse ziehen würde.
»Gleich«, sagte Matt. Auch er war unruhig, aber er wollte unter keinen Umständen irgendetwas übersehen, das Aruulas Unschuld beweisen konnte.
»Ausgeblutet«, murmelte er noch einmal. Das Wort setzte in ihm etwas in Bewegung. Eine Gedankenkette, eine Reihe von Bildern, und an deren Ende standen die- »- Nosfera?« Er rieb sich nachdenklich die Stirn. »Hm. Könnte sein. Würde ja passen.« Nosfera waren, gewissermaßen, die Vampire dieser Welt. Mutanten, die unter einem Mangel roter Blutkörperchen litten und deshalb Frischblut zu sich nehmen mussten, um zu überleben. Matthew war dieser Spezies schon häufiger begegnet, und die wenigsten dieser Zusammentreffen waren harmlos verlaufen.
Er spann den Faden weiter. Dachte zurück an sein Erlebnis in Philadelphia, wo es zu einer großen Zusammenkunft dieser Blutsäufer gekommen war. Ein Nosfera hatte einen Blutersatz entwickelt und ihn an seine Artgenossen ausgeben wollen, um ihnen den Makel der überall Ausgestoßenen und Verachteten zu nehmen. Matt und der Truveer Jonpol Sombriffe hatten die Situation missverstanden und diese Aktion gründlich vereitelt.
War es möglich, dass ein Nosfera, der das schlussendliche Massaker überlebt hatte, jetzt hinter ihm her war, um sich zu rächen? Und brachte er nun Aruula unter Mordverdacht, um ihn, Matt, damit zu treffen?
Der Gedanke schien ihm etwas weit hergeholt. Ausschließen wollte er ihn jedoch nicht. Und die Möglichkeit, dass ein Nosfera diese Männer geköpft hatte, um so eine Bisswunde am Hals zu vertuschen, wollte er ganz besonders im Auge behalten.
Wenn sich ein Nosfera in Memvess aufhielt, musste er sich doch aufstöbern lassen!
Matt gestand sich, dass er sich da auf dünnes Eis begab. Aber momentan war ihm jede Hoffnung, die den Verdacht von Aruula ablenkte, Recht.
»Das sind nicht die Männer von gestern Abend!«
»Was?« Matt fuhr herum.
Aruula hatte sich, mit sichtlichem Widerwillen, die Gesichter der Toten angesehen, dann ihre Körper. »Die beiden kenne ich nicht«, behauptete sie. »Außerdem - ich habe einem der beiden auf die Füße gekotzt. Sieh dir ihre Stiefel an -sie sind sauber!«
»Ja, bis auf ein paar Blutspuren…« Matt beugte sich vor, sah sich die Stiefelspitzen der beiden genauer an. »Und Kratzer. Als wären sie über harten Boden geschleift worden.
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