0412 - Ein Grab aus der Vergangenheit
erklären wollen, wozu sie aber leider nicht gekommen ist.«
»An was denken Sie dabei?« fragte Bill.
»Das kann ich Ihnen leider nicht sagen. Es ist alles viel zu vage. Ich möchte nur festhalten, dass wir etwas optimistischerin die Zukunft sehen sollten. Von dieser Manon habe ich noch nichts gehört. Wir wissen nur, dass es sich bei ihr nicht um Lupina handelt, und das ist auch schon etwas, finde ich.«
Die anderen beiden begriffen Sir James nicht so recht. Bill sagte dann: »Gut, Sir, Sie denken anders als wir. Aber Lupina ist auch eine Macht. Wenn sie hinter allem steckt…«
»Das wird sich herausstellen.«
»Und was wollen Sie tun?«
»Mr. Conolly!« Sir James wurde jetzt förmlich. »Können wir überhaupt etwas tun?«
Bill ließ sich nicht mal Zeit mit seiner Antwort. Er schüttelte den Kopf und sagte: »Ich glaube nicht.«
»Eben.«
Suko sah es zuerst. »Da«, sagte er. »Nadine. Sie bewegt sich. Sie ist okay.«
Auch die anderen schauten hin und erkannten tatsächlich, wie die Wölfin mit ihren Pfoten zuckte, den Kopf anhob und versuchte, sich auf die Beine zu stellen.
Sie schaffte es nicht, weil sie zu schwach war.
Bill sprang hin. Er fasste sie unter, drehte den Kopf und schaute in ihre Augen, die einen sehr traurigen Ausdruck angenommen hatten.
»O verflucht!« keuchte der Reporter. »O verflucht, wenn wir doch nur wüssten, was in Frankreich vor sich geht!«
***
Mir brannte die Frage nach Nadine auf der Zunge, aber ich verschluckte die Worte zunächst. Wie Manon aussah, würde sie mir sowieso keine Antwort geben.
Sie stand vor mir, hatte die Arme erhoben, das Fell zitterte, als würde es von einem heftigen Windstoß gekämmt, dann öffnete sie ihr Maul noch weiter, sodass ich den roten Rachen erkennen konnte, wo sich die lange Zunge zwischen den helleren Gebissreihen bewegte.
»Zurück in den Körper. Du kannst den Kreis nicht stören. Du kannst ihn nicht retten!«
Ich hielt nicht mehr länger an mich. »Ist es Nadine?« rief ich laut.
»Verdammt, sag es! Ist es Nadine Berger, die ihren Körper verlassen hat? Ich will eine Antwort!«
Sie kümmerte sich nicht um mich. Dafür legte der Abbé seine Hand auf meine Schulter. »John, reiß dich zusammen! Was ist plötzlich los mit dir? Was hast du?«
Ich ließ mich nicht beirren. »Ist es Nadine Berger? Geriet sie in euren verfluchten Kreislauf?« Ich schwitzte stark, ein Zeichen der Erregung. Mein Herz klopfte schneller, und diesmal war ich es, der die Wölfin nicht in Ruhe ließ.
Meine Waffen nahm ich nicht. Das hätte falsch ausgelegt werden können. Besonders von Manons Helfern. Mit bloßen Händen packte ich zu und riss die Bestie herum.
»Antworte!«
Jetzt hätte sie mich mit einem Biss in meinen deckungslosen Hals töten können, aber sie tat es nicht. Dafür begann sie zu sprechen.
Zusammen mit ihrem scharfen Atem wehten mir die abgehackt formulierten Sätze entgegen.
»Sie hat es versucht. Sie hat Lupinas Magie gespürt. Sie wollte sich einmischen. Sie kennt dich und sagte deinen Freunden, dass es dir schlecht geht. Aber sie hat es umsonst getan. Nichts ist mehr so, wie es einmal war. Hier habe ich das Sagen, hier habe ich gewonnen. Verstehst du? Nur ich!«
Ja, ich verstand, ließ sie los und ging wieder zurück. Schwindel erfasste mich. Es war etwas viel gewesen, was ich in den letzten Sekunden vernommen hatte.
Als ich nach vorn schaute, sah ich ihre wilden Diener. Sie waren in der Düsternis zu noch dunkleren Schatten geworden, eigentlich nur an ihren gefährlichen Augen zu erkennen.
Aber auch die blieben nicht still. Die Werwölfe tanzten. Ich schüttelte den Kopf, schloss die Augen, öffnete sie wieder, spürte den Druck in meinem Schädel und dachte daran, mich auszuruhen.
Es kam vieles bei mir zusammen. Die Nachwirkungen des Schlages, die letzten überraschenden Ereignisse, da musste man schon verdammt auf der Höhe sein, um das alles verdauen zu können.
»John, du musst einen klaren Kopf bewahren. Es wird alles gut. Ich habe dafür gesorgt!« Die Stimme des Abbés drang irgendwie gefiltert an meine Ohren, und ich drehte den Kopf.
Erst jetzt merkte ich, dass mich der Mann festhielt und mich hart anschaute.
Ich nickte. »Okay!« flüsterte ich. »Du hast ja Recht. Es war wohl zu viel für mich.«
»Versuche jetzt einmal, Erinnerungen auszulöschen. Denke an die Gegenwart.«
»Das versuche ich ja.«
»Und daran, dass die Wölfe das Grab öffnen wollen.«
»Meinetwegen.«
»Aber sie werden eine Überraschung
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