Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0412 - Ein Grab aus der Vergangenheit

0412 - Ein Grab aus der Vergangenheit

Titel: 0412 - Ein Grab aus der Vergangenheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
und dachte nicht mehr an seinen gefesselten Arm. An seinem Gelenk erkannte ich bereits einen roten Streifen, dort war die Haut aufgeplatzt.
    »Warum bist du so verbohrt? Es könnte nur dein Vorteil sein, wenn du dich kooperativ zeigst. Auch englische Bullen können bei der französischen Polizei ein gutes Wort einlegen.«
    »Interessiert mich nicht.«
    »Dann werde ich sie suchen.«
    »Bitte.«
    Ich stand auf. Gern tat ich es nicht. Das Schloss hatte einfach zu viele Räume. Doch in den folgenden Sekunden änderte sich einiges.
    Ich hörte einen dumpfen Ton hinter mir, drehte mich um und sah bereits den Schatten durch den Saal huschen.
    Manon!
    Auch der Gefesselte hatte sie entdeckt. »Verdammt, bleib zurück!« brüllte er.
    Sie hörte nicht.
    Sehr unsicher lief sie auf den Kamin zu, weil sich dort Waffen befanden. Schwere Schürhaken, zum Beispiel. Einen davon schnappte sie sich und drehte sich um.
    Erst jetzt erkannte ich, dass Abbé Bloch Recht gehabt hatte. Auch Manon war geblendet worden. Wo einmal ihre Augen gesessen hatten, sah ich nur die flachen, grauen Flecken. Der Instinkt musste sie hergetrieben haben, und er hatte auch dafür gesorgt, dass sie die Waffe fand.
    Mit einer spielerisch anmutenden Leichtigkeit wuchtete sie den schweren Schürhaken in die Höhe.
    Etwa drei Schritte von meinem Sitzplatz entfernt war ich stehen geblieben. In einer lockeren Haltung. Die Beretta hielt ich in der rechten Hand. Noch baumelte der Arm an meiner Seite, ich hob ihn an, als Manon auf mich zukam.
    Die Werwölfin ging längst nicht mehr so sicher wie sonst.
    Sie taumelte ein wenig, schwang mal nach rechts, dann zur anderen Seite und musste sich zusammenreißen, um wieder den Mittelweg zu finden.
    Den Griff des schweren Schürhakens hielt sie mit beiden Pranken fest und hob ihn hoch.
    Ich sprach sie an. »Du hast keine Chance mehr, Manon. Niemand kann dir mehr helfen. Ich habe das Spiel gewonnen. Und ich werde dich so vernichten, wie ich auch deinen Herold vernichtet habe. Wesen wie du haben kein Recht auf Existenz, weil sie töten wollen.«
    »Ich werde dich töten!« ächzte sie und wollte zuschlagen.
    Sie war für einen gezielten Treffer noch zu weit entfernt. Ich wollte aber ein Ende machen und schoss.
    Irgendwo unter ihrem Hals schlug das geweihte Silbergeschoss ein, während der peitschende Klang des Schusses durch die Halle schmetterte. Manons Lauf wurde gestoppt. Sie ging plötzlich nicht mehr weiter, konnte sich nicht mehr auf ihren starken Beinen halten und brach zusammen.
    Zuerst schlug der Schürhaken mit einem dumpfen Laut auf und rutschte mir vor die Füße.
    Dann kippte sie.
    Auf dem Bauch blieb sie liegen. Mit einer für sie unheimlichen Anstrengung hob sie den Kopf und schaute mich an.
    Ich wich dem Blick nicht aus.
    »Du…«, ächzte sie.
    »Hör auf!« brüllte Jean, der seine Herrin nicht sterben sehen konnte.
    Aber sie redete weiter. »Du verdammter…« Mehr konnte sie nicht sagen. Ihr hässliches Gesicht verzog sich noch mehr. Es wurde zu einer Grimasse des Schreckens. Das Fell rieselte wie Staub und wurde vom Wind erfasst. Der Kopf fiel nach vorn, die Stirn prallte gegen den Boden, und dieser Laut hörte sich an wie das endgültige Todeszeichen.
    Ich drehte mich um.
    Fassungslos starrte mich Jean an. »Was hast du getan?« keuchte er. »Was hast du Schwein getan?«
    »Ich habe das getan, was getan werden musste«, erwiderte ich und verließ Manon Medoques Schloss…
    ***
    Weshalb ich hinunter zum Fluss ging und mich dort auf einen Stein setzte, wusste ich nicht. Es war irgendeine Kraft, die mich trieb.
    Mutterseelenallein saß ich da, spürte weder die Kälte noch den nassen Dunst und starrte nur auf das rauschende Wasser.
    Ich wollte nachdenken, aber selbst das schaffte ich nicht. Es gibt Augenblicke, da ist man innerlich leer.
    So erging es mir.
    Wie viel Zeit vergangen war, wusste ich nicht. Jedenfalls schreckte ich plötzlich hoch, als ich etwas Dunkles auf dem Wasser treiben sah. Es war ein Schiff. Der tuckernde Motor war kaum zu hören.
    Das Schiff fuhr gegen die Strömung. Es hatte keine Lichter gesetzt, aber ich glaubte, an Bord etwas glänzen zu sehen.
    Die Templer fuhren vorbei.
    Vielleicht hatten sie mich gesehen. Jedenfalls nahmen sie mich nicht zur Kenntnis. Kein Gruß wurde zu mir herübergewinkt. So lautlos, wie sie aufgetaucht waren, verschwanden sie auch wieder.
    Ganz einordnen konnte ich sie nicht.
    Waren sie Freunde, waren sie Feinde?
    Freunde sicherlich nur bis zu einem gewissen

Weitere Kostenlose Bücher