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0412 - Wo Canaro wütet

0412 - Wo Canaro wütet

Titel: 0412 - Wo Canaro wütet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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gezielten Schlag bewußtlos zu machen – wie sie es immer wieder trainiert und auch schon erfolgreich angewandt hatte.
    Diesmal klappte das nicht.
    Nicole wurde ebenso abgelenkt wie die Weinflasche und landete zwischen Tischen und Stühlen. Nur ihren schnellen Reflexen verdankte sie es, geschmeidig wie eine Katze zu landen, harten Kanten auszuweichen und unverletzt zu bleiben. Als sie wieder auf die Beine kam, traf sie eine unsichtbare Faust und schleuderte sie weiter zurück.
    Ihre Augen weiteten sich, als sie Zamorra unter der Decke schweben sah – rasend schnell rotierend wie ein Kreisel. Das konnte er nur noch ein paar Sekunden überleben!
    Und Nicole kam nicht an den Feind heran…
    ***
    Auch Pascal Lafitte, der direkt neben der Amerikanerin stand, glaubte seinen Augen nicht zu trauen. Er war vor Entsetzen wie gelähmt. Er brauchte wertvolle Sekunden, um geistig zu verarbeiten, was geschah.
    Daß die Gefahr von Sibyl Darrow ausging, begriff er erst, als Nicoles Angriffe fehlschlugen. Da wurde ihm auch klar, daß die Trunkenheit nur Tarnung gewesen sein konnte. Dadurch hatten sie alle das Mädchen falsch eingeschätzt…
    Da flogen seine Hände hoch.
    Da packte er Sibyls Schultern, riß die Amerikanerin herum und warf sie zu Boden.
    Seine Hände brannten wie Feuer!
    Funken umtanzten die Finger. Er stöhnte auf. Die Berührung kam einem Peitschenhieb gleich. Er stand da wie gelähmt, hörte nicht den dumpfen Aufprall hinter sich. Vor seinen Augen drehten sich bunte Kreise. War Sibyl zu einer Art Zitteraal in Menschengestalt geworden?
    Sie schnellte sich wieder hoch.
    Sekundenlang kreuzten sich ihre Blicke. Diesmal waren ihre Augen nicht mehr verschleiert. Da war ein verzehrendes Feuer… und dann schnellte sich Sibyl Darrow herum, streckte die Arme aus und flog wie ein abgeschossener Pfeil durch das Fenster nach draußen.
    Das hölzerne Fensterkreuz zerbarst krachend, tausend streichholzkleine Splitter flogen nach draußen. Das Glas zerklirrte und schmolz teilweise.
    Im nächsten Moment war Sibyl Darrow verschwunden…
    ***
    »Hinterher!« schrie Nicole. »Ich muß wissen, wohin sie flüchtet! Pascal, los!«
    Der junge Mann zögerte. Da sprang Nicole selbst auf die Tür zu. »Kümmer dich um Zamorra!«
    Sie stürmte nach draußen und wieselte um das Haus herum. Sie hatte nicht durch das Fenster hinter der Flüchtenden herspringen wollen, der Splitter und Scherben wegen. Das erwies sich jetzt als Handicap. Sie konnte Sibyl Darrow, die in ihren rasend schnellen Reaktionen keine Anzeichen von Betrunkenheit mehr aufgewiesen hatte, nicht mehr entdecken.
    Es gab nicht einmal eine Spur.
    Kein niedergetretenes Gras, kein umgekippter Eimer…
    Auch in der Umgebung bewegte sich nichts.
    Nicole lauschte. Kein verdächtiges Geräusch…
    Sibyl Darrow mußte sich in Luft aufgelöst haben! Offenbar war die diagnostizierte Besessenheit doch keine so einfache Sache. Da steckte mehr dahinter. Der Geist, der sich wahrscheinlich in dem Mädchen festgesetzt hatte, besaß erstaunliche Kräfte. Und er war absolut bösartig und angriffslustig.
    Nicole kehrte um, als sie nichts Verdächtiges mehr feststellen konnte. Sie betrat die Gaststube wieder. Was war mit Zamorra geschehen? Hatte er den Angriff überstanden? Oder – hatte der Angriff des besessenen Mädchens Erfolg gehabt…?
    ***
    Hätte Nicole auch einen Blick nach oben geworfen, wäre ihr Sibyl Darrow sicher nicht entgangen.
    Die Baumkronen hatte Nicole zwar mit schnellen Blicken gestreift und festgestellt, daß sich niemand darin versteckt hielt – wenngleich sie sich auch nicht vorstellen konnte, daß jemand so närrisch sein konnte, ein so fragwürdiges Versteck aufzusuchen – aber sie hatte das Hausdach nicht in Betracht gezogen.
    Dort oben, die Füße gegen die Regenrinne gestützt, kauerte die Besessene.
    Sie war jetzt völlig unter der Kontrolle des Dämons. Er hatte sie total überlappt und steuerte ihre Reaktionen. Sieben Meter hoch über der verwirrten, wütenden und besorgten Nicole verfolgte das Wesen deren Reaktionen.
    Auch als Nicole das Haus wieder betrat, wartete der Dämon noch weiter ab. Erst, als sich dann einige Zeit nichts mehr rührte, kam wieder Bewegung in Sibyl.
    Sie richtete sich an der Dachkante auf und machte einen Schritt ins Leere.
    Sie stürzte nicht in die Tiefe.
    Sie schritt durch die Luft wie über eine feste Straße, gut dreißig Meter weit bis zum nächsten Hausdach. Daß das noch eine Etage höher lag, spielte keine Rolle. Sibyl Darrow

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