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0412 - Wo Canaro wütet

0412 - Wo Canaro wütet

Titel: 0412 - Wo Canaro wütet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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kippte plötzlich in die Horizontale und ging an der Hauswand weiter empor, als spaziere sie ganz normal über eine Promenade. Als sie die Dachkante erreichte, kippte ihr Körper wieder hoch.
    Sie setzte ihren Weg fort. Solange, bis sie weit genug vom Gasthaus entfernt war, um vor einer auch späteren Verfolgung erst einmal sicher zu sein…
    ***
    Langsam kehrte Zamorras Bewußtsein zurück. Zunächst schien Nicoles Gesicht unendlich weit entfernt zu sein, dann raste es förmlich auf ihn zu, wurde zu einem scharfen Gigantengesicht und normalisierte sich dann.
    »Ich bin froh, daß du noch lebst«, sagte sie leise. »Bist du okay?«
    »Immer«, behauptete er. Er versuchte sich aufzurichten. Schwindelgefühle kehrten zurück; er glaubte wieder zu rotieren. Aber das verging. Er kam auf die Beine. Mostache hielt ihm ein Glas an die Lippen; Zamorra nahm den Duft einer teuren Whiskymarke wahr. Er nahm einen kräftigen Schluck, hustete, trank noch einmal, und allmählich ging es ihm besser.
    »He, Pierre!« ächzte er und ließ sich von Nicole und Pascal auf die Beine und auf einen Stuhl helfen. »Seit wann haben Sie denn dieses Zeug vorrätig?«
    Mostache lachte leise.
    »Seit Mademoiselle Nicole mir verriet, daß Sie Daniel’s ohne Eis schätzen gelernt haben…«
    »Noch einen von der Sorte«, verlangte Zamorra und hielt dem Wirt das leere Glas wieder entgegen.
    Das zweite Glas belebte Zamorra weiter. Hochprozentiger Alkohol war bei diesem Klima zwar nicht das Gesündeste, aber er wollte es ja auch nicht übertreiben. »Wo ist sie?« wollte er wissen.
    »Getürmt«, sagte Nicole. Sie berichtete, was sich abgespielt hatte. »Spurlos verschwunden. Sie muß von einem sehr starken Geist besessen sein. Vielleicht ist sie sogar selbst eine Dämonin.«
    Zamorra schüttelte vorsichtig den Kopf. »Unmöglich«, behauptete er. »Das Amulett sprach nicht an. Aber ich habe so dicht neben ihr gestanden und gesessen, daß ein Dämon sich nicht hätte abschirmen können, beim besten Willen nicht. Irgend etwas hätte das Amulett bemerken müssen!«
    »Und wenn’s Astardis war, unser magisch neutraler Freund?«
    »Astardis geht anders vor. Umständlicher. Nicht so plump. Er hätte sich nicht so schnell und stümperhaft enttarnt, sondern erst zugeschlagen, wenn er sicher wäre, mich auch richtig zu erwischen. Das hier… kam mir eher vor wie eine Art Panikreaktion, ungeplant, unüberlegt, hektisch. Der Geist, der Sibyl kontrolliert, scheint mich nicht persönlich zu kennen. Nur vom Namen her…«
    Das war möglich. Zamorra war in den Regionen der Schwarzblütigen berühmt und berüchtigt. Es gab nur wenige Dämonen und Dämonische, die seinen Namen nicht kannten.
    »Ich glaube eher, daß der Kontrollgeist, ob er nun ein Dämon ist oder nicht, sich im Unterbewußtsein des Mädchens festgekrallt hat. Sie meinte es wohl sehr ernst, als sie um Hilfe bat. Sie weiß, daß sie besessen ist, und möchte befreit werden. Bloß ist der Kontrollgeist stärker. Sie scheinen sich gegenseitig zu bekämpfen. Vielleicht hat sie sich deshalb betrunken, um ihm die Kontrolle zu erschweren…«
    »Oder er hat sie sich betrinken lassen, zur Tarnung, damit du sie unterschätztest«, warf Pascal Lafitte ein.
    »Auch möglich«, räumte Zamorra ein. »Wie auch immer – er hatte sich sehr gut in ihrer Bewußtseinstiefe versteckt. So gut, daß er nicht nur sich selbst abschirmen konnte, sondern daß das Bewußtsein des Mädchens selbst seine Ausstrahlung total überlagerte. Erst, als er hervorkam und angriff, hat das Amulett ihn erkannt.«
    »Und zu langsam reagiert«, sagte Nicole.
    »Ja. Aber ich glaube, das liegt daran, daß sie, beziehungsweise der Kontrollgeist, nicht so richtig einzuschätzen waren. Das Amulett wußte nicht genau, woran es war, und hat deshalb gezögert…«
    »Warum hat es dann anschließend nicht zurückgeschlagen?« erkundigte sich Pascal. »Dieser grüne Lichtschirm kam mir ein wenig halbherzig vor.«
    Zamorra seufzte. Er tippte mit dem Daumen gegen die Silberscheibe.
    »Dieses wertvolle Stück hat einen lobenswerten Grundsatz«, sagte er. »Es wird niemals gegen Menschen aktiv – zumindest nicht in der gleichen Form, wie es gegen Dämonen zuschlagen würde. Wäre Sibyl Darrow ein Dämon gewesen, ein Schwarzmagier oder sonst etwas in der Art, hätte es ganz anders gescheppert, dessen darfst du sicher sein. Aber sie ist anscheinend selbst nur ein Opfer. Das Amulett unterscheidet da sehr genau. Es konnte nicht angreifen, ohne Sibyl zu

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