0412 - Wo Canaro wütet
mehr entgegensetzen. Laß mich für dich handeln. Ich weiß, was für dich gut ist.
»Ich will dich nicht!«
Ich helfe dir. Ich mache dich berühmt, mächtig, reich, unsterblich… ich tue alles für dich.
»Für dich selbst! Ich bin doch nur dein Werkzeug!« keuchte Sibyl.
Wieder lachte der Dämon in ihr. Es ist schade, daß du es so siehst. Ich bin dein Symbiont! Du profitierst von meinen Fähigkeiten. Wehre dich nicht länger. Es nützt dir sowieso nichts. Du solltest alles so nehmen, wie es kommt. Ich weiß schon, was richtig ist. Vergiß das, was du Gewissen nennst. Es belastet dich nur unnötig. Sei wie ich, und alles wird gut. Sei Canaro!
Aber sie wollte es doch nicht.
Du wirst mich nicht mehr los, Sibyl. Denn du bist jetzt Canaro…
Sie kämpfte stundenlang gegen ihn an, bis zur Erschöpfung. Aber es gelang ihr nicht. Canaro blieb stärker. Je mehr sie gegen ihn anging, desto stärker wurde er. Es war, als ziehe er Kraft aus ihrer Verzweiflung und ihrem Widerstand. Als mache es ihn nur noch stärker…
Und schließlich konnte sie sich nicht mehr wehren. Alles war vorbei. Canaro hatte die Kontrolle.
Die einzige Hoffnung, die Sibyl Darrow blieb, war, daß bei einer erneuten Begegnung mit Zamorra der Parapsychologe von selbst erkennen würde, wie es um sie stand. Daß er Sibyl und Canaro voneinander zu unterscheiden verstand und eine Möglichkeit fand, Canaro zu bekämpfen, während er Sibyl half. Aber würde das möglich sein?
Hoffen und Harren hält dich zum Narren, spottete Canaro in ihr. Wenn du dich weiterhin gegen mich stellst, vergeudest du nur unser beider Kräfte. Wir sind eine Einheit. Wer mich bedroht, bedroht auch dich. Du bist auf Gedeih und Verderb mit mir verwachsen, und selbst Zamorra kann uns nicht getrennt bearbeiten. Er wird uns jagen. Es gibt nur eine Möglichkeit für dich, zu überleben: Zamorra muß ausgeschaltet werden…
»Aber ich will das nicht… ich kann es doch nicht…«
Es bleibt dir nichts anderes übrig.
Denn ich bestimme, was geschieht. Wir werden Zamorra bekommen… wenn ich es will. Jetzt, in diesen Stunden, wartet und lauert er. Aber meine Geduld ist größer. Ich bekomme ihn, wenn er nicht damit rechnet… aber vorher sollst du noch deinen Spaß haben!
»Wie – wie meinst du das?« stieß sie hervor.
Ich zeige dir, welche Vorteile unsere Symbiose für dich hat. Der Mann, in den du dich verliebt hast – du wirst ihn bekommen. Ich sorge dafür. Laß mich nur machen…
»Nein, du verfluchte Bestie«, keuchte sie. »Laß ihn in Ruhe! Du machst ihn nur unglücklich… und seine Frau… und mich…«
Kleine Närrin, was redest du. Was schert es dich, wenn andere unglücklich werden? Du wirst deinen Spaß haben…
»Nein! Nicht so. Ich bin keine Ehebrecherin! Geh zum Teufel, verschwinde aus meinem Leben, und aus seinem…«
Die Stimme schwieg. Canaro meldete sich nicht mehr. Aber das besagte nichts. Der Dämon zog sich nicht zurück. Er sah wohl nur keinen Sinn darin, die Diskussion weiterzuführen. Sibyl wußte, daß er handeln würde, wenn er wollte, und sie konnte nichts dagegen tun.
Außer, sie beging Selbstmord…
Aber so weit war sie nicht. Noch nicht…
***
Sie hatte sich verkrochen. Abseits des Dorfes, hinter einem kleinen, verschlossenen Schuppen, den sie nicht aufzubrechen gewagt hatte, um darin Unterschlupf zu finden. Sie schreckte selbst vor einer solchen ›Kleinigkeit‹ zurück, wollte sich nicht noch tiefer in Unrecht verstricken lassen – wenn es ihr eben nur möglich war, das zu verhindern.
Was sie bislang angerichtet hatte, war schon mehr als zuviel…
Sie wußte nicht mehr weiter. Was sollte sie tun? Wenn sie zu Zamorra ging, würde das keine Hilfe, sondern einen Angriff Canaros mit sich bringen. Wenn sie versuchte, zu verschwinden, konnte sie nicht sicher sein, daß Canaro das zuließ. Außerdem – wohin sollte sie gehen? Nach Hause? Oder irgendwo hin, ohne Ziel? Eine Landstreicherin, wie es genannt wurde?
Sie seufzte. Gab es wirklich keine Möglichkeit, Canaro loszuwerden?
Wenn er doch nur Pascal Lafitte in Ruhe ließ…
Aber irgendwann nach Stunden übernahm Canaro plötzlich wieder die Kontrolle. Sibyl wurde einfach ausgeknipst, weggeschaltet. Sie erhob sich – ihr Körper wurde von Canaro ferngesteuert wie eine Marionette. Sibyl war zur Zuschauerin geworden. Sie fand keine Möglichkeit, Canaro die Kontrolle wieder zu entreißen. Sie konnte nicht einmal schreien. Er steuerte alles an und in ihr…
Und entsetzt sah sie, daß
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