0413 - Ich zerschlug den blutigen Terror
weiß nicht mehr, was es war. Und gegen drei kam er wieder. Ich glaube, er sagte, daß er nicht schlafen könnte. Jedenfalls habe ich zweimal mit ihm gesprochen. Wie kann er dann zur selben Zeit in Chicago gewesen sein, he?«
»Vielleicht handelt es sich um einen anderen Mann, der ebenfalls Bancroft Taylor heißt?«
»Nach dem, was in der Zeitung steht, muß es ein und derselbe Mann sein. Sagen Sie den Burschen in Chicago, daß sie sich begraben lassen sollen.«
Der Kneipenwirt legte auf, bevor der Fahndungsleiter zu einer Antwort kam. Als er langsam den Hörer sinken ließ, brachte man ihm das Fernschreiben aus Chicago, Kopfschüttelnd las er es. Und dann fragte er sich, wie ein Mann an zwei verschiedenen Orten zur gleichen Zeit sein könnte. Natürlich fand er keine Antwort. Er war ein Mensch des zwanzigsten Jahrhunderts und glaubte an die Unumstößlichkeit der Naturgesetze. Aber er war auch ein Kriminalist. Und als solcher begann er, sich einige Gedanken zu machen…
***
»Er muß in ein Hospital«, sagte der Arzt zu mir. »Ich habe schon angerufen. Der Wagen wird in ein paar Minuten hier sein;«
»Ist es sehr schlimm?« fragte ich.
Der Doz zuckte die Achseln.
»Ich kann es nicht genau sagen. Die sichtbaren Verletzungen sind schlimm genug, allerdings wohl kaum lebensgefährlich. Die Frage ist, ob er innere Verletzungen hat. Das kann man nur in einem Krankenhaus feststellen.«
»Kann ich mit ihm sprechen?«
»Sie können es versuchen, Mister Cotton. Wenn es ihn zu sehr anstrengt, brechen Sie das Gespräch bitte sofort ab. Ich gebe Ihnen meine Erlaubnis ohnedies nur, weil er nach Ihnen verlangt hat.«
Der Arzt begleitete mich in das Zimmer, wo Tim auf der lederbespannten Pritsche lag. Sein Gesicht war blaß, das Blut hatte man ihm abgewaschen. Einige Piaster bedeckten die größten Hautrisse. An kleineren sah man die braunen Flecken einer Jodbehandlung.
»Hallo, Tim«, sagte ich und gab mir Mühe, meine Stimme völlig normal klingen zu lassen, obgleich ich gegen eine aufsteigende Wut ankämpfen mußte. Es gelingt mir nach einer hübsch Zahl von Dienstjahren noch nicht, kalt zu bleiben, wenn ich dem Opfer skrupelloser Gangster gegenüberstehe.
»Hallo, Cotton«, sagte Cookane langsam und mit schwacher Stimme. »Ich wollte gestern schon mit Ihnen sprechen. Hab’ angerufen. Aber Sie waren wohl nicht zu Hause.«
Ich zog mir einen Stuhl heran und bedachte den Doc mit einem fragenden Blick. Er ließ Tim nicht aus den Augen, schien aber vorläufig mit einer Fortsetzung des Gespräches einverstanden zu sein.
»Was gibt’s denn, Tim?« erkundigte ich mich. »Sie wissen ja, wenn ich etwas für Sie tun kann, tue ich es gern.«
»Man hat mich angeschmiert, Cotton. Ich mußte die Uniform ausziehen.«
Ich beugte mich vor.
»Das ist doch unmöglich, Tim! Wieso denn? Sie sind doch ein Cop, wie ihn sich die Dienstvorschriften nur wünschen können. Was ist denn passiert?«, Er erzählte langsam, von vielen Pausen unterbrochen, die Geschichte mit den Wettscheinen. Ich hörte schweigend zu. Er berichtete von dem Mann mit dem Muttermal auf dem Nasenflügel, der s;ch als. Mitarbeiter der Telefongesellschaft ausgegeben hatte und von Tims Frau ahnungslos in die Wohnung gelassen worden war.
»Ein Muttermal?« wiederholte ich. »Auf dem linken Nasenflügel? Den Kerl kenne ich, Tim! Das ist ein übler Bursche, mehrfach vorbestraft, und im Augenblick steckt er bis zur Unterlippe in der Rackett-Sache drin, von der Sie mir erzählt haben.«
»Ich weiß«, sagte Tim so leise, daß ich ihn kaum noch verstehen konnte. »Ich habe ihn gesucht, weil ich ihn zur Rede stellen wollte. Er muß es gewesen sein, der mir die Wettscheine in die Wohnung schmuggelte. Ich wollte mit ihm zur Telefongesellschaft. Aber dann kam ein anderer dazu — einer, den ich vorher schon oft mit ihm zusammen gesehen hatte — und sie machten mich fertig. Ziemlich fertig, jedenfalls. Mir tut alles verdammt weh, Cotton.«
Ich legte ihm behutsam die Hand auf den Arm.
»Das genügt, Tim. Sie brauchen mir nichts mehr zu erzählen. Wir sind dabei, mit dem Rackett aufzuräumen. Ich werde nicht vergessen, die Sache mit den Wettscheinen für Sie zu erledigen. Sobald ich Zeit habe, Tim, fahre ich ’rauf und spreche auch mit Ihrer Frau. Aber wenn Sie sich ein bißchen besser fühlen, Tim, dann denken Sie mal darüber nach, welchen Grund die Burschen; haben könnten, Sie mit so einem hinterhältigen Trick aufs Kreuz zu legen. Irgendein Grund muß doch da sein.
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