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0414 - Ein Goldfisch unter Großstadt-Haien

0414 - Ein Goldfisch unter Großstadt-Haien

Titel: 0414 - Ein Goldfisch unter Großstadt-Haien Kostenlos Bücher Online Lesen
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an, Sie sind May Hunter?«
    »Ja.«
    Ich zögerte. Dann sagte ich langsam: »Sie dürfen jetzt nicht erschrecken, Missis Hunter. In Ihrer Wohnung ist jemand… umgebracht worden. Die Mordkommission wird gleich hier sein.« Ihre Augen spiegelten Entsetzen. »Ermordet? Hier? Wer ist es…«
    »Das weiß ich nicht. Noch nicht.«
    »Mein Gott.« Sie taumelte plötzlich. Ich griff schnell zu und erwischte sie am Arm. Er fühlte sich dünn und zart an. Ich führte die Frau durch die Diele ins Schlafzimmer.
    »Legen Sie sich ein bißchen hin. Sie müssen die Aufregung verwinden. Nachher werden Sie ohnehin einen Blick auf den Toten werfen müssen, denn möglicherweise ist er Ihnen bekannt.«
    »Mittelgroß, dunkel, schnurrbärtig?«
    »Nein, so sieht er nicht aus.«
    Sie atmete erleichtert auf und setzte sich auf die Bettkante. »Dann kann es Joe nicht sein. Joe ist mein Mann«, fügte sie erklärend hinzu.
    »Sie leben hier mit ihm allein?«
    »Mein Vater lebt bei uns.«
    »Schläft er hier in der Wohnung?« Ich hatte kein drittes Bett gesehen.
    »Ja. Im Balkonzimmer auf der Bettcouch.« Die Frau biß auf den Knöchel ihres Zeigefingers. »Wie sind Sie hierher gekommen, Mister…«
    »Cotton.«
    »Hat mein Vater Sie benachrichtigt?« fragte sie zum zweiten Male, »Nein. Warum sollte er?«
    »Weil man mich gekidnappt hat.«
    »Wie… Man hat Sie gekidnappt. Sie sind doch hier.«
    »Ich bin den Kerlen entkommen. Sie dachten, ich sei noch bewußtlos — noch betäubt. Sie haben mich einen Moment aus den Augen gelassen, und da bin ich durchgebrannt. Es war ganz leicht. Aber ich habe schreckliche Angst, daß sie mir auf den Fersen sind. Sie wollen' von Daddy doch unbedingt die hunderttausend Dollar. Jedenfalls haben sie mir das gesagt. Und Daddy weiß ja längst, was dieser Kramer für ein Kerl ist. Der schreckt vor nichts zurück.«
    Ich atmete tief ein. »Sie müssen mir gleich der Reihe nach erzählen, was sich ereignet hat. Doch vorher bitte ich Sie, den Toten anzusehen. Es ist wichtig, daß er möglichst schnell identifiziert wird. Vielleicht handelt es sich um den Kidnapper.«
    Sie stand auf. »Könnte ich Vorher einen Whisky haben?«
    »Wo steht er?«
    »Im Küchenschrank.«
    Ich ging in die Küche, holte Flasche und Glas und goß der Lady ein. Sie trank das Glas auf einen Zug leer.
    »Danke. Jetzt fühle ich mich kräftiger.«
    Ich führte sie ins Balkonzimmer. Trotz der Whisky-Behandlung erschrak die Frau beim Anblick der Leiche mächtig. May Hunter starrte den Toten sekundenlang an, wandte sich dann rasch ab. Sogar die vollen Lippen waren fahl geworden.
    »Das ist einer der beiden. Kramers Komplice. Er war dabei, als Kramer mich heute morgen unten vor dem Haus abfing. Sie zerrten mich in einen Wagen und fuhren dann mit mir hinüber nach Brooklyn. Der Mann heißt… hieß Jesse. Seinen Nachnamen kenne ich nicht. Er ist bestimmt in die Wohnung gekommen, um mich erneut zu verschleppen. Ich habe in meiner Angst gar nicht daran gedacht, daß er hier lauern könne. Dabei konnte er leicht eindringen. Denn die beiden haben mir die Wohnungsschlüssel abgenommen.«
    Es klingelte.
    »Gehen Sie ins Schlafzimmer«, sagte ich.
    Als sie dort verschwunden war, öffnete ich — diesmal unter Beachtung aller Vorsicht — die Wohnungstür. Draußen stand Phil mit den Kollegen.
    May Hunter lag auf dem Bett und schluchzte. Die Wimperntusche war zerlaufen. Das Make-up zeigte Tränenspuren. Trotzdem war die Frau noch faszinierend.
    Die Leiche von Jesse Fair — einer der Kollegen hatte den Rotblonden erkannt — war abtransportiert worden. Die Spurensuche war beendet. Fair war nicht mehr als ein Drei-Groschen-Gangster gewesen. Kidnapping hätte ihm keiner meiner Kollegen zugetraut.
    Es war nicht einfach gewesen, der schönen Frau den Tod ihres Vaters beizubringen. Zum Glück war mir Phil dabei behilflich gewesen. Er verfügt in solchen Dingen über weit mehr Fingerspitzengefühl als ich.
    Wir warteten.
    Vor den Fenstern leuchtete die milde Abendsonne. Es war immer noch heiß, aber erträglicher als am hohen Nachmittag. Die oberen Stockwerke der Skyline vergoldeten sich. Die Fenster blinkten.
    Das Schluchzen wurde leiser und verstummte schließlich ganz.
    May Hunter setzte sich auf. Die schmale Hand zitterte, als sie über die Augen strich. Dann kam das echt Weibliche zum Durchbruch.
    Mit einem gemurmelten »Ich muß ja schrecklich aussehen« erhob sich die Frau und ging ins Bad. Es dauerte nur Minuten, bis sie zurückkam — frisch

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