0416 - Der Monstermacher
spüren«
»Vielleicht erinnerst du dich der Gerüchte, nach denen eine fremde Macht einen Überfall auf den Silbermond plant«, sagte Giana. »Mögli- 11 cherweise findet dieser Überfall bereits statt. Der Hohe Lord muß sofort informiert werden.«
»Aber ich spüre doch keinen Dämon in der Nähe…«
»Bei der Echse haben wir auch nichts gespürt, nicht wahr? Dieses Drachenbiest, das draußen in der Steppe gerade die beiden Fremden angriff, als wir dazu kamen, und dann verschwand. Trotzdem gibt es dieses Reptil weder auf dem Silbermond noch auf den Wunderwelten, wie sich herausgestellt hat. Es war keine Illusion, Tal. Es war echt. Es existiert! Und wir wissen nicht, wie es hierher gekommen ist.«
»Du glaubst, daß diese Echse der Dämon sein könnte?«
»Ich glaube gar nichts«, erwiderte Giana. »Ich weiß nur, daß sofort etwas geschehen muß. Coron hat seine Hexenküche noch nie abgeschirmt. Ich konnte immer hinein springen. Jetzt geht das plötzlich nicht mehr…«
»Das liegt an den beiden Fremden«, behauptete Tal. »Wahrscheinlich sind sie die Dämonen. Überlege mal… Corons seltsames Verhalten! Vielleicht haben sie ihn bereits von dem Moment an hypnotisch beeinflußt, in dem sie die Burg betraten. Weshalb sonst sind sie hier in der Einsamkeit aufgetaucht? Niemand verirrt sich hierher, weil es keinen Grund gibt, sich überhaupt in erreichbarer Nähe aufzuhalten. Hier gibt es einfach nichts! Trotzdem sind sie hier erschienen. Das ist kein Zufall.«
»Aber warum? Was denkst du, Tal?«
Er straffte sich.
»Sie sind hinter Coron her, das ist doch klar! Wenn schon der Hohe Lord dich als Aufpasserin hierher stellt, dann werden andere auch Corons Arbeit interessant finden. Sie wollen etwas von ihm. Er arbeitet mit Mutationen und Manipulationen, er versucht, Bestehendes zu verändern. Vielleicht wollen sie ihn zwingen, für sie zu arbeiten und sein Können dann gegen uns einsetzen… gegen uns alle…«
»Möglich«, gestand Giana ein. »Aber um so wichtiger ist es, daß wir etwas unternehmen. Sofort. Verstehst du jetzt, weshalb ich dich vorhin bat, den Hohen Lord zu informieren, falls mir etwas zustieße… ?«
Tal nickte.
»Ja, Giana… aber was du brauchst, ist jetzt erst einmal absolute Ruhe. Du mußt wieder zu Kräften kommen. Ich werde nachsehen, was in Corons Labor vorgeht…«
Sie raffte sich aus dem Sessel auf. Entschieden schüttelte sie den Kopf.
»Nein, Tal. Du bist meine Eingreifreserve, verstehst du? Ich werde hinunter gehen, diesmal auf dem normalen Weg. Es ist meine Aufgabe.«
»Aber du bist geschwächt. Ich fühle es doch, mal ganz abgesehen davon, daß ich es sehe.«
»So schlimm, wie es aussieht, ist es nicht«, wehrte Giana ab. »Aber du könntest… mir etwas von deiner Stärke übertragen.«
»Natürlich«, sagte er. Er trat zu ihr und hob die Hände. Sanft berührte er mit Fingerspitzen und Daumenballen Stirn und Schläfen der Druidin.
Sie konzentrierten sich aufeinander, gingen kurzzeitig eine geistige Verbindung ein. Giana spürte, wie Tals Kraft teilweise auf sie überging.
Sofort fühlte sie sich elastischer, dynamischer. Sie lächelte und löste die Verbindung, noch ehe Tal es tun wollte.
»Es geht schon«, sagte sie. »Schließlich sollst du ja auch nicht zusammenbrechen müssen. Immerhin wirst du vielleicht einen schnellen zeitlosen Sprung zur Hauptstadt durchführen müssen.«
Er lächelte.
»Ich danke dir, Tal«, sagte Giana.
»Paß auf dich auf«, gab er zurück. »Wer weiß, wie gefährlich die beiden Fremden wirklich sind, wenn sie es geschafft haben, Coron unter ihre Kontrolle zu bringen…«
»Wird schon werden«, sagte sie und verließ den Raum. Sie machte sich zu Fuß auf den Weg durch die langen Gänge und Treppen der Organburg, hinab in die Tiefe zu Corons Labor…
***
Zamorra versuchte einige ungeschickte Bewegungen, aber sie fielen ihm äußerst schwer. Er ahnte, daß er sich überhaupt nur deshalb bewegen konnte, weil er in seiner Drachengestalt weitaus größere Körperkräfte besaß denn als Mensch, und weil Corons Lähmungszauber nach der körperlichen Veränderung nur noch bedingt wirksam war.
Er ertappte sich dabei, daß er Coron mit seiner Pranke erschlagen und ihn mit den scharfen Zähnen seines riesigen Drachenmauls zerbeißen wollte.
Er zwang sich zur Zurückhaltung. Aber auch das fiel ihm schwer. Tierische Instinkte kämpften gegen den menschlichen Verstand, der ihm verblieben war. Er wagte nicht abzuschätzen, welche Komponente
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