0416 - Im Namen der Hölle
mitleidiges Lächeln. »Keiner von uns würde sich trauen oder es wagen, die Totenräume des Klosters zu betreten, Ali. Das ist für uns eine verbotene Zone. Nur Yakup darf dorthin und mit den Geistern reden.«
»Ja«, murmelte Ali, »nur Yakup.«
In Wirklichkeit aber dachte er anders. Das aber sagte er den Freunden nicht. Er bat sie nur, ihn allein zu lassen. Dem Wunsch kamen sie auch nach.
Ali aber hatte einen bestimmten Plan…
***
Die Sorge um Jane Collins machte ihn fast verrückt. Er hatte sich als Beschützer der Frau gefühlt, auf sein Drängen hin waren sie in die Stadt gefahren. Wären sie im Haus geblieben, hätte der Überfall nie stattfinden können.
Das alles ging ihm durch den Kopf. Immer und immer wieder. Es steigerte sich, seine Gedanken kreisten, sie wurden zu einem regelrechten Wirbel, aus dem sich noch keine Lösung hervor schälte.
Was sollte er, der Fünfzehnjährige, unternehmen?
Nichts konnte er tun, gar nichts. Er brauchte die Hilfe seines Freundes und Ausbilders Yakup. Aber der befand sich in Japan, ebenso wie John Sinclair. Sie suchten die Krone der Ninja.
Es war schlimm, und die Stunden wurden für ihn zu einer quälenden Last.
Schließlich traf Yakup ein.
Er war sehr ernst geworden, noch ernster als früher. Außerdem spürte er, dass etwas geschehen war.
Ali berichtete dann. Als er vor Yakup stand, hatte er das Gefühl, ein Sünder zu ein. Er wäre am liebsten im Boden versunken. Da dies nicht möglich war, bat Yakup ihn, die Geschichte noch einmal genau zu erzählen.
Ali hielt sich daran. Er vergaß nichts. In der Erinnerung lief alles ab wie in einem Film. Jedes Bild war dabei präsent, jede einzelne Szene, auch die in der Tiefgarage, wo sie überrascht gewesen waren, den Wagen geöffnet vorzufinden.
Yakup hörte zu. Seinem Gesicht war nicht anzusehen, ob er sich aufregte oder nicht. Es blieb im Ausdruck gleich, ebenso wie der Blick, der forschend auf der Gestalt des Jungen ruhte.
»Und das war alles?« fragte er.
»So ist es, Yakup. Ich weiß, dass ich die Schuld an diesen Dingen trage. Aber ich kann nichts dafür, tut mir Leid.«
»Es macht dir niemand einen Vorwurf. Du bist jung, Ali, du hast das Recht gehabt, das Kloster verlassen zu dürfen. Auch kann ich Jane verstehen, dass sie einmal in die Stadt wollte. Es ist eben menschlich, aber sie hat nicht mehr an die Gefahren gedacht, die überall auf sie lauern. Die andere Seite hat weder vergessen noch vergeben. Daran sollten wir immer denken.«
»Und was willst du nun tun?« fragte der Junge.
»Wir werden sie suchen müssen. Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll, aber wir müssen sie finden.«
»Ja, das wäre gut. Ich helfe dir.«
»Nein.«
»Willst du den weisen Zii fragen?«
»Es ist meine einzige Chance.«
»Und die Krone der Ninja, die du besitzt. Kann sie nichts für dich tun, Yakup?«
»Sie ist eine gute, starke und nützliche Hilfe für mich. Eine gewisse Tarnkappe, aber ich kann durch ihre Hilfe nichts voraussehen, das müsste dir klar sein.«
»Tut mir Leid, dass ich fragte.«
Yakup stand auf. Er war ein breitschultriger Mann mit einem kantigen Gesicht. Den blonden, etwas fahl wirkenden Haaren nach zu urteilen, hätte kaum jemand vermutet, in Yakup einen Türken zu sehen. Aber er war Türke und hatte nur die fernöstliche Mentalität übernommen sowie deren Ausbildung und Lehre.
»Gehst du jetzt zu Zii?«
Yakup nickte.
»Soll ich hier warten?«
»Wenn du willst.«
Er lächelte nicht, wenn er sprach. Sein Gesicht blieb von einem für Ali erschreckenden Ernst. Ali blickte ihm nach, wie er mit langsamen Schritten zur Tür ging, diese aufzog und verschwand.
Für Ali begann die Wartezeit. Zii war die einzige Chance in diesem mörderischen Spiel. Wenn er keinen Ratschlag gab, dann war jede Spur verloschen. Deshalb hoffte Ali so stark auf den Geist dieses verstorbenen Weisen.
Die Zeit verstrich.
Ali hatte zu lesen versucht, er schaffte es nicht. Wenn er ein Buch in die Hand nahm, verschwammen sofort die Zeilen vor seinen Augen. Es war einfach nicht möglich, sich zu konzentrieren.
Und Yakup ließ sich Zeit. Ali wurde immer nervöser. Zwei Stunden waren schon vergangen. Es schneite. Ali schaute den Flocken zu, die lautlos aus den Wolken segelten und sich auf dem Boden zu einem weißen Teppich vereinigten.
Endlich kehrte Yakup zurück. Ali hatte die Schritte des älteren Freundes schon vor der Tür vernommen und starrte Yakup danach gespannt an, als er den Raum betreten hatte.
Dem kantigen
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