0416 - Im Namen der Hölle
Kellerweg.«
Das wollten wir nicht, deshalb tauchten wir wieder auf. Dass wir dabei an der Küche eines kleinen Restaurants vorbeigingen, störte niemand. Der Kellner grinste uns nur an und hielt seine Platte mit Gemüse mit beiden Händen fest, als wir an ihm vorbeistürmten.
Schließlich standen wir auf einer Straße, auf der reger Betrieb herrschte. Und wir waren mitten in Chinatown. Dicht vor meiner Nase schwebte eine Möwe vorbei, um sich fast auf meine Füße zu setzen. Sie pickte irgendetwas auf und ließ sich durch mich auch nicht stören, sodass ich über sie hinwegging.
Bill Conolly wollte wissen, was sich sein Kollege weiterhin ausgedacht hatte.
»Ganz einfach. Wir brauchen den Bogen nicht mehr zu schlagen. Der direkte Weg ist der beste. Wir gehen jetzt zum Wagen und verschwinden.«
»Und das Ziel?«
»Meine Wohnung ist mir zu unsicher. Die Bullen wissen, dass ich an dem Fall arbeite. Wenn sie die Zeugen vernehmen und diese etwas von einer Hexe erwähnen, brauchen die nur eins und eins zusammenzuzählen.« Er überlegte scharf und tippte dabei mit seinem Finger gegen die Stirn. Beim dritten Tippen hatte er den Einfall. »Ja, ich weiß es jetzt. Wir fahren zu der alten Fischerhütte.«
»So weit?«
»Ach, das ist nicht weit. Direkt am Hafen. Sie gehört einem Kumpel von mir. Wir haben dort unser Angelzeug liegen.«
»Ich bin einverstanden«, erklärte Bill.
Auch ich hatte keine Einwände. Zehn Minuten später hatten wir den Toyota erreicht. Weitere zwanzig Minuten später rollte der Japaner vor der Fischerhütte aus.
Bis zum Strand musste man noch eine Straße überqueren. Die Hütten selbst lagen auf einem Damm.
Riley besaß einen Schlüssel. »Ich gehe vor«, sagte er und machte Licht. »Es steht viel Gerumpel herum. Da kann man leicht stolpern.«
Der Mann hatte nicht übertrieben. Was da alles in der Hütte untergebracht worden war, das verstaute eine Familie oft in drei Zimmern. Aber Nagelzeug war auch vorhanden und eine alte Petroleumleuchte mit verrußtem Glaszylinder. Die Lampe gab einen warmen, fast gemütlichen Schein ab, in dem wir uns wohl fühlten.
Riley rieb seine Hände. »So«, sagte er, »dann wollen wir mal.« Er drückte sein Kreuz durch. »Verdammt, ich bin auf den Rücken gefallen, hab mich doch nicht so gut abrollen können. Das ist wie Rheuma.«
»Es geht vorbei«, sagte Bill.
Ich hatte mich auf einen staubigen Schemel gesetzt und holte die Puppe hervor. Der Schemel stand nicht sehr weit von der Lampe entfernt, sodass ihr Schein auch auf das Puppengesicht fiel, das jetzt allerdings starr war.
Riley und Bill umstanden mich. Beide erschraken, und Bill fragte:
»Lebt sie nicht mehr?«
»Das will ich nicht hoffen.«
Auf Kommando tat die Puppe nichts, auch dann nicht, als ich sie schüttelte. Ich strich mit den Fingerspitzen über ihr Gesicht. Die Haut fühlte sich nicht kalt an, was aber nichts bedeuten musste. Die Puppe hatte ja lange in der Tasche gesteckt.
»Hoffentlich ist die nicht hinüber«, flüsterte Bill. »Sie war schließlich die einzige Spur.«
Als hätte die Puppe seine Worte verstanden, öffnete sie, nur um ihn eines Besseren zu belehren, die Augen und starrte mich und Bill an. Dabei schaffte sie es, die Pupillen jeweils so zu drehen, dass sie in verschiedene Richtungen blicken konnte. Dieses Schielen hinterließ bei mir ein kribbeliges Gefühl auf dem Rücken.
»Ich bin noch da, ihr Bastarde! So leicht vernichtet man mich nicht. Der Teufel hat mich wieder zurückgeschickt!« Sie hatte sehr böse gesprochen, ihre Stimme troff vor Hass. Er galt uns dreien, wir jedoch ließen uns nicht provozieren, und ich gab mit ruhiger Stimme meine Antwort.
»Wir haben dich nicht vernichten wollen. Im Gegenteil, wir beschützen dich vor dem Teufel!«
Sie öffnete den Mund. Eine dünne, nach Schwefel riechende Wolke drang hervor. Ich pustete sie weg. »Der Teufel«, sprach sie weiter. »Der Teufel steht auf meiner Seite.«
»Er hat deine Freundin getötet.«
»Aber mich nicht.«
»Wer schlug dir denn als Mensch den Kopf ab? Steckte nicht auch der Teufel dahinter?«
»Ja, du hast Recht, aber ich wurde für eine große Sache geopfert. Da stirbt man gern. Und bevor der Hexe Lizzy der Schädel abgeschlagen wurde, bekam ich das Versprechen der Hölle, weiterleben zu können. Und ich lebe weiter.«
»Was ist schon eine Puppe!« sagte ich verächtlich. »Man kann sie leicht vernichten!«
»Ich kann euch auch vernichten«, zischte sie. »Und ich habe meine Kräfte
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