0418 - Die Waldhexe
wieso zerfiel dann Zoro zu Staub? Und wieso zerfiel der Wirt in der Bodega zu Staub, als er von dir reden wollte, Silvana?«
Ihre Augen wurden groß.
»Wer hat dir das gesagt, Garifo?«
Der dachte nicht daran, seinen Informanten preiszugeben, weil der Wolf ihn schon damals gebeten hatte, seine Fähigkeiten nicht aufzudecken. Äußerlich war er ein wildes Tier, das hatte zu reichen, Daß er hochintelligent war, intellligenter als mancher Mensch, und daß er sich mit der Kraft der Gedanken verständlich machen konnte, brauchte hier niemand zu wissen. Auch Silvana, die Hexe, nicht.
»Ich weiß es eben, Silvana. Und wenn du unehrlich zu mir bist, brauche ich dir auch nicht zu erzählen, woher ich meine Informationen habe.«
»Ich bin nicht unehrlich. Wie kannst du das von mir denken?« Vorwurfsvoll blitzten ihre Augen ihn an. »Ich habe niemanden ermordet.«
Achte auf ihre Wortwahl, meldete der Wolf sich.
Der Blonde sandte ihm einen Ärger-Impuls zu. Auf diese Idee war er selbst schon gekommen.
»Nicht gemordet, Silvana… aber getötet? Möchtest du es lieber so umschreiben? Wer sonst hätte die Möglichkeit, so zu töten, auf diese unheimliche, grauenhafte Weise?«
Sie schrie ihn an: »Findest du es weniger grauenhaft, meinen Wald zu verbrennen und damit auch mich? Wenn der Wald brennt, verbrennt auch meine Seele! Ich muß es verhindern! Um jeden Preis! Verstehst du das denn nicht?«
Er verstand es.
Aber er konnte es nicht tolerieren. »Nicht um diesen Preis, Silvana! Ich habe dir von Anfang an gesagt, daß es andere Methoden gibt, und ich kenne diese anderen Methoden und wende sie an. Aber sie brauchen ihre Zeit…«
»Und Zeit habe ich nicht mehr!« schleuderte sie ihm entgegen. »Warst du nicht auch auf dem verbrannten«
»Gelände? Hast du nicht gehört, was Zoro und Valdez miteinander sprachen? Daß die Fläche immer noch nicht ausreicht, daß noch mehr Wald niedergebrannt werden muß? Ich habe keine Zeit mehr! Schon heute können sie anfangen! Deshalb… deshalb mußte ich ein Fanal setzen, ein brennendes Zeichen!«
»Und deshalb hast du Zoro ermordet…«
»In Notwehr getötet! Er will meinen Wald verbrennen. Also mußte ich ihn abwehren, Garifo. Es war Notwehr…«
»Aber eine Art von Notwehr, die ich nicht akzeptieren kann. Es wäre auch anders gegangen! Und bei dem Wirt war es bestimmt alles andere als Notwehr…«
»Er wollte Valdez auf meine Spur bringen, und dazu kam, daß ich Valdez ein weiteres Zeichen geben mußte…«
»Und dafür hast du einen unschuldigen Menschen getötet?« Fassungslos starrte der Blonde sie an. »Silvana… Silvana, du bist doch eine Mörderin! Eine eiskalte Mörderin, die ich deshalb keine Sekunde länger unterstützen kann…«
Minutenlang standen sie sich gegenüber und schwiegen, musterten sich gegenseitig. Sie versuchten, sich gegenseitig einzuschätzen.
Nicht eine Sekunde lang glaubte der Blonde, daß sie auch ihn angreifen und zu Staub werden lassen würde, weil er sich gegen sie stellte. Er besaß im Gegensatz zu den bisherigen Opfern die Möglichkeit, sich diesem Angriff sofort zu entziehen, weil er ihn rechtzeitig erkennen würde, und er konnte ihn auch abwehren.
Das mußte auch Silvana wissen.
»Und… und was hast du jetzt vor, Garifo? Mich der Polizei übergeben? Wie willst du mir nachweisen, daß ich Zoro und den Wirt getötet habe?«
Der Blonde winkte ab.
Er wußte, daß es keinen Zweck hatte. Aber Rache war auch nicht seine Aufgabe. »Ich muß darüber nachdenken«, wich er aus. Er fühlte sich ratlos. Silvana kämpfte um ihre Existenz, rechtfertigte das nicht vieles? Und sie kämpfte auch für ein höher gestecktes Ziel, wenngleich das auch wohl kaum zu erreichen sein würde. Ein Kampf gegen Windmühlenflügel…
Der Blonde wußte nicht, was er tun sollte. Es war eines der wenigen Male in seinem Leben, daß er ratlos war.
»Stell dich nicht gegen mich«, warnte Silvana. »Ich könnte es ertragen, wenn du mir künftig deine Hilfe verweigerst. Aber wenn du gegen mich vorgehst, bist du mein Feind… und ich glaube nicht, daß ich noch mehr dazu sagen muß!«
»Helfen kann ich keiner Mörderin«, flüsterte er. »Das widerspricht meinen Grundsätzen, meiner Ethik… Ich werde dich wissen lassen, wie meine Entscheidung ausfällt.«
Er griff ins Nackenfell des Wolfes.
Er machte einen Schritt vorwärts und war vor den Augen Silvanas blitzartig verschwunden, ehe sie ihn an seinem Verschwinden hindern konnte.
Sie starrte ins Leere. Und ihre
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