042 - Die Schweinemenschen von Rio
Schweinestall aus, und im Haus geht es nicht mit rechten Dingen zu.«
»Ich muss unbedingt hier bleiben, Dorian. Es geht nicht anders. Es tut mir Leid, dass ich dir den Grund nicht sagen kann. Ich muss um dein Verständnis und dein Vertrauen bitten.«
»Ich dachte, wir sind Freunde, Jeff.«
»Nicht einmal meinen besten Freund darf ich einweihen, wenn er ein Außenstehender ist.«
Ich ließ Jeff ohne ein weiteres Wort stehen und ging zu Machu Picchu ins Obergeschoss. Mit zwei Couchs, die noch recht passabel aussahen, hatten wir ein Lager für die Inka-Prinzessin und mich bereitet. Im Schlafzimmer, im Untergeschoss, stank es mir zu sehr. Erbittert über Jeffs Geheimnistuerei und die Aussicht, noch weitere Zeit in diesen dreckigen, stinkenden und verwahrlosten Räumen verbringen zu müssen, kleidete ich mich aus. Als ich gerade das Licht löschen wollte, schlug Machu Picchu die Decken zurück.
Sie war nackt und streckte die Arme nach mir aus. Ich legte mich zu ihr, und die Leidenschaft ließ uns Dämonen und Gefahren vergessen. Als ich endlich todmüde einschlief, dachte ich noch, was für ein seltsames Paar wir waren – der Dämonenkiller und die Traumprinzessin.
Machu Picchus Körper trieb durch das Meer, umspielt von bunten Fischen der Südsee. Sie war schön wie eine schlafende Göttin, und die magische Aura vertrieb die Räuber der See. Nur die bunten schönen Fische durften sie begleiten.
Die träumende Prinzessin näherte sich einem farbenprächtigen Korallenriff. Sie glitt durch eine schmale Rinne in die bunte Wunderwelt des Atolls. Algen, Tang und Unterwasserfelsen wuchsen auf den Korallenstöcken und dem Meeresboden.
Klar und unbewegt war das Wasser, durchflutet von der südlichen Sonne. Seesterne und Muscheln, Seeanemonen und Austern gab es, Schnecken, Garnelen und Hummer, violettrot, grün, orange und schwarz. Kleine Garnelen schillerten in allen Regenbogenfarben. Polypen gab es, Korallen- und Papageienfische, Röhrenwürmer mit pfauenaugenartigen Kiemen. Der mörderische Barrakuda floh, als er die Schlafende sah. In dieser Wunderwelt kam sie zur Ruhe und träumte ihren Lebenstraum an der Seite des Dämonenkillers in Rio. Bunte Fische umkosten ihr lächelndes Gesicht.
Da näherte sich ein Boot. Ein schwarzhaariges Mädchen ruderte durch die Lagune zu Machu Picchu. Sie entkleidete sich bis auf einen knappen Bikini, tauchte hinab zu der Schlafenden und legte ein Tau um ihr Fußgelenk. Dann stieg sie wieder hoch ins Boot, ruderte auf den weißen, von Palmen gesäumten Strand der Atollinsel zu, summte ein Lied und genoss die Sonne, die herbe Salzwasserluft und die leichte Brise auf der nackten Haut.
Die Träumende, emporgestiegen im Wasser, folgte dem Boot und lächelte sanft im Schlaf.
Ich schlief bis zum frühen Nachmittag, denn ich war erschöpft. Als ich erwachte, hatte Sacheen den Kaffee fertig. Machu Picchu hatte ihr dabei nicht helfen können; für sie war eine Kaffeemaschine ein unbegreifliches Wunderwerk.
Jeff Parker saß unrasiert am Tisch. Er machte ein sorgenvolles Gesicht. Nachdem ich die erste Tasse Kaffee getrunken hatte, sagte ich ihm, was ich mir überlegt hatte.
»Wir müssen von hier verschwinden, Jeff. Es ist zu gefährlich. Wir wissen ja nicht einmal, was in diesem Haus vor sich geht.«
Er weigerte sich entschieden. Seine Sturheit machte mich wütend. Wir bekamen einen handfesten Streit – den ersten, seit wir uns kannten.
»Du musst total übergeschnappt sein, in diesem Hochhaus zu bleiben!«, schrie ich. »Es gehört den Macumba. Ist dir das nicht klar? Was willst du hier eigentlich? Dein Vicente Neiva, auf den du so große Stücke hältst, war seit der Einweihung des Hauses nicht mehr hier.«
Jeff schüttelte den Kopf. »Du bist falsch informiert. Dieses Haus gehört nicht den Macumba, wenn sie es auch im Augenblick kontrollieren. Und Vicente Neiva war sehr oft hier, wenn uns der Portier auch etwas anderes vorgelogen hat. Es ist dringend erforderlich, dass ich hier bleibe. Wenn ihr ausziehen wollt – bitte. Ich halte euch nicht zurück. Am Copacabana-Strand gibt es sehr schöne Hotels.«
Aufgebracht würgte ich ein paar Bissen Brot hinunter. Im Stich lassen würde ich Jeff nicht, das wusste ich, und wenn das ganze Hochhaus von Dämonen bevölkert war. Er wusste das auch, und das brachte mich noch mehr auf.
Ich stürzte den Kaffee hinunter und steckte mir eine Zigarette an. »Sag mir wenigstens, was hier vorgeht und weshalb du unbedingt in diesem Dreckstall ausharren
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