0420 - Sie holten sich den grauen Joe
Gummibäumen.
Dann zog er ein schmales Päckchen von der Größe einer Zigarettenpackung hervor und drückte einen hervorstehenden Stift. In weniger als einer Sekunde hatte er das Päckchen unter die Blumenbank geschoben. Es lag direkt auf dem weichen Läufer Und war von einem Vorbeigehenden nicht zu sehen. Gemächlich ging er wieder ins Vestibül und schritt auf die Telefonzelle zu.
Sie war unbesetzt, sodass er das zweite Päckchen nicht im belebten Vestibül zu verstecken brauchte. Geschäftig eilten Kellner hin und her. Sie trugen die letzten Speisen auf die riesige Tafel, an der sich schon die ersten hungrigen Leute versammelt hatten.
Nach einem Blick auf die Armbanduhr schob Rosoff das Zeug genau zur vorgesehenen Zeit unter das Ablagefach. In vier Minuten musste der Zünder losgehen. Es würde keine Explosion geben, aber er hatte es doch eilig. Trotzdem bewegte er sich unauffällig wie ein gelangweilter Snob auf einer Cocktailparty.
Er war innerlich ruhig wie eine Präzisionsmaschine, die das vorgegebene Programm ablaufen ließ. Am Saaleingang mischte er sich in eine Reihe plaudernder Gäste und streute ein paar Belanglosigkeiten ein. Langsam holte er eine neue Zigarre aus der Tasche, zündete sie aber nicht an. Die dicke Havanna rollte er zwischen Zeigefinger und Daumen. Von den Vitrinen mit den Schmuckstücken trennten ihn nur etwa vier Schritte.
Sieben Uhr 55 zündete das erste Päckchen. Es machte nux leise plopp und zischte wie ein kochender Wasserkessel. Weißlicher Rauch quoll auf und hüllte im Nu den Treppenaufgang ein. Gleichzeitig züngelten rote Flammen auf, die sich auf dem Läufer schnell weiterfraßen. Am Brandherd selbst schmolz das Linoleum zu einem zähen Sirup und warf Blasen.
Genau eine Minute später bemerkte ein Kellner den Brand. Er ließ vor Schreck ein Tablett mit vollen Gläsern fallen und fuhr auf dem Absatz herum. Sein erster Gedanke war, die Feuerwehr zu alarmieren. Mit raschen Schritten stürzte er zu der Telefonzelle. Er hatte die Klinke gefasst und riss die gepolsterte Tür auf, als ihm eine Stichflamme entgegenschoss. Planmäßig ging die zweite Ladung hoch. In wenigen Sekunden brannte das ausgedörrte Holz lichterloh.
Die ersten Schreckensrufe wurden laut. Eine Sekunde atemloser Stille lähmte die gepflegte Atmosphäre. Dann begann eine Panik einzusetzen. Der Rauch breitete sich mit unheimlicher Geschwindigkeit aus. Nebelhaft huschten die Gestalten zum Ausgang und drängten sich um die Tür.
Eiskalt beobachtete Rosoff das wilde Durcheinander. Er hatte sich ein paar Schritte zurückgezogen und spähte zu den Polizisten, die sofort ihre Waffen gezogen hatten und sich dicht an die Vitrinen drückten. Sie ließen sich als Einzige nicht mitreißen und blieben auf ihrem Posten. Etwas ratlos sahen sie dem wüsten Treiben zu. Eingehüllt von Rauch, standen sie wie Felsen in der Brandung.
Niemand achtete mehr auf den anderen. Blitzschnell zog Don Rosoff eine dünne Gummimaske aus der Brusttasche und zog sie über das Gesicht. Eine Atmungspatrone am Mundstück reichte für die nächsten 15 Minuten. Dann packte er seine Zigarre und warf sie mit Schwung zwischen die Wächter. Das dünne Glas unter der Deckschicht zerbrach und beißendes Tränengas strömte heraus.
Noch vier dieser teuflischen Wurfgeschosse folgten. Alle Wächter waren damit endgültig ausgeschaltet. Sie kämpften verzweifelt und blind gegen das beißende Gas und die Hustenanfälle. Auf die Schmuckstücke konnte keiner mehr achten.
Mit ein paar Sätzen war der Gangster im Abendanzug an den Vitrinen. Er legte ein neues Päckchen mit dem gleichen Zündmaterial oben auf die beiden Glasgehäuse. Mit dem Feuerzeug setzte er die beiden Zündschnüre in Brand und trat ein paar Schritte zurück. Während er auf den Lichtblitz wartete, hörte er bereits die Sirene des ersten Feuerwehrwagens. Er zählte im Geist bis fünf, dann passierte es.
Das Teufelszeug ging mit einer Stichflamme hoch und schmolz das Glas einfach weg. Die Ladung war so berechnet, dass ein genügend großes Loch entstand.
Als auch die zweite Vitrine auf diese Art geknackt war, begann Rosoff, die Wertstücke in einen Plastikbeutel zu füllen.
Er steckte den Beutel in die eigens vergrößerte Innentasche und rannte zu dem Flur, in dem er vorher das Fenster geöffnet hatte. Hier wartete er das Eintreffen seiner Komplizen ab.
Das Feuer hatte rasend schnell um sich gegriffen. Vorhänge und Möbel brannten lichterloh. Die meisten Anwesenden hatten das
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