0422 - Der Werwolf-Jäger
Werwölfe.«
»Das hatte ich mir gedacht.«
»Sie erinnern sich bestimmt an die Sache vor einigen Monaten, als unsere beiden Botschaften…«
»Das Schiff und der Zug.«
»Genau.«
»Ich schätze, daß wir Wiederholungen befürchten müssen, Mr. Sinclair.«
»Schon möglich. Aber weshalb gerade Sie?«
»Darüber rätseln wir noch«, erklärte der Russe.
Sir James hatte noch etwas zu sagen. »Es begann eigentlich alles in Sibirien. Und zwar mit Michail Chirianow, einem Werwolf-Jäger.«
Ich zog ein so erstauntes Gesicht, daß Kirgin und Sir James schmunzelten, bekam aber wenig später eine Geschichte zu hören, die so fantastisch war, daß sie schon wieder stimmen konnte. Mich überraschte es, daß mein Name auf den gefundenen Papieren gestanden hatte.
»Haben Sie eine Erklärung, John?« fragte Sir James.
»Nein.«
»Auch nicht, wenn Sie mal an die Werwolf-Elite zurückdenken, die Sie zusammen mit Mark Baxter bekämpft haben?«
Da hatte er natürlich etwas angesprochen. Ich hob die Schultern.
»Wir haben Lupinas Stützpunkt zerstören können. Die Werwölfe sind vernichtet worden…«
»Wirklich alle?« fragte Kirgin.
»Soviel ich weiß!«
Der Russe schlug mit der flachen Hand auf seinen rechten Oberschenkel. »Das ist mir einfach zu wenig, Mr. Sinclair.«
»Kann ich verstehen. Sie gehen wahrscheinlich davon aus, daß noch einige der Bestien übriggeblieben sind und sich, auf welche Weise auch immer, vermehrt haben.«
»So ähnlich.«
»Was spricht für Ihre Theorie?«
»Die Existenz eines gewissen Michail Chirianow, der sich Werwolf-Jäger nennt. Er hat in Sibirien mehrere dieser Bestien durch seine Silberpfeile vernichtet, bevor er die Spur fand, die nach London führte. Und jetzt ist er hier. Wir haben ihn hergeholt.«
»Weshalb?«
»Er soll die Bestien jagen.«
»Und ich?«
»Ebenfalls.«
Ich lächelte. »Also eine britisch-russische Kooperation, wenn ich Sie recht verstanden habe?«
»Genau.«
Ich dachte nach, und vor meinem geistigen Auge erschien das Bild des Mannes im weißen Anzug. So genau wie möglich beschrieb ich den Mann und fragte Kirgin, ob das der Werwolf-Jäger gewesen sein könnte.
»Nein, auf keinen Fall.«
»Wer war es dann?«
»Einer unserer Mitarbeiter.«
»In welcher Funktion ist er hier?«
Kirgin lächelte. »Er ist praktisch der Verbindungsmann zwischen der Botschaft und uns.«
»Können Sie mir seinen Namen nennen?« Ich hatte das Gefühl, als wäre Kirgin das Thema unangenehm.
»Haben Sie ihn in Verdacht?«
Ich hob die Schultern. »Jeder ist für mich verdächtig.«
Er bekam große Augen. »Auch ich?«
»Natürlich.« Bevor er sich versah, holte ich mein Kreuz hervor und hielt es ihm entgegen. Er zuckte zurück, es war aber nur der Reflex der Überraschung, nicht die Angst vor dem Kreuz, denn er beugte sich wieder vor und schaute gebannt auf meinen Talisman.
»Was ist das?«
»Ein guter Schutz«, sagte ich und steckte das Kreuz wieder ein.
Dann erinnerte ich ihn daran, mir den Namen des Mannes im weißen Mantel zu sagen.
»Ja, Sie Quälgeist. Er heißt Puschkin.«
»Wie der Wodka«, bemerkte ich.
»Damit hat er nichts zu tun. Wie gesagt, er ist ein Bote. Ich gebe zu, daß er auffällt, aber nicht jeder Mensch kann dem anderen gleichen.«
»Da haben Sie recht, Mr. Kirgin. Und wie sieht es mit diesem Werwolf-Jäger aus, der extra nach London gekommen ist? Ich hätte ihn gern einmal persönlich kennengelernt.«
»Kann ich verstehen.« Kirgin nickte. »Allerdings würde ich gern selbst wissen, wo er steckt.«
»Nicht hier?«
Der Russe zog die Stirn kraus. »Dieser Chirianow ist ein Mensch, der seine Freiheit liebt. Dieses Haus gefiel ihm nicht. Er fühlte sich eingesperrt. Wahrscheinlich ist er unterwegs.«
Ich lächelte spärlich. »Hier in London?«
Sir James mischte sich ein. »Sagen Sie mal, wie ist eigentlich der Werwolf in das Zimmer gekommen?«
»Chirianow hat ihn entdeckt.«
»Und nicht getötet?« fragte ich.
»Nein, das wollten wir nicht. Wir brauchten für Sie, Mr. Sinclair, einen Beweis.«
»Wo hat er ihn aufgespürt?«
Kirgin seufzte anhaltend. »Das ist das Problem. Der Mann gehört zu unserer Besatzung oder Delegation. Ich weiß also nicht, ob er der einzige Werwolf hier gewesen ist. Chirianow jedenfalls ging nicht davon aus. Er hat mehrere in Verdacht.«
»Namen hat er nicht gesagt?«
»Nein.«
»Kennt er Puschkin?«
»Das weiß ich nicht. Er ist erst zwei Tage bei uns.«
»Warum gerade hier?«
Kirgin hob die
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